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re: Exkursion Biologie in der Gesellschaft
felina * schrieb am 12. März 2007 um 0:45 Uhr (1097x gelesen):

> Aber wenn man mit Mittelstufenwissen schon alles über die "Evolutionsbiologie" wüßte, wieso muss man das Fach dann 10 Semester studieren?

---- klar. du kannst aber andererseits nicht erwarten, dass leute, die nunmal nicht biologie studiert haben, das wissen von 10 semestern studium haben, und wenn das die grundlage für eine angemessene kommunikation wäre, dann würde es nur noch fachbezogene kommunikation geben können, denn das gilt ja dann für jedes fach. du wärest also nicht in der lage, über grenzwissenschaftliche themen zu diskutieren, die die physik miteinbeziehen. das ist aber zu kurz gedacht, denn jede wissenschaft ist in sich eng. ich hatte dich auch mehr so verstanden, dass es dir allgemein um den begriff der wissenschaftstheorie geht, und das ist eigentlich auch etwas, dessen grundbegriffe man sich relativ leicht aneignen kann. gerade durch solche leute wie popper, der gehört ja nun buchstäblich in jedes naturwissenschaftliche grundstudium.
>
> Da die Biologie aber den Menschen und das Leben als solches betrifft, sind biologische Theorien Grundbestandteil unsere Weltbilds geworden. Zum Beispiel dass wir wie automatisch von einer Evolution ausgehen. Hat jeder schon mal gehört. Es wird z.B. als Esotheriker ins Weltbild eingegliedert, in dem man allgemein nach einer HÖHER-Entwicklung strebt. Immer wieder wird vergliechen: "Wie bei der Evolution.." etc. Es wird fester Bestandteil des Weltbild bzw. ist es schon. Dann wiederum kommen Menschen an und streiten sich und sagen, der Mensch ist so schrecklich von Höher-Entwicklung kann keine Rede sein... es kommt hier zu Streit und da. Weil irgendwie das, was man wahrnimmt mit dem anderen nicht gleich geht.
> Jeder von Euch hat sicherlich solche Diskussionen schon erlebt. Und sie kommen immer und immer wieder. Und dabei wird dann auch versucht wissenschaftlich zu erklären. Weil: Man weiß ja schon alles. Ist ja eine ganz einfache Sache, das mit der Evolution und Höher-Entwicklung...


----ja, aber auch, weil allein dieses "höher" schon wieder einer definition bedarf, und bevor diese nicht stattgefunden hat, kann man die diskussion darüber lassen, denn im endeffekt ist ja die frage: nach welcher definition ist der mensch das am höher entwickeltste wesen (esoterisch UND wissenschaftlich gesehen)?

> Und weil man glaubt, alles zu wissen, hört man auch anderen nicht mehr zu oder sieht auch keine Notwendigkeit sich mehr mit dem Thema zu beschäftigten. Jedem das seine. Aber es wird trotzdem versucht wissenschaftlich zu argumentieren. Und die "wissenschaftlichen" Fehler verbreiten sich und verbreiten sich.

----aber das liegt auch daran, dass die wissenschaftlichkeit in sich ein problem darstellt. würden wir hier nur streng wissenschaftlich diskutieren wollen, würden all unsere gespräche verarmen, da die grenzen einfach extrem eng gesteckt sind. ich würde da nicht so drauf pochen.
>
> Da nun mal nicht jeder sich mit Leidenschaft auf ein und das selbe Gebiet stürzt oder gar studiert, ist das auch ganz okay, wenn jemand etwas nicht weiß. Schlimm ist er nur für mich anzusehen, wenn die Leute auch nicht dazu lernen wollen. Wenn sie aufgrund psychologisch-egoistischer Motive an ihren Fehlern festhalten und diese als Kampfargument einführen... was ohnehin nur zu weiteren Mißverständen und Streitigkeiten führt.

