Hallo Fussgänger.
> Deus ex machina? Wie kann aus Vorgängen
> Bewusstsein entstehen? Ungefähr so wie
> ein Kaninchen aus einem leeren Zylinder
> gezogen wird?
> Vorgang, Prozess Funktion usw. sind ganz
> andere Kategorien, aus denen Bewusstsein
> grundsätzlich nicht ableitbar ist.
> Bewusstsein ist kein Vorgang, Prozess usw.
> Klar finden Prozesse *im* Bewusstsein
> statt.. Ich habe vor 1-2 Jahren einen
> Spiegel-Artikel zu dem Thema gelesen, und
> ich hatte den Eindruck, dass -- um das
> Bewusstsein naturwissenschaftlicher Unter-
> suchung zugänglich zu machen -- das Rückgrat
> der Argumentation dies war:
> 1. Bewußtsein wurde als die Summe der
> Bewusstseinsprozesse aufgefasst.
> 2. Die Analyse von Prozessen ist der
> Wissenschaft zugänglich.
> Nur dass damit das Kind mit dem Bade
> ausgeschüttet wurde, d.h. dass Bewusst-
> sein damit zur Wesenlosigkeit verblasste,
> zum bloßen Etikett wurde, war leider
> Bestandteil dieser Argumentationen.
Was es primär im Bewusstsein so gibt, das sind Gedanken, Gefühle und Wahrnehmungen. Das sind alles Prozesse. Ich denke, was diese Prozesse zu bewussten Prozessen macht, ist die subjektive Perspektive in der sie ablaufen. Meiner Meinung nach gibt es kein reines Bewusstsein ohne irgendwelche der obigen Inhalte. Bewusstsein ist doch immer Bewusstsein von etwas, und deshalb an das Vorhandensein dieser Prozesse gebunden. Ich weiss, manche Mystiker sind da anderer Auffassung. Aber was ist schon eine subjektive Perspektive ohne Inhalte? Tot. Diese subjektive Perspektive ist aber das was ich mit "Anlage zu Bewusstsein" meine; und man kann sie sich in allem vorstellen, in jedem Stein. Warum auch nicht? Die Perspektive ist ja nur ein Standpunkt, eine Möglichkeit der Sichtweise.
> Ich habe den Eindruck, dass manche
> Menschen in einem solchen Maße ge-
> wöhnt sind, in Prozessen, Funtionen,
> Strukturen, Messungen, Experimenten
> usw. zu denken, dass ihnen nicht
> mehr auffällt, dass Bewusstsein,
> Gefühl usw., kurz: Wahrnehmung und
> Empfindung -- im Gegensatz zu bloßem
> Registrieren, Detektieren usw. ---
> eine grundsätzlich andere Kategorie
> ist, die in ihrer Eigenart nicht auf
> Prozesshaftes reduziert werden kann,
> wenngleich Prozesse vom Bewusstsein
> wahrgenommen werden können und Inhalte
> und Klarheit des individuellen Bewusst-
> seins durchaus von Prozessen abhängig
> sind.
> Wie kann Bewusstsein aus einem Vorgang
> hervorgehen? Doch, jetzt fällt mir ein
> Beispiel ein: Die Zeugung eines Kindes.
> Dennoch muss sich auch ein Materialist
> sagen lassen, dass er mit der Annahme
> der Entstehung von Bewusstsein aus
> Vorgängen nichts *erklärt*. Er kann
> z.B. den Vorgang wahrnehmen, aber nicht
> das daraus "hervorgegangene" Bewusst-
> sein. Streng genommen müsste der Mate-
> rialist (und nicht nur er) sogar zu-
> geben, dass die Existenz oder Wirklich-
> keit des hervorgegangenen Bewusstseins
> nur eine Vermutung ist.
Genau darauf wird in der aktuellen philosophischen Diskussion von den Materialismus-Gegnern immer wieder hingewiesen: Die Tatsache, dass es sich irgendwie anfühlt, ein Bewusstsein zu haben und damit etwas zu erleben. Das ist die Qualia-Debatte; unter der Bezeichnung Qualia (Sg. Quale) wird die Erlebnis-Qualität, z.B. der Farbe blau bezeichnet. Es ist etwas, was man selber erlebt haben muss, um es vollständig zu verstehen, man kann es nicht beschreiben. Die Materialisten nennen diese Philosophen die Qualia-Fans und eine Einigung in dieser komplexen Sache ist nicht in Sicht.
> Das ist jetzt aber reine Philosophie.
> "Alles, was existiert, hat die Anlage zum
> Bewusstsein": Da würden dir wohl -- nach einer
> geringfügigen Umformulierung -- alle Esoteriker
> zustimmen, nur dass das Organ nicht etwas wie
> Leber, Herz, Lunge sein müsse, weil es eben auch
> geistige Organe gebe.
Was ist denn ein geistiges Organ? Ein Organ aus Geist? Aus welchem dann wiederum Geist entsteht?
> Das finde ich jetzt interessant. Folgt daraus,
> dass ein solcher Materialist einem Computer
> (oder Robotor), der den Menschen (fast)
> perfekt imitieren würde, Bewusstsein zusprechen
> würden?
Ich würde es so sagen: Diese Philosophen sind sich einig, dass man theoretisch einmal ein künstliches Roboterbewusstsein erschaffen kann.
> Für mich sieht das so aus: Die Attrappe muss
> nur täuschend echt wirken (also komplexer
> sein als als eine Schmetterlings-Attrappe für
> Schmetterlinge, die überdies sehr viel einfacher
> ist als der Schmetterling selbst), dann sollte
> sie als echt anerkannt werden?
Darüber könnte man streiten.
> Oder -- falls ich dich falsch verstanden haben
> sollte -- ein Computer, wie komplex auch immer,
> könnte nie ein phänomenaler Zombie sein.
Ein phänomenaler Zombie ist eine genaue materielle Kopie, bei der bloss das Bewusstsein fehlt.
> Oder geht es dann doch auch um das organische
> Material, das Gehirn, das vielleicht doch mehr
> kann (nämlich Bewusstsein hervorbringen) als
> der entwickeltste Computer?
Manche sind dieser Ansicht, aber die meisten denken, dass es aufs Funktionsprinzip ankommt und nicht aufs Material, das sehe ich auch so.
> Oder sollte man
> die Entwicklung von Elektronengehirnen als einen
> (möglichen) Weg zur Erzeugung von "geistigen
> Organen" ansehen? (Es gibt offenbar eine Philo-
> sophie, die Bewusstsein als Produkt [oder was
> immer] von Komplexität ansieht.)
Ja, diese Ansicht mag es auch (eher selten) geben, aber ich finde sie nicht sehr einleuchtend.
> Vielleicht denkst
> du ja auch gar nicht an solche Dinge, bist auch
> kein Transhumanist im Sinne von
www.transhumanismus.de,
> welche Site ich ziemlich abschreckend fand, wenn
> auch intellektuell anspruchsvoll und konsequent.
Nein, ich kenne die Site nicht, bin auch kein Transhumanist; ich war zwar schon mal auf einem Diskussionsforum von einem. Nein, von Natur aus bin ich eher naiv und esoterisch (das mag dich jetzt überraschen). Ich hatte einfach irgendwann genug vom Glauben und machte mich auf die Suche nach Beweisen, so erwachte in mir (spät, sehr spät) die Skepsis. Ich bin jedenfalls kein gebürtiger Materialist.
Meddugnatos