re: Mittler zwischen den Welten
eventuelle * schrieb am
2. April 2008 um 8:45 Uhr (941x gelesen):
Hallo Ash, hallo felina,
Im Gespräch mit Euch werde ich an Entwicklungen erinnert, die mir den Stand meiner heutigen Weltsicht verdeutlichen. Vor allem mit der Darstellung Eurer Seelenlage (wofür ich Euch sehr danke) und in der Abgleichung mit der meinen, wird mir doch wieder einiges klarer für die eigene Einschätzung.
Du musst ein sehr schönes Elternhaus gehabt haben, eines, das ich mir gewünscht hätte, felina. Meine Tragik war, dass ich immer wusste, wie es hätte sein sollen. Ich war immer so nah an diesem Empfinden, dass ich bei den wenigen Gelegenheiten, die meine Seele dann berührten, voll in ihnen aufging. Auf der anderen Seite ließ mich das eingeprägte Muster der Unvollkommenheit vieles blockieren, was sich hätte entwickeln können. Eine kleine Parallele zu Deinen „spirituellen Eltern“, Ash, hatte ich in der visuellen Erschaffung meines Schutzengels (katholisches Ambiente) und später, etwa mit 9 Jahren, einer starken Religiosität. Das merkwürdige war, dass ich immer das Gefühl hatte, das ist es nicht wirklich. Aber das Bedürfnis nach Einheit war stärker. Die Zweifel kamen wieder und begannen mich ab der Pubertät zu lähmen. Einziges Ventil war, wie schon erwähnt, Musik und Malerei, was ich auch nie aufgegeben habe. Die Lähmung wurde so stark, dass ich vieles begann und nichts zu Ende führte. Es war ein hin und her springen zwischen Mut, nach außen zu gehen und Verzagtheit und Rückzug. Die Kinder brachten Stabilität. Ich übernahm zum ersten Mal Verantwortung und war bereit, alle Konsequenzen zu tragen. Was nicht heißt, dass es immer vorwärts ging.
Da ich – im Gegensatz zu Dir, Ash – mich bzgl. Einheit eigentlich immer in der Negativposition befand, hatte ich am Anfang Schwierigkeiten, meine Seele mit den Kindern zu teilen. Das hat mich sehr angestrengt, da die Kinder mehr einforderten, als ich gewohnt war zu geben. Meine schöpferische Seite hatte ich bis dahin sorgfältig von ihnen getrennt. Deswegen war ihr Vorhandensein jedes Mal eine gewaltige Störung in einem schöpferischen Prozess, die mich an den Rand des Wahnsinns trieb. Das war auf Dauer zu aufreibend und mir wurde auch die Inkonsequenz meines Handelns, nämlich bereit zu sein, die Kinder anzunehmen und mich nicht in meinem Innersten zu öffnen, klar. Und unmerklich, in einem länger andauernden Prozess sah ich sie dann mit meinen schöpferischen Augen, vor allem ihre Unschuld. Für meine Älteste kam diese Einsicht schon fast zu spät. Mein Verhalten hat sie in eine Gegenposition katapultiert, denn mit ihren wachen Augen hat sie natürlich die Ablehnung gespürt, die im Grund ja nur sekundär etwas mit ihr zu tun hatte. Das machte es mir leichter, meine Talente in den Hintergrund zu schieben. Und es wurde mir bewusst, wie tief greifend das Verhalten der Mutter in das bewusste Empfinden eines Kindes eingreift. Und das musste mir passieren, die ich doch so unter der Trennung von der Einheit gelitten hatte! Ich hatte also, wie es mit so vielen Dingen geschieht, mein eigenes Unvermögen an die nächste Generation weitergegeben! Peng! Es traf mich wie ein Schlag. Mir selbst zu verzeihen und die Frage der Schuld zu relativieren, hat lange gedauert. Und was soll ich Euch sagen? Die Kinder helfen mir dabei!
Was mir zeigt, dass – jedenfalls in meinem Fall – Öffnung und Vertrauen grundlegende Mechanismen im zwischenmenschlichen Bereich sind und die Bewahrung der eigenen Art, zu der sich andere positionieren können, sofern sie wollen. Annahme und Vertrauen auch sich selbst gegenüber, und wenn es zunächst die Annahme des Nicht-Vertrauens ist, das ist ja auch schon was.
Liebe Grüße
eventuele
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