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was ist Glauben?
Eventuelle schrieb am 20. Februar 2005 um 22:57 Uhr (611x gelesen):
> in der Nacht noch so viel schreiben zu können ... ;-)
Bin mir nicht sicher, ob ich noch klar denken konnte.
> Schon - es gab die Auseinandersetzung mit Gott und das Sicherheitssystem Kirche. Nur glaube ich eben, daß Gott - Spiritualität - in damalige Gesellschaften voll integriert war, selbst dort, wo er hinterfragt oder gar abgelehnt wurde. Man sieht das sehr deutlich in der Kunst. Und geistige Praktiken wie erweiterte Wahrnehmung waren keine bestaunten Phänomene, sondern ganz normal ...
Richtig, die Kunst. Aber bedenke, dass Künstler von (Kirchen)Fürsten abhängig waren und nach Auftrag arbeiteten. Diese Aufträge dienten fast ausschließlich der Verherrlichung der eigenen Person. Die Hochzeit der biblischen Themen war das Barock und Rokoko, aber vorwiegend nur in Kirchen. In den Schlössern waren die Themen durchaus weltlich. Dürer, Raffael, Michelangelo oder da Vinci lebten durchaus schon in der Vor-Reformationszeit und seit den holländischen Malern (Rubens, Rembrandt, van Dyck) wurde eher die Dienstmagd von nebenan zur Madonna als die hochstilisierten Gesichter voriger Jahrhunderte. Im folgenden Naturalismus vermittelten die Künstler eher Landschaften für die innere Erhebung mythische Themen traten in den Vordergrund. In der Romantik und im Biedermeier waren durchaus alltägliche Szenen im Vordergrund und ab dem Impressionismus geht es eher um Farben und ihre Wirkung bis hin zur Auflösung der Formen (im Expressionismus).
So weit so gut. Biblische Themen, hauptsächlich die Geburt Jesu, die Kreuzigung, die Pietà und die Auferstehung, sind in einem relativ überschaubaren Rahmen "nur" über etwa 3 Jahrhunderte entstanden. Und da auch nur unter anderem. Du siehst, es kommt auch hier immer auf den Standpunkt und vielleicht auf die Gegend an (ob Land, ob Stadt, ob Norden, ob Süden), wie tief Gott im Bewusstsein der Kirchgänger verankert war.
> richtig, leider. Aber da sind wir schon wieder bei der Institution Kirche - die es schon nicht schafft, die Rituale des Gottesdienste mit Leben zu füllen. Ich denke selbst daran: als Kind schon hatte ich diese Rituale nicht verstanden, hatte aber auch bemerkt, daß niemand in der Gemeinde sie verstand und deshalb einfach so runterleierte ("und mit deinem Geiste" *sing*) – so schön sie sind, die Gregorianischen Melodien und Choräle, die ich selbst liebe: wer hat noch einen Bezug dazu heute? ...
Es stimmt. Mir kamen einmal die Tränen, als ich einige Jahre nach meinem Kirchaustritt einer familiären Taufe beiwohnte und die Tätigkeit des Priesters am Altar aus einem ganz anderen Blickwinkel sehen konnte. In der Zwischenzeit hatte ich andere Religionen und Riten kennengelernt und mir wurde bewusst, wie oberflächlich und unwissend die eigentlich tiefen Bedeutungen abgehandelt wurden. Wer hebt schon in Demut seine Hände gen Himmel im Bewusstsein, Werkzeug zu sein.
> Prinzipiell hast du natürlich recht! Nur habe ich aus eigenen Erfahrungen im Bekanntenkreis gemerkt, wie viel schwerer es Kinder haben, selbst zu einer religio zu finden, wenn sie nicht in einer groß geworden sind, weil die Eltern die Kirche verlassen hatten. Es fehlt ihnen die religiöse Basis, auf der sie aufbauen und suchen können auch wenn die Eltern ethische Werte vermitteln. Es ist nun einmal immer schwerer, Zugang zu einer Kirche zu finden, wenn man nie in einer war, als später selbst zu entscheiden, ob man austreten und einen anderen (oder gar keinen institutionalisierten) Glauben annehmen will. Ich vergleiche das mit der Schule: Bricht man die Schule vorzeitig ab und will später die Matura nachholen, hat man es ungleich schwerer, als wenn man sie gleich durchzieht. Gleiches gilt fürs Latinum, Gleiches gilt für Studienprüfungen.
