re[3]: Buch: Die Macht der kleinen Schritte -3-
wally * schrieb am
21. Februar 2008 um 18:22 Uhr (1046x gelesen):
Bleiben wir bei dem Beispiel Hausbau
Ein Haus bauen?
Das kann ich nie!
Was Sie aber können: sich hinsetzen, Papier und Kugelschreiber nehmen und mit dem Nach-
denken anfangen, was Sie wohl alles tun müssen, wenn Sie ein Haus wirklich bauern wollen.
Was kostet so ein Haus?
Wie kann ich das Geld beschaffen?
Wo finde ich ein Grundstück?
Wer kann mit dabei helfen?
Nun haben Sie aus dem Riesenberg "Hausbau" schon einmal vier kleinere Berge geschaffen.
Jetzt versuchen Sie, diese in noch kleinere Hügel zu verwandeln, noch mehr zu vereinfachen,
indem Sie zum Beispiel die noch riesengroße Frage "Was kostet so ein Haus?" in weitere
Teilfragen zerlegen:
Wie groß soll mein Haus werden?
Welche Ansprüche habe ich?
Welche davon will ich unbedingt verwirklichen, und auf welche könnte ich eventuell aus Ko-
stengründen verzichten?
Wo erfahre ich etwas über die einzelnen Kosten?
Den Hügel "Wo erfahre ich etwas über die einzelnen Kosten?" tragen Sie weiter ab:
Ich muß etwas über Grundstückspreise erfahren.
Über Baupreise.
Erste Anhaltspunkte auf beide Fragen finden Sie zum Beispiel in Zeitungsangeboten oder
durch Anfragen bei Baubetreuungsfirmen, Wohnbauunternehmen usw.
Nun folgt der nächste Schritt, und der ist jetzt schon ganz klein geworden: Sie müssen Ihre
Tageszeitung holen und die Anzeigen studieren!
Ist das ein übertriebenes Beispiel? Oder ist das nicht allein der Weg, mit dem wir unsere Pro-
bleme in den Griff bekommen können? Ein Weg, der jedem von uns möglich ist, auf dem wir
uns bald zurechtfinden können. Ein Weg, der plötzlich nicht mehr schwer und riesengroß ist,
sondern im Gegenteil in einfache Wegabschnitte zerlegt werden kann.
Und so wird - durch Nachdenken, durch Überschaubarmachen, durch Zerlegen in viele
Einzelschritte - aus dem für Sie anfangs riesenhaften Problem "Hausbau" eine erste, einfache,
leichtlösbare Aufgabe: Zeitungsanzeigen studieren.
Jetzt sagen Sie: "Ja, aber..."
Diese verflixten "Aber" verderben uns oft die ganze Stimmung. Sie machen uns müde und
entschlußlos.
Alle "Aber" sind ähnlich lösbar wie die Frage "Was kostet so ein Haus?"
Nehmen wir eine "Aber"- Frage:
Die Kosten für den Hausbau festzustellen ist ja nicht mehr so schwer. Waren sie zuerst nicht
auch unüberschaubar?
Aber woher soll ich das Geld dafür nehmen? Woher nehme ich das Geld?
Das ist sicher eine der Fragen, die uns im Leben am meisten beschäftigen und sehr oft Proble-
me verursachen, die Frage nach dem Geld.
Ich werde in diesem Buch an späterer Stelle noch näher darauf eingehen, wie wir notwendige
Ansprüche finanzieren oder anderweitig befriedigen können. Bleiben wir jetzt bei der für
unser Beispiel "Hausbau" so wichtigen Frage: Woher nehme ich das Geld?
Unsere erste Reaktion darauf wieder: Das schaffe ich nie.
So viel Geld kann ich nicht zusammenbringen. Oder will ich nicht zusammenbringen, weil es
mit zu große,ja riesengroße Anstrengungen abverlangt? Das wäre ein anderer Fall!
Aber: Das kann ich nie?
Lassen Sie es uns wieder ausprobieren.
Unsere neue, noch schwierigere Frage heißt also:
Woher nehmen wir das Geld?
Wir fangen wieder mit dem Nachdenken und Aufschreiben an:
Bei einer Bank erkundigen.
Bei einer Bausparkasse anfragen.
Mein Sparbuch nachschauen.
