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Die Kunst des Handlesens (*)
Re: Trauerarbeit
myrrhe schrieb am 12. Januar 2004 um 12:34 Uhr (547x gelesen):
Hallo Doreen,
da hast Du ja auch sonst schon viel Trauriges erfahren! :-(
> ___ Ja, ich glaube schon,das ich in Gedanken sehr bei meinen
Großeltern war un dbin. Gerade jetzt , macht es mich auch unendlich
traurig, meine Omi immer nur traurig un dmit verweinten Augen zu
sehen. Es ist unendlich schwer ihr zu helfen, wenn man selber noch nicht
drüber weg ist. Damals kurz nach dem Tod von Opi, war sie so stark un
dhat alles gemeistert. Aber jetzt, wo immer mehr Zeit ins Land läuft,
trauert sie immer intensiver. Es macht mich einfach nur traurig. Ich hab
ihr schon oft erzählt, das sie nicht so traurig sein darf, das das auch für
unseren opi nicht gut ist. Sie will immer nur zum ihm, aber sie kann doch
nicht jetzt auch noch gehen. Im Moment hab ich das Gefühl, das sie
daran zerbrechen wird.
---
oh, was Du schilderst, ist aber normal. Zuerst ist der Mensch stark, aber
dann kommen all die Gefühle hoch und brechen sich Bahn. Sei "froh",
daß es geschieht! Man kann nicht immer stark sein. Deine Omi wird die
Trauer auch überwinden. - Ich kenne das aber auch von meinem Vater,
als er um meine Mutter trauerte. Und ich konnte nicht mit ihm
mittrauern, denn ich habe meine eigene Art zu trauern - und das
Mittrauern verbessert nichts. Deshalb auch hier mein Rat an Dich:
versuche, Dich ein wenig "abzuschotten" von der Trauer Deiner Omi, und
sieh, daß Du selbst ihr, indem Du Deine Trauer bewältigst und
voranschreitest, eine Stütze sein kannst!
> -----Ja, ich habe eine eigene Familie, einen ganz lieben Mann und
bereits zwei Kinder und bin jetz im 3. Monat schwanger. Bevor ich jetzt
wieder schwanger geworden bin hatte ich eine Fehlgeburt. Es war einfach
schrecklich, schon wieder musste ich etwas geliebtes hergeben. Schon
wieder so eine Erfahrung.
---
Ja, das kenne ich gut. :-( Bevor mein Mann krank wurde, haben wir
innerhalb eines Jahres drei Elternteile verloren. Und die Jahre vorher
waren geprägt von schweren Krankheiten (u. a. über zwei Jahre
Wachkoma meiner Schwiegermutter, Krebs bei meinem Vater und meiner
Tante). Und wieder mußte ich Abschied nehmen. Ich weiß auch nicht,
warum – aber wir haben uns diese schmerzvollen Erfahrungen selbst
ausgesucht. Ich kann mir gut vorstellen, auch mit einem schwerkranken
Sohn, wie schwer das alles für Dich ist. :-(
Sagst Du Deinem Sohn eh, wo Dein Opi nun ist? Das solltest Du schon
tun: in einer kindergerechten Sprache natürlich. Wirklich, lies einmal E.
Kübler-Ross, Du wirst viel Wahres und Schönes darin finden, das Dir hilft
im Umgang mit dem Tod, auch Deiner Kinder gegenüber.
> Sicherlich werd ich auch um meinen Mann trauern können und auch
um meine Kinder. Aber diese Erfahrung möchte ich nie machen.
---
Das hatte ich mir auch gewünscht .... und mein Mann sich auch. Es kam
anders. Aber wir wachsen und reifen daran - auch wenn es sehr, sehr
weh tut. Frag mich nicht, warum wir immer wieder durch Leid wachsen ...
aber es ist so.
> Ich glaube, da solltest Du ansetzen: Frage Dich, warum
> > Du nicht wirklich Dein Leben, das Leben mit Deiner eigenen Familie
> > lebst.
> ----Ich lebe mein Leben mit meiner Familie, aber im Moment ist das
ohne meine Opi so gut wie unmöglich. Er ist immer präsent, wenn
irgendwas ist, schon bei den kleinsten Alltagsdingen fehlt er mir un dich
denk ständig an.
