re: Trauerarbeit bewältigen,aber wie?
Albine schrieb am 16. November 2006 um 12:13 Uhr (738x gelesen):
Hallo spepesi,
> Sie träumt sehr oft von ihren Eltern und hat das Gefühl sie kann sich nicht verabschieden(was sie ja durch den Unfall auch in Wirklichkeit nicht konnte,sie hat ihre Eltern nicht mehr gesehen),sie hat auch noch so viele unbeantwortete Fragen an ihre Eltern,es geht ihr seelisch sehr schlecht.
... ein Unfall reißt die Menschen, die wir lieben plötzlich und ohne Vorwarnung aus unserem Leben. Wir können nicht vorwärts, nicht rückwärts gehen - so sehr wir es doch möchten.
Mit den Eltern verlieren wir auch ein Stück unserer KIndheit, unserer Sicherheit und unseres Schutzes. Die Eltern stehen oft im zentralen Mittelpunkt eines Menschen - ohne sie fühlt man sich, wie ein Dach ohne Haus - wie ein Herz in zwei Teilen...
Und doch - sind ihre Eltern nicht verschwunden, sie sind nicht weg, unerreichbar oder verloren. In ihrem Herzen haben ihre Eltern einen kostbares und festen Platz gefunden. In ihrer Seele breitet sich ihre Trauer aus, beeinflusst alles und nimmt alles ein. Es braucht ZEIT, um über solche Schicksalschläge "hinweg zu kommen", wobei man nie wirklich ganz darüber hinweg kommen wird. Das ist auch gar nicht nötig. Momentan ist sie erfüllt von Trauer und Hilflosigkeit, sie konnte sich nicht von ihren Eltern verabschieden, obgleich sie wissen, dass ihre Tochter sie liebt.
Zweifel und Angst ziehen Zweifel, Angst und Misslingen an. Sie soll sich Zeit geben, ihre Gedanken nicht einsperren, sie zulassen, herauszuschreien, darüber zu reden.
Dass sie sich von ihren Eltern nicht verabschieden konnte, belastet die Seele - ein Leben lang.
Mein Vater hat seinem Sohn nach seinem Autounfall einen Brief geschrieben - und darin alles, was ihn bewegte und ihm am Herzen lag, hinterlassen. Anschließend legte er den Brief auf den Sag seines Sohnes.
Er glaubt fest daran, dass sein Sohn weiß, dass er ihn immer geliebt hat und immer lieben wird. Und das hilft meinem Daddy - nun schon 11 Jahre lang.
Ich selbst schrieb meinem Bruder viele Jahre später einen langen langen Brief und übergab ihm dann meinem geliebten Fluss.
Ein Andenken der gemeinsamen Zeit mit meiner Hünding vergrub ich nach ihrem Tod an unserem Lieblingsplatz.
Nach dem Tod meiner Tante schrieb auch ich ihr einen Brief und legte ihn ihr mit in die Urne.
Vielleicht hilft es deiner Freundin, dies auch zu tun.
Loslassen, vergessen.... all das ist nicht erforderlich, hilft nichts, sondern belastet eher. In ihrem Herzen sind ihre Eltern - ein Stück von ihr und die gemeinsame Zeit, die sie hatten, kann ihnen niemand mehr nehmen. Und ihre Eltern wachen jeden Tag über sie - das kann ihr Kraft geben, wieder aufzustehen und weiter zu gehen - und sind die Schritte auch noch so klein.
Ich wünsche ihr viel Kraft,
Albine

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- Trauerarbeit bewältigen,aber wie? ~ spepesi - 15.11.2006 20:13 (19)
- re: Trauerarbeit bewältigen,aber wie? ~ Füchsin * 18.11.2006 23:40
- re: Trauerarbeit bewältigen,aber wie? ~ Blauerschmetterling * 18.11.2006 19:30
- re: Trauerarbeit bewältigen,aber wie? ~ Seelchen - 16.11.2006 22:52
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- re: Trauerarbeit bewältigen,aber wie? ~ Albine - 16.11.2006 12:13
- re: Trauerarbeit bewältigen,aber wie? ~ Anemone * 16.11.2006 07:50