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Re: @Fußgänger

Fußgänger schrieb am 24. Oktober 2002 um 19:43 Uhr (511x gelesen):

Hallo Meddugnatos,
> F: Ich verstehe. Das Bewusstsein kommt nicht dazu,
> sondern ist Teil oder Eigenschaft des Körpers.
> M: Aber nicht beim Zombie! Ich weiss jetzt nicht, wie ich das verstehen soll und ob du verstanden hast, was mit der Zombiegeschichte gemeint ist. Also: Die Dualisten sagen, dass wenn die Materialisten recht haben und alles nur aus materiellen Prozessen besteht, dann könnte die Natur und alles andere genauso gut und genau gleich wie jetzt ablaufen, ohne dass Bewusstsein darin auftaucht/involviert ist.
> Sie sagen, es gebe dann überhaupt keinen Zweck für Bewusstsein und sie stellen sich daher einen Menschen vor, der materiell genau gleich funktionert wie ein normaler Mensch, aber kein Bewusstsein hat, also ein Zombie ist.
Dualisten (und andere) halten Bewusstsein wohl nur für
zwecklos (oder sinnlos oder überflüssig), wenn angenommen
wird, dass sein Einfluss fundamental illusorisch ist,
dass es sich einbildet zu agieren, tatsächlich aber
Identifikationen mit den es betreffenden Naturprozessen
aufbaut, über deren Wahrheit es sich nur zu gerne
täuscht. Das erinnert mich an Experimente mit posthyp-
notischen Befehlen, für deren Ausführung der Proband
blitzschnell eine Rationalisierung herbeizaubert.

> Die Materialisten entgegnen darauf, dass wenn der Mensch genau gleich funktioniert wie alle anderen Menschen, auch Bewusstsein vorhanden ist, dass ein Zombie also gar nicht möglich ist.

> Ich finde, das hat noch etwas. Wenn man sich die Welt ganz objektiv betrachtet, sich gedanklich aus der Welt hinaus bewegt und sie "von aussen" und unbeteiligt ansieht, dann kann man sich vorstellen, dass die Welt auch eine Zombiewelt sein könnte.
> Aber in Wirklichkeit hat diese als Objekt betrachtete Welt doch gar nichts mit der realen Welt gemein, es ist eine blosse Abstraktion, ein Gedankenkonstrukt. Die reale Welt IST erstmal für sich. Ein Stein IST (er "west"). Und wenn sich in einem Organ eine Wahrnehmung bildet, dann MUSS die doch auch Folgen haben für dieses Organ. Es sei denn, man macht eine Abstraktion und betrachtet sich das Organ als Objekt.
Soweit ich es verstanden habe, stimme ich dir zu.
Aber mir scheint, dass die Uneinigkeit eher in der
Frage wurzelt, wie das Bewusstsein wirken könne,
wenn es in einer von Naturgesetzen beherrschten
Welt wohnt. Können Materialisten dem Bewusstsein
eine eigene Kraft, Energie usw. zuschreiben, ohne
die es keinen Einfluss auf diese Welt hätte?
Bewusstsein ist wissenschaftlich nicht nachweisbar,
höchsten indirekt erschließbar und letztlich --
außer bei einem selbst -- Glaubenssache. Wie kann
etwas Unmessbares, materiell Wirkungsloses (auch
eine subtile Umverteilung der quantenmechanischen
Wahrscheinlichkeiten würde die physikalischen
Gesetze verletzen, wenn auch unmerklich), das
aber auf irgendeine Weise Eigenschaft der Materie
wäre, Einfluss in dieser Welt ausüben, die nun
einmal von Energien, Kräften, Bewegung, Veränderung
erfüllt ist? Da sehe ich den eigentlichen Grabenbruch.
Da sind wieder Res cogitans und Res extensa,
deren rätselhafte Wechselwirkung noch keiner
erklären konnte. Denn wenn Bewusstsein verändern
kann (ohne der bloß illusionäre Urheber der
Aktion zu sein), dann muss es über Einfluss auf
die Materie verfügen, d.h. es muss physikalische
Prozesse beeinflussen können. Das lässt sich wohl
bis zu einem gewissen Grad in die Physik integrieren
(Modell der Pragmatischen Information von v. Lucadou,
das geringfügige Psi-Phänomen erklären könnte),
aber nur in sehr engen, festen Grenzen (und in
einem mehr philosophisch-weltanschaulichen Disput
erklärt das evtl. gar nichts, solange der Einfluss
des Bewusstseins auf die Gehirnmaterie ungeklärt
ist; in materialistischer Sicht bräuchte der Einfluss
wohl nicht geklärt werden, weil (latentes) Bewusstsein
zum Wesen der Materie gehören würde; das Problem
des Materialismus wäre die ungeklärte Handlungs-
fähigkeit des Bewusstseins, soweit sie nicht nur
illusionär wäre; mir scheint: das Problem bleibt,
es wechselt nur seinen Platz oder sein Gewand).
Hier sehe ich kein Durchkommen.
Die einzige Rettung aus diesem Dilemma wäre,
alles für "Geist" oder "Bewusstsein" zu erklären
und den Naturgesetzen ihre absolute Gültigkeit
abzusprechen. Dann wäre wieder alles möglich,
jedenfalls grundsätzlich. (Und wer gerne an so
etwas glauben möchte, wird sich auf die Suche
begeben nach Erfahrungen, die diesen geistigen
Monismus bestätigen könnten. ;-))
Fußgänger

P.S.: In eigener Sache:
Ich habe den deutlichen Eindruck, dass ich eine
Pause brauche. Mein Gefühlsleben will etwas mehr
Zuwendung und beklagt sich wie eine vernach-
lässigte Ehefrau. Und denke, es ist gut, seinem
Wunsch nachzukommen.
Falls Antworten auf meine(n) Beitrag/Beiträge
bis Freitag abend kommen, werde ich darauf
antworten und dann schweigen. (Klingt furchbar
pathetisch...)
Vielen Dank, Meddugnatos und auch Wolfgang Wein-
brenner, für eure Anregungen. Es hat Spaß gemacht
und war auch kreativitätsfördern für das Nachdenken
und Formulieren und lehrreich, z.B. darin,
dass ich nun mehr den Eindruck habe, dass die
Auseinandersetzung zwar intellektuell geführt
wurde, der Kern der Differenzen aber dem rationalen
Zugriff entgleitet. (Und dabei nehme ich nicht
an, dass es an der Unzulänglichkeit von Argumenten
liegt, sondern dass im Gegenteil ein gründlicheres
und tieferes Denken die diskutierten Vorstellungen
eher noch mysteriöser erscheinen ließe. Aber das
war jetzt eher eine "intuitive" Aussage.)

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