---
Siehst Du: und genau das solltest Du allmählich bearbeiten. Bei mir war
das auch sehr extrem anfänglich, weil mein Mann die ganzen
"technischen" Arbeiten an sich genommen hatte (ich war ihm da nicht
"gut" genug zu) - und wenn nun irgendwas war im Haus, dann fehlte mir
seine Hand. Aber inzwischen habe ich mich arrangiert; für vieles muß ich
eben Professionisten holen. Geht aber auch. – Du solltest lernen, nicht
bei allen Dingen an Deinen Opi zu denken, sondern, so wie ein
Jugendlicher, das vom Elternhaus weggeht, Dich unabhängig von ihm
machen. Das heißt ja nicht vergessen: nur eben selbst leben.
> --- Nein ich habe keine Zweifel, das ich ihn wirklich gespürt habe.
Selbst jetzt wenn ich hier schreibe, ist mir, als berühre er meine Hand.
Das Gefühl seine Hand am Krankenbett zu halten, ist so intensiv, das
kommt immer wieder. Und auch so, wenn ich mich ganz stark auf ihn
konzentriere, spüre ich, das er da ist. Ich glaub da wirklich dran un dbin
fest davon überzeugt.
---
Ja, siehst Du, was ich vermutet hatte: Du siehst ihn "am Krankenbett",
nicht, wie er wirklich ist. Er ist nicht mehr krank, er ist gesund, denn
seinen Körper hat er längst abgelegt. Du bist dort stehengeblieben, wo
er krank gewesen ist. – Versuche doch, davon Abschied zu nehmen!
Meditiere noch einmal mit ihm ... stell Dir erst die Krankenszene vor,
dann Deinen Opi, wie er gesund und kräftig – im Jenseits - vor Dir steht.
So wie er jetzt IST. Dann bitte ihn, Dir dabei zu helfen, daß Du dieses Bild
von ihm im Inneren siehst und das Krankenbild loslassen kannst. Ich
habe meinen Mann schon recht bald nicht mehr krank gesehen (nur für
die Todesszene habe ich länger gebraucht: das konnte ich an seinem
Todestag auflösen). Für mich ist er gesund und fit ... und genauso, wie er
zu Lebzeiten war ...
> Mein Opi ist nicht weg, er wird niemals weg sein. Für mich ist er nur
einen anderen Weg gegangen, den ich im Moment noch nicht nehmen
kann. Aber ich bin mir auch sicher, das ich ihn irgendwann wieder treffen
werde, ganz bestimmt.
---
Der Weg ist aber kein örtlicher, sondern ein Zustand. Und gerade deshalb
ist es wichtig, Deinen Opi nicht mehr krank zu visualisieren. Er ist ganz
gesund! :-) Und er ist da, seine Liebe ist immer da. Auch wenn ihr eure
eigenen Leben lebt und auch leben müßt. Wir leben unsere Leben nicht
mit den Toten. Das ist nicht anders, als würde Dein Opi etwa
ausgewandert sein nach Australien, und ihr hättet kein Geld, einander zu
besuchen. Ihr wüßtet, der andere existiert, aber ihr könnt nicht
miteinander leben. (mal abgesehen von der Kommunikation via Tel. und
Brief.)
Also nochmal mein Rat an Dich: werde aktiv, bewege Dich aus Deiner
erstarrten Trauer heraus ...versuche es, es tut Dir nur gut! Und Deinem
Opi auch, er möchte nicht, daß Du trauerst, und vor allem bindet es ihn
auch selbst. So hörte ich es einst von meinem Mann: daß der
Hinterbliebene und der Verstorbene in ihrer Trauer zusammenhängen,
daß sie es sich, wenn sie nicht loslassen können, gegenseitig schwer
machen. Besonders der Verstorbene könnte - kann aber nicht wirklich,
wenn der Hinterbliebene hängt. Tu es also auch für Deinen Opi ... für
Deine Familie ... für Deine Omi, der Du dann helfen kannst in ihrem
Schmerz. Denn Du hast das Wissen, daß es weitergeht ...
Dir wünsche ich Licht und Kraft dazu,
myrrhe
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