Prüfen, welche bisherigen Ausgaben ich einsparen kann. Nicht nur den Wegfall der
bisherigen Miete berücksichtigen. Wenn ich eine so große Aufgabe in Angriff nehmen will,
muß ich größere Anstrengungen unternehmen, als wenn ich nur den Einkauf für die nächste
Woche plane.
Wieviel wert ist mit ein eigenes Haus?
Wieweit also würde ich bereit sein, auf bisherige Vergnügungen und zusätzliche Freuden zu
verzichten und dadurch eingespartes Geld für die Ansparung eines Eigenkapitals verwenden?
Ich kürze hier ab, um Sie mit weiteren Details, die Sie selbst kennen und finden können, nicht
zu langweilen. Am Ende Ihrer Überlegungen zu der so kritischen Frage "Woher nehme ich
das Geld?" werden Sie wieder finden, daß auch hier die Lösung mit ganz kleinen einzelnen,
leicht lösbaren und überhaupt nicht schwierigen Schritten anfängt:
Telefonbuch holen.
Bausparkasse anrufen.
Um schriftliche Auskünfte oder um einen Vertreterbesuch bitten.
Aus dem riesengroßen Problem "Woher nehme ich das Geld?" wird der einfache, kleine
Schritt: Telefonbuch holen und die Nummer einer Bausparkasse suchen.
Der nächste Schritt: anrufen.
Der übernächste: nochmals Papier und Kugelschreiber nehmen und eine Aufstellung der
bisherigen Ersparnisse sowie eine Liste der möglichen Einsparungen erstellen!
Das klingt verblüffend einfach und unglaublich.
Versuchen Sie aber einmal selbst, eine Ihnen viel zu schwer erscheinende Aufgabe in viele
kleine Einzelschritte aufzuteilen. Sie werden erstaunt sein, wie leicht und überschaubar auf
einmal alles wird.
Aus den riesenlangen 1000 Meilen werden für Sie überschaubare Teilstrecken, vor denen Sie
nicht mehr kapitulieren müssen.
Denn "Schritt für Schritt" werden Sie erfahren, daß es immer nur auf den nächsten kleinen
Schritt ankommt und daß der jeweils nächste Schritt nie so schwer ist, daß Sie ihn nicht gehen
könnten:
Der Schritt aus dem Bett heraus
Der Schritt, Papier und Kugelschreiber zu holen.
Der Schritt, sich eine Übersicht zu verschaffen.
Der Schritt, einen Anfang zu machen.
Zuerst nachdenken, dann handeln
Sicher sind die Anforderungen, die heute an jeden einzelnen gestellt werden, viel größer als
früher. Mit dem Leistungsdruck fängt es schon in der Schule an. Mütter werden oft überfor-
dert, wenn es im die schulische Betreuung geht. Denn viele Hausfrauen sind noch "nebenbei"
berufstätig.
Bei der Berufsarbeit wie im öffentlichen Leben gibt es immer mehr Vorschriften. Statt das
Leben zu vereinfachen, statt wirklich "mehr Lebensqualität" zu ermöglichen, wird unser
Leben durch immer neue Gesetze, durch noch mehr Bürokratie immer mehr eingeschränkt
und belastet.
So ist es kein Wunder, wenn heute auch schon Kindergärtnerinnen von Hektik und Streß spre-
chen.
Stimmt das?
Oder ist das oft nur herbeigeredet?
An der Mehrbelastung besteht sicher kein Zweifel.
Oft aber scheint mir das Wort vom "vielen Streß" und der "Hektik" doch auch daher zu kom-
men, daß wir einfach zu leicht den Überblick verlieren, weil wir gar nicht zum Nachdenken
kommen.
Oder besser gesagt: weil wir uns zum Nachdenken keine Zeit mehr nehmen, weil wir glauben,
wir können die vielen anstehenden Aufgaben nur dann erledigen, wenn wir uns möglichst
rasch auf unsere Arbeit stürzen.
Wie sollen wir sonst denn alles "heute noch" schaffen?
Oft werden wir unsicher, ängstlich oder drehen gar durch, wenn wir unseren Arbeitsberg vor
uns sehen.
"Das schaffe ich nie."
Das ist ein geflügeltes Wort, das wir ebenso verwenden, wenn eine einzige riesengroße
Aufgabe, wie zum Beispiel ein Hausbau, vor uns steht oder wenn wir viele Kleinigkeiten
erledigen müssen, die in ihrer Vielzahl sich nicht mehr überschauen lassen.
