Re: Leben um der Liebe willen
myrrhe schrieb am 18. März 2004 um 8:18 Uhr (460x gelesen):
Liebe Irene,
ich glaube nicht, daß wir uns anmaßen dürfen, a) über die Gefühle eines
Komapatienten zu urteilen b) über das Leben eines Menschen zu bestimmen.
Die Seele des Menschen hat sich diese Inkarnation ausgesucht, um daran zu
lernen. Unsere Aufgabe ist es, dieses Leben so zu gestalten, daß es noch
menschenwürdig ist. Und diese Aufgabe ist schwer und verantwortungsvoll.
Ich habe ja, wie ich unten schrieb, meine Schwiegermutter im Wachkoma
erlebt, in dem sie 2 1/2 Jahre lag. Und ich glaube sagen zu dürfen, daß sie
das erste Mal in ihrem Leben die Liebe ihres Mannes vorbehaltlos erfahren
hat: er hat sie nämlich, selbst schwerst krank, daheim gepflegt, mit großer
Anstrengung. Er selbst erzählte, daß ihr Blick und Aussehen ein total anderes
war, als sie vom Spital und halbjährigem Aufenthalt im Pflegeheim nach
Hause kam und er sagte: Du bleibst jetzt bei mir. Ihre Augen waren groß und
leuchtend, und auch wenn sie sonst nicht reagieren konnte (doch,
Mundbewegungen, aber sie war ja intubiert und hatte keine Zähne im Mund),
so sagten ihre Augen, die sie nur eingeschränkt bewegen konnte, alles.
So lebte sie noch fast zwei Jahre, umsorgt von ihrem Mann und von Pflegern;
sie wurde als normaler Mensch behandelt, war ins familiäre Umfeld
eingebunden ....
Sie hat das erfahren, woran sie ihr ganzes Leben gezweifelt hatte: Liebe.
Wahre Liebe, die über alle Krisen hinauswächst.
Komapatienten sind nicht die ganze Zeit in ihrem Körper eingeschlossen. Sie
sind Wanderer zwischen den Welten ... oft verläßt ihre Seele den Körper und
geht auf Reisen. Natürlich wissen wir nicht, wie sie die Astralwelt wahrnimmt,
wo sie ja noch am Körper hängt. Aber eingesperrt ist sie nicht.
Daher ist meine feste Überzeugung, daß es nicht unsere Aufgabe ist, anderen
Menschen das Leben zu nehmen, sondern ihnen das Leiden zu nehmen oder
zu erleichtern, so weit es möglich ist. Nicht nur bei Komapatienten natürlich:
Von Hospizarbeitern weiß ich, wie oft Menschen, die, voll Schmerz und Leid,
ihr Leben beenden wollten (Krebskranke), dort im Hospiz aufblühen, weil sie
dort die Liebe und Zuwendung erfahren, die ihnen gefehlt hat. Und mein
Mann war zutiefst dankbar, daß er seine letzte Zeit daheim verbringen durfte
und nicht in einem nüchternen Spital.
Liebe Grüße Dir,
myrrhe
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