Re: Was ist mit einem Mittelweg?
Malpara schrieb am 25. Juni 2004 um 23:10 Uhr (638x gelesen):
Hallo, ich werde mich bemühen auf deine Antwort etwas ausführlicher zu antworten als mit "ja" "ja" "ja"...
"Also ich verstehe, dass Erziehung eine Wichtige Rolle spielt, aber für mich ist es nicht die ganze Wahrheit."
Dann stellt sich die Frage, was du alles als Erziehung auffasst.. Da haben die Menschen sehr unterschiedliche Vorstellungen. Als allgemeingültig gilt die "bewusste Erziehung", z.B. das Vermitteln von gewissen Regeln oder Grundfertigkeiten (Laufen, Sprechen). Dann gibt es aber noch die "unbewusste Erziehung", nämlich das, was sich die Kinder von den Eltern, teilweise selbst unterbewusst, alles abgucken. Über das Ausmaß dieses "Informationsflusses" ist man sich in der Wissenschaft noch uneins, allerdings müssen es wohl selbst kleinste Bewegungsabläufe sein. Ein Beispiel: Hast du mal zwei Geschwister beobachtet, von denen jedes einen Großteil seiner Zeit mit nur einem der beiden Elternteile verbracht hat? Und hast du dir die Gangart der beiden Elternteile gemerkt? Dieses Glück wurde mir zuteil. Das Kind (beide sind Brüder) welches oft etwas mit der Mutter unternommen hat, hat deren Gangart angenommen, das was am meisten mit dem Vater spielte hat dessen Gangart angenommen. Das war allerdings nachdem sie das eigentliche Laufen gelernt haben - also eine Prägung durch un(ter)bewusste Erziehung. Dasselbe gilt für bestimmte Chraktereigenschaften, z.B. Ausgelassenheit, Offenheit oder Aggressivität.
Dann gibt es da noch die "Erziehung vor der Geburt". Neueren Studien zufolge sollen bereits Babys im zweiten oder dritten Schwangerschaftsmonat sehr viel von der Außenwelt mitbekommen - so auch ob ihre Mutter sie liebt und möchte oder nicht oder ob der Vater liebevoll mit der Mutter und dem Kind umgegengen ist oder nicht. Das heißt, dass hier bereits eine Charakterprägung, eine Erziehung stattfindet. Kinder, welche eine "Veranlagung" zu Gewalt oder Depression haben, könnten (nicht müssen!) so vielleicht von ihrer Mutter (oder dem Vater) nicht akzeptiert oder gewollt gewesen sein und haben das mitbekommen. Die Beziehung zwischen Mutter und Kind ist stark während der Schwangerschaft. Dieses "Trauma" des nicht-gewollt-seins oder nicht-geliebt-seins könnte so Veranlagungen zu Verhaltensstörungen geben, die in bestimmten Situationen hervorbrechen und für die man heute noch nach "Genen" sucht. Das ist auch der Grund warum sich Neugeborene unterschiedlich verhalten... Es gilt auch für Adoptivkinder. Wenn ein Kind ungewollt zur Welt kommt und anschließend in eine liebevolle Adoptivfamilie kommt, kann es dort auch einen guten Chrakter anerzogen bekommen. Trotzdem kann das Kind in bestimten Situationen "ungewöhnlich" reagieren, oftmals weiß es selbst nicht, dass es an dem nicht-gewollt-sein liegt. Hier hilft nur eine intensive Beschäftigung mit der Problemsituation um so die Lage mehr und mehr zu entschärfen. Die "Schuld" an einer solchen Lage kann man aber nicht der Mutter allein geben! Ein Gefühl des nicht-gewollt-seins kann auch entstehen, wenn sich der Mann aggressiv gegenüber der Mutter oder dem Kind äußert, bzw. sich allgemein aggressiv verhält. Wenn du mehr hierzu wissen willst, dann frag, ich werde mich demnächst hierzu auch ausführlich weiterinformieren.
"Kann man ein Kind durch Erziehung klüger machen? Hat das Einflüsse auf die Schulnoten und Lieblingsfächer?"
Ich denke schon, dass vor allem die "unbewusste Erziehung" sehr große Auswirkungen auf spätere Qualifikationen und Interessen hat. Von Versuchen, durch gezielte "Vorschule" die Kinder "intelligenter" zu machen wie z.B. in Japan halte ich nichts. Vielleicht erwerben die Kinder ein besseres technisches Verständnis, indem sie schon im fünften Lebensjahr den Umgang mit dem PC lernen, welches sie auch im späteren Leben behalten und nutzen können. Dafür wird hierbei die Kreativphase des Kindes empfindlich gestört, was es ihnen wahrscheinlich später schwer macht selbst Ideen zu entwickeln oder selbstständig zu denken. So haben wir also Menschen, die zwar ein gutes technisches Verständnis von der Materie haben, aber fast nur Befehle ausführen können (ums mal krass zu sagen) und kaum Initiativen starten. Durch Förderung dieser Kreativphase kann man Kinder allerdings zu selbstvewussten Menschen erziehen, die gern und oft ihre eigenen Ideen zum ganzen beisteuern. Das technischen Wissen (beispielsweise) können sie dich dann noch erarbeiten, wenn sie es selbst für wichtig und nötig erachten.
"Und was hast du eigentlich gegen die Gene? Wozu glaubst du sind sie überhaupt da?"
Ich habe nichts nichts gegen die Gene (*gg*), nur gegen die Art und Weise, in der sei heutzutage für alle Probleme hinhalten müssen, denen man sich nicht stellen will! Schau doch mal, für alle Probleme unserer Gesellschaft soll es mittlerweile Gene geben, was den Eindruck vermittelt, dass alles schon ganz richtig laufe und nichts verändert werden muss. Es ist immer eine bequeme Ausrede, etwas auf die Gene ebzuwälzen, denn "daran kann man ja eh nichts machen". Das ist es aber, was jeden Fortschritt verhindert und die Menschheit auf der Stelle tanzen läßt.
Ein Mittelweg ist eine gute Idee. Die gene bestimmen alles "Äußere" (Hautfarbe, Augenfarbe, Haarfarbe, größe Kleinigkeiten wie z.B. Sehschwächen), die Erziehung bestimmt das "Innere" (Charakter, Lebenseinstellung, Verhalten anderen gegenüber). So hate jedes von beiden, gene und Erziehung, ihren Anteil am ganzen Menschen.
Viele Grüße
Malpara
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Diskussionsverlauf:
- Vudu ~ daniel - 18.06.2004 18:54 (87)