Re: *Vergeben*
Kastopia schrieb am 2. Januar 2003 um 14:00 Uhr (575x gelesen):
Liebe Anna,
nun habe ich mich bis zur Hälfte dieses Threads durchgelesen, und noch nachgedacht, was ich dir nun schreiben könnte, denn ich hätte da gaaaaaaaanz viel zu zu sagen:)
Ich selbst war immer der Meinung, dass jeder seine "Strafe" für das was er macht bekommt und zwar schon im Leben.
Auch mir sind einige Dinge im Leben passiert, bei denen es mir sehr schwer fiel zu "vergeben" . Das fing schon in der Kindheit an, immer dachte ich, ich hätte es verarbeitet und hätte ja vergeben, denn ich hielt den Kontakt zu meinen Peinigern aufrecht, nachdem ich als junge Frau eine Aussprache hatte.
Ich kam nochmal in solche Situationen, immer wieder, ich war in einem Kreislauf gefangen, weil ich, wie ich heute weiß, zwar vergeben hatte, jedoch nicht verstanden hatte.
So belog ich mich selbst so zu sagen, log mir die heile Welt vor, ohne es wirklich zu merken.
Ich liebte meine Feinde, zwischenzeitlich lebte ich auch nach dem Motto: Zahn um Zahn, Auge um Auge. Ich suchte unbewußt schon nach Antworten für meinen inneren Frieden.
Irgendwann kam die Zeit, da sagte ich mir Auge um Auge,NEIN Danke! So fing ich an, Menschen die mich verletzten oder mir schlimmes antaten, zu analysieren. Ich versuchte es auseinander zu nehmen, warum tun diese Menschen soetwas.
Und du weißt selbst, wenn man fragt, bekommt man auch antworten. So begann die Zeit des verstehens, ich begann zu verstehen, warum manches so läuft und geschieht, wie es war/ist. Ich konnte also den Menschen "wirklich" vergeben, dachte ich....weil ich mich mit meinem Gegenüber auseinander setzte.
So nun hatte ich den Prozeß durchlaufen, wußte was in anderen Menschen vor sich geht, hatte deren Kreislauf durchschaut. Aber irgendetwas stimmte da noch nicht, da fehlte etwas. Ich suchte nach Antworten ohne genau zu wissen, was ich suchte, denn auf "mich" selbst wäre ich ja nicht gekommen;)
Im Internet fand ich dann Leute, die mich teilweise mit der Holzhammermethode behandelten. OH weiha, Ich die ich doch schon so viel gemeistert hatte und eine Kämpferin bin, und stolz (angeblich), brach nun, nachdem mich meine äußere Welt in die Knie gezwungen hatte, völlig in mich zusammen.
Da zwangen mich innere Dinge noch zusätzlich in die Knie.
Ich dacht ich muß sterben vor Schmerz, äußere Umwelteinflüsse, Gesundheit, und dann noch das Innenleben.
Ich begriff also, dass ich zwar allen anderen vergeben hatte, jedoch nicht mir selbst. Mich akzeptierte ich gar nicht mehr richtig. Mir wurde bewußt, dass ich da eine riesen mauer aufgebaut hatte und das zu meiner Wahrheit gemacht hatte. Und das galt es nun einzubrechen, abzureißen, mühsam stück für Stück.
Dabei halfen mir viele Menschen auch hier im Forum, durch harte Worte, die mich tief verletzten, meinen Stolz brachen ;)
Also, ich denke, dass man erst vergeben kann, egal was, wenn man sich selbst vergeben kann. Wenn man selbst akzeptiert, dass man selbst eben auch die ein oder andere macke hat. Und diese nicht bekämpft, sondern sie im positiven Sinne ins Leben integriert. Wenn man ruhigen Gewissens sagen kann: Ich bin was ich bin und das ist schön so!
Und noch etwas, vergeben muß nicht bedeuten, dass man dann den Lebensweg weiterhin mit seinen Peinigern geht, sondern, dass man Entscheidungen trifft.
Wenn ein anderer dich seelisch oder körperlich zwingen will, seinen Weg zu gehen, ist es besser, zu sagen:
" Ok, ich gehe meinen Weg und du deinen, ich wünsche dir alles Gute" Ohne Hass, ohne schlechte Gefühle. Ergo gehört loslassen auch noch zur Vergebung ;)
Vergebung ist also nicht nur ein Wort oder eine Tat, sondern setzt sich aus vielen kleinen Taten, Gedanken, Handlungen zusammen.
So nun höre ich auf, ich könnte endlos weiter schreiben;)
Vielleicht konntest du ja etwas daraus für dich gebrauchen?!
Ganz liebe Grüße
Kastopia
> Hallo,
> Mich würde mal eure Meinung zum *vergeben* interessieren.
> Ich persönl.habe eigentlich keine schwierigkeiten jemanden zu vergeben.Ich bin nicht so empfindlich,sei es ob mich jemand beleidigt,oder irgendwelche Lügen über mich erzählt,oder mich hintergeht.
> Aber Gestern ist etwas passiert,wo ich an die Grenze des vergebens angelangt bin,und ich sage,jetzt ist Schluß mit vergeben!
> Ich stecke seit dem in eine Glaubenskrise.Ich will jetzt nicht unbedingt auf Gott zusprechen kommem,aber Gott sagte ja,das wir unseren ärgsten Feind vergeben sollen.Ich denke auch da gibt es Grenzen,wo man nicht mehr verzeihen kann und muß.
> Wir Menschen brauchen uns nicht alles gefallen zulassen,uns unterdrücken lassen,und sich auch nicht demütigen lassen.
> Was meint ihr dazu,gibt es bei euch auch Grenzen?
> Wo liegen eure Grenzen?
> Ihr müßt natürlich nicht antworten - wäre aber schön.
> liebe Grüße
> Anna

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