Wir alle kennen solche Situationen: "Ich weiß nicht mehr, wo ich noch anfangen soll."
Immer dann, wenn ich selbst einmal wieder nicht mehr durchschauen konnte, wenn ich nicht
mehr weitersußte, habe ich erst einmal mein Büro hermetisch abgeriegelt und mich für zehn
oder zwanzig Minuten in die Stille zurückgezogen und nichts anderes mehr getan, als über
meine jetzt vordringlichsten Aufgaben nachzudenken.
Ich weiß noch, wie sehr mich ein Bericht des großen Afrikaforschers Henry Stanley beein-
druckt und beeinflußt hat, der einmal davon erzählt, daß seine Träger in einen Sitzstreik getre-
ten waren und sich strikt geweigert hatten weiterzulaufen. Als alles Zureden nichts half,
brauchte er viel Geduld, bis sie ihm endlich den wirklichen Grund ihrer Weigerung sagten:
"Wir sind jetzt schon seit vielen Tagen unterwegs. Gelaufen und gelaufen. Aber unsere Seelen
sind nicht mitgekommen. Wir müssen warten, bis auch unsere Seelen bei uns sind..."
Schwarze Eingeborene in Afrika zeigen uns hoch modernisierten Euroöäern, wohin wir mit
all unserer Betriebsamkeit kommen: Wir finden nicht mehr zum Nachdenken, nicht mehr zur
Ruhe, weil wir uns dafür keine Zeit mehr nehmen.
Wieviel böse Besserwisserei hat sich heute unter uns eingeschlichen. Wohin Sie auch
kommen, überall können Sie es erleben, daß Ihnen vorschnelle Antworten gegeben und
unüberlegte Hilfen angeboten werden. Kaum haben wir nur einen Gedanken angesprochen, da
weiß unser Gesprächspartner schon eine Lösung, obwohl wir noch gar nicht ausgeredet
haben.
Im Schwarzwald habe ich den schönen Spruch gefunden: Vor dem Mundwerk erst das Hirn-
kastl in Gang setzen!
Und eine bedeutende Frau wie die große Theresia von Avila hat einmal gesagt: Wie viele
Fehler geschehen in der Welt, weil man ohne Überlegung zu Werke geht.
Weil wir uns zur Besinnung, zum Überlegen, zum ruhigen Planen keine Zeit mehr nehmen,
gerät all unser Handeln in Unordnung und unser Leben ständig unter neuen Druck:
Wir machen nicht mehr das zuerst, was unsere im Moment wirklich wichtigste Aufgabe wäre,
sondern das, was uns im Moment als erstes in die Augen fällt, uns als erstes auf den Tisch
kommt.
Wir behinnen also mit weit weniger wichtigen Aufgaben, versäumen daher die wirklich im
Moment notwendigen Pflichten und finden dann am nächsten Tag als neue Belastung das vor,
was wir gestern vergessen haben, was wir eigentlich schon gestern hätten erledigen müssen.
Viel Unruhe und Aufregung entsteht in unserem Leben ganz allein dadurch, daß wir nsere
einzelnen Arbeitsschritte oft nach Zufällen einrichten und nicht mit Überlegung planen. Wie
oft werden wir zum Beispiel von Telefonanrufen nicht nur gestört, sondrn auch von unserer
Arbeit abgelenkt.
Unnötiger Streß und manche Unordnung in unserem Leben entstehen dadurch, daß wir immer
sofort handeln, immer sofort tätig sein wollen. Weil wir glauben, daß Nachdenken und Planen
vergeudete Zeit wären.
Unser Arbeitsbegriff von "fleißig" und "faul" hat sich ja dementsprechend entwickelt. Wehe,
wenn man uns beim Nachdenken "erwischt": "Sie haben wohl nichts anderes zu tun..."
Als "fleißig" gilt nur der Mitarbeiter, den man auch "in Aktion" sehen kann.
Wer in Wirklichkeit immer sofort drauflosarbeitet, ohne vorher über die Rangordnung der
einzelnen Aufgaben nachzudenken, wird aus Überlastung und Sorgen, aus Ängsten und
Depressionen nie herauskommen.
In einem der folgenden Kapitel werde ich noch manches zu diesem Thema sagen und
Hilfestellungen anbieten. Jetzt aber möchte ich mich erst einer sehr wichtigen Quelle vieler
Ängste zuwenden, die leicht mit Nachdenken verwechselt werden kann.
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