Nun, da bin ich der Meinung, wer abbricht und später etwas nachholt, tut dies mit einem ganz anderen Bewusstsein als wäre er ohne eigene Kraftanstrengung überall durchgeschleust worden.
>Also, ich sehe den religiösen Halt nicht nur in der Schwäche, nicht dagegen aufbegehren zu können, sondern durchaus auch in der inneren religiösen Verwurzelung der Menschen, in deren Leben Gott viel präsenter war als heute. (Egal welche Religion man nun hernimmt.)
Das ist mir etwas zu pauschal. Die Gesellschaft ist differenzierter. Sicher, der Überbau eines Zeitgeistes beeinflusst auch das Individuum, aber die, sagen wir, prozentuale Verteilung der einzelnen Mentalitäten bleibt gleich. Der Zeitgeist begünstigt nur einmal diese und einmal jene. Heute begünstigt er aufgrund der Medien und der vielen Möglichkeiten eher den individualistischen Geist, und das Intenet (siehe dieses Forum) kann über große Räume hinweg Gleichgesinnte zusammenführen.
> Nein. Vorgeschaltet vor dem "Geschehen-Lassen" ist doch eine Einstellung, eben ein Wertewandel. Die Konsumgesellschaft kommt nicht einfach so von ungefähr. Der Mensch hat sich vorher gegen Geist und für Konsum entschieden. Es war seine ureigene Entscheidung - und da sehe ich nicht ein "Wassermannzeitalter" oder "New Age" (ist übrigens schon wieder "aus der Mode") als Schlagwörter, sondern ich sehe es historisch begründet, eben eine Folge von Kriegen, Wiederaufbau, Verzicht und heute: des Globalismus.
...der aber auch seine Vorteile hat. Nämlich aus dem eng umrissenen Kleingeist auszubrechen.
> absolut. Die alten Institutionen bewegen sich nicht mit. Neue globale wird es, so glaube ich, so bald nicht geben, weil die Gesellschaft als Ganze sich vom Spirituellen abgewandt hat. Daher boomen die vielen Gemeinden, Gruppen, Sekten - Ausdruck individueller Suche von Einzelpersonen inmitten der Gesellschaft.
Ja, aber nur aus dem Chaos erwächst neue Ordnung - so man denn eine haben will. Und ich fürchte, dass die Menschen sich wieder eine aufbauen und nicht nach ihren eigenen, inneren Gesetzen handeln. Da hätte ich durchaus Vertrauen, dass auch das funktionieren könnte.
> Nein, Konsumgüter sind heute die Ersatzreligionen.
Das wird wohl nicht mehr lange so gehen bei unserer hohen Arbeitslosenrate. Die "neue Armut" wird wieder eine ganz neue Weltanschauung hervorbringen.
> Die Naturwissenschaft ist wieder einmal nur Ausdruck dessen, daß der Mensch sich vom Spirituellen entfernt hat - und was einst als Suche nach einem Gegengewicht zur religio begonnen hat, bestimmt heute zunehmend unsere Gesellschaft.
Die Naturwissenschaft hat eigentlich nur unsere Lebensumstände erleichtert. Wofür früher eine Sippe, eine Dienerschaft nötig war, genügen heute Maschinen, auch wenn man nicht weiß, wie sie funktionieren. Der Zusammenhalt der Menschen, das Aufeinander angewiesen sein ist hinfällig. Dadurch haben wir den Umgang mit Menschen ver- und mit Maschinen gelernt. Wir sitzen abends nicht mehr miteinander und erzählen, sondern eine Maschine kaut uns Meinungen vor. Sie übermittelt uns auf der anderen Seite aber Informationen und Aufklärung, die wir sonst schwerlich bekommen würden. Auch hier also wieder die zwei Seiten einer Medaille.
Liebe Grüße
Eventuelle

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