---- tja, dem wissenschaftlichen denken gegenüber steht das dogma. dies wirst du nie beseitigen können. ein fundamentalistischer anhänger einer religion wird uns immer raten, uns unsere ganze wissenschaftlichkeit in die haare zu schmieren, da er es besser weiß, denn er hat es aus einem buch (meistens), das von wesen geschrieben wurde, denen gegenüber wie alle armselig sind (erst recht mit unserer ketzerischen wissenschaft). seit wann ist das denn was neues! diesem krieg fiel schon giordano bruno zum opfer und dann viele andere, und wer glaubt, es würde dieses problem auf grund einer neuen wissenschaftlich geschulten gesellschaft mit einem funktionierenden bildungssystem nicht mehr geben, der irrt einfach unsäglich!
>
> Ganz besonders schlimm ist es auch, dass auch in höhren Kreisen üblich ist. Sogar in politischen. Und manche davon die Verwirrung im "Volk" auch gnadenlos ausnutzen, und diese nun mal nicht die Möglichkeiten haben, sich dagegen zu wehren...

--- oh ja, wohl wahr. ich hatte neulich darüber schon gepostet.
> (...)
>Folglich müßte eigentlich niemand darum streiten ob der Mensch sich immer höher entwickelt ist oder nicht. Aber genau dies, dass dem so wäre, ist in vielen Weltbildern fest integriert. Folglich, da es wissenschaftlich Fakt ist, das dem nicht so ist, wird es immer zu Streitigkeiten oder Verwirrungen kommen...Oder wenn Menschen glauben, die Menschheit sei nur auf "Poppen" aus wegen Reproduktion und es dann naturwissenschaftlich erklären wollen, obwohl es naturwissenschaftlich falsch ist. Es ist eines der gängigsten Mißverständnisse.

----dieses thema findest du aber überall. es macht alles so bequem. eine ganze industrie funktioniert mit diesem missverständnis.

>Entweder man glaubt es und fühlt sich zu Unrecht "wissenschaftlich bestätigt" oder man lehnt es völlig ab und gibt der bösen Naturwissenschaft die Schuld. Die kann jedoch nichts für die Mißverständnisse, wenn ihre Thesen falsch verstanden und vom dümmsten Bauer bis zum Akademiker eines anderen Fachbereichs falsch wiedergegeben werden... und schon heißt es wieder "Die Bösen Naturwissenschaftler..." und "alle" stimmen in den Jubelchor mit ein. Nein, nicht die bösen Naturwissenschaftler. Die bösen Menschen, die alles falsch verstehen und falsch verbreiten und nicht drüber nachdenken, was sie eigentlich sagen!!! Unnötige Streiterein sind das!

---- du vergisst die medien und die konsumgesellschaft. die medien funktionieren größtenteils zum wohle einer verkaufsstrategie. das ist eben das problem, wenn sich die kunst bzw. information (ja, leider auch die!) dem willen einer masse unterordnet, weil beliebtheit nunmal das laisser passer zum überleben ist. die medien, egal welche, verbreiten mit drei wörtchen den größten schwachsinn. es ist aber leider so, dass bei anspruchsvollen sendungen beispielsweise, wo lang und breit die wahrheit verkündet wird, die einschaltquoten drastisch sinken. und nur um die geht es. das ist das system. aber die medien machen einen großteil der bildung der gesellschaft aus.
>
> Das es Spezialisierungen und Fachsprachen gibt ist notwendig und verständlich. Allein dies müßte man sich erst mal bewußt machen. Auch zwischen Geistes- und Naturwissenschaftlern ist dies ein großes - meiner Meinung nach völlig unnötiges Problem. Dazu zählt unter anderen weil "deutsch" eben "deutsch" sei, aber nicht gesehen wird, dass wissenschaftliche Arbeiten - egal welcher Bereich - ihre ganz eigenen Sprache und Wertesystem hat. Wenn ein Naturwissenschaftler z.B. schreibt: "Die Vermutung liegt nahe, dass..." hat es eine völlig andere Bedeutung, als wenn man privat von Vermutungen spricht! Aber davon will niemand etwas hören!

--- davon weiß eigentlich auch keiner was und das kannst du auch nicht erwarten. du kannst einfach nicht annehmen, dass jeder, der sich mit den fragen nach der wahrheit beschäftigt, ein akademiker ist, der mit dieser wissenschaftlichen sprache auch klarkommt! es gibt einfachere geister, die das auch nicht brauchen, um ihren frieden zu finden.
>
> "Esotheriker" scheinen im Allgemeinen was dies angeht sehr anfällig zu sein, da ein natürliche Scheu, Vorurteile und Feindschaftsbild, sie daran hindern, sich in diesem Bereich - der ja der Feind ist - selbst weiter zu bilden. Umgekehrt ist dem natürlich auch so, aber ein klassischer "Naturwissenschaftler" mischt sich nicht in die Belange der anderen ein. Im Normalfall versteht sich. Er glaubt nicht dran oder es interessiert nicht und ende. Er will eigentlich nur seine Ruhe haben vor den Vorwürfen der anderen Parteien. Hat eine andere Motivation für diesen "Krieg". Konkreteres Beispiel: Ein klassischer Naturwissenschaftler würde über Chakren sagen, dass er nicht daran glaubt.

---- das stimmt so nicht. er würde sagen, dass chakren für ihn nicht existieren, weil ihre existenz keine wissenschaftliche grundlage hat. dass er nicht dran glaubt, hat nichts mit seiner wissenschaftlichkeit zu tun. jedenfalls, wenn er seriös ist.

>Er würde NICHT, und das betone ich, NICHT in ein Heilerforum gehen und behaupten, dass er besser über Chakren Bescheid wisse und versuchen den anderen etwas zu erklären, von dem er keine Ahnung hat. Er würde höchsten sagen, es ist nicht "bewiesen" oder "Ich glaube nicht dran", aber es nicht besser wissen wollen. Umgekehrt ist es aber anders. Der "typische Esotheriker" glaubt z.B. besser über die Evolutionstheorie-Bescheid zu wissen als die studierten Evolutionstheoretiker, und ihr Wissen endet bei der Mittelstufe und dem, was man vor lauter Verfälschunge hier und da aufschnappte.
> Außerdem ist die Biologie in Form von Genetik und Neurobiologie auf dem Vormarsch. Und da es uns alle betrifft, reden alle mit... und die Bilder und Vorteile werden krumm und bis zur Unkenntlichkeit verfälscht. Und schlimmer noch: Es wird schlimmer. Man kann sich täglich umschauen und feststellen, dass die Zwiespälter größer und größer werden... zu meinem völligen Unverständnis!!! Denn es hat nichts mit den Inhalten der verschiedenen Theorien zu tun! Nada!
> Es hat nur mit Kommunikationsschwierigkeiten zu tun. Und zwar
>
> a) die einen, die unvermeidlich sind, wie eben die Notwendigkeit einer Fachsprache, die als solches aber nicht erkannt wird weil (s.o. Beispiel..) eine Vermutung ist eine Vermutung als meint der wissentschafltiche das selbe was ich meine, wenn ich das Wort verwende...

---- du kannst auch nicht behaupten, dass die fachsprachen besonders anheimelnd sind. DAS wäre eine überlegung, ob vielleicht die wissenschaft mal von ihrem elfenbeintrum runterkommen und eine sprache und einen ausschnitt aus ihrer fachwelt entwickeln sollte, die für jedermann leicht verständlich zugänglich sind (und deren studium nicht hunderte von seiten lang ist, da die meisten leute einen tagesablauf haben, mit dem sich das nicht verträgt).
>
> und
>
> b) mit Vorurteilen und Sturheiten, dem Anhaften, dem Sich-nicht-Entwicklen wollen etc. also persönlichen Dingen, was jedoch den Mann von der Strasse genaus betrifft wie den honorierten Doktor. Da wird nicht zwischen Sozialschichten und Bildung unterschieden, der Umgang mit Vorurteilen und Kommunikation bleibt gleich. Und man will NICHT kommunizieren. Es wird zwar oft behauptet interdiszpilinäre Einigkeit anzustreben, aber dies ist in aller Regel nur eine Farce. Denn Vorurteile und Erhalt des eigenen kleinen Weltbildes etc. überwiegt meistens.
>

---- ash, weißt du, was ein kulturschock ist? lassen wir mal die wissenschaftler. nimm den einfachen menschen. es ist nicht so leicht, das eigene weltbild zu verändern. denk mal an den da vinci code con dan brown. mir geht es nicht um das buch. mir geht es darum, dass sich die gläubigen christen mit händen und füßen dagegen gewehrt haben, über auch nur eine der thesen wenisgtens nachzudenken. "widerlegen", war ihr einziger gedanke. gebrüllt habe sie. das ist angst. die ordnung, die ein mensch sich in seinem kopf zurechtlegt, ist teil seiner überlebensstrategie. aus seinem weltbild heraus handelt er, denn sonst wüsste er nicht mehr, was richtig und falsch ist. die, die am lautesten schreien, sind meist die, die die größte angst haben. das muss man bei diesen überlegungen einfach berücksichtigen.

gruß, felina

> A.
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