Jepp...was soll man dem hinzufügen..danke für den Text im Forum.....
"Selbst dann ohne Augen seh ich keinen Tod"
Michael
www.alleinssein.de.vu
> Vom Wesen der Erleuchtung
> Wir sind gewohnt, den Terminus »Erleuchtung« für religiöse oder mystische Offenbarungen zu verwenden und sprechen im weltlichen Raume mehr von Intuition. Aber im Grunde genommen bedeutet jede Einsicht in Zusammenhänge, die allein mit den Mitteln analytischen Denkens so nicht möglich wäre, einen Akt der Erleuchtung. Insofern gibt es sie auch in der Wissenschaft und in allen Gebieten, die kreativer und schöpferischer Natur sind. Diese intuitive Zusammenschau geschieht überraschend, sie kann im Traume geschehen, im Grübeln über ein Problem, in der Meditation. Voraussetzung ist, daß dafür im Unterbewußten ein Potential vorhanden ist, das sich als plötzliche Lösung eines Problems im Bewußtseinsraum anbietet.
> Dies ist ein wichtiger Punkt für jede Erleuchtung: Sie ist das Resultat unbewußter Konfiguration in uns, die über den Intellekt ihre Darstellung findet. Der Vorgang der Erleuchtung folgt immer derselben Gesetzmäßigkeit. Zunächst ist die Ahnung eines unbewußten Zusammenhangs vorhanden. Eine Lösung der anstehenden Frage ist wohl noch nicht sichtbar, aber unser Unterbewußtsein arbeitet bereits intensiv an der Antwort. Etwas Neues will sich darstellen. Wir versuchen nun, das sich Andeutende in den Griff zu bekommen, arbeiten an seiner Aufhellung, konzentrieren uns - engen also unser Bewußtsein auf diesen Punkt ein und erzeugen damit eine meditative Haltung.
> Unser Problem beschäftigt uns Tag und Nacht, wir nehmen es hinüber mit in den Schlaf, wo es im Unterbewußtsein weiter erscheint - und so kann es geschehen, daß der gesuchte mathematische Zusammenhang, der musikalische Ausdruck eines Themas oder eine bestimmte religiöse Einsicht plötzlich wie von selbst in unserem Bewußtsein auftauchen. Die angestrebte Lösung fällt uns dann »wie Schuppen von den Augen«. Diesen Vorgang des Auftauchens erleben wir ja oft, wenn wir vergebens nach einem vergessenen Begriff suchen, der sich später ganz von selbst einstellt.
> Mystische Erleuchtungen, welche die Gesamtsituation unseres Wesens zur Projektion bringen, sind relativ selten. Tritt Erkenntnis als Erleuchtung in unsere Seele, wird das vorhandene unbewußte Potential schockartig frei und bringt nicht nur metaphorisch »Licht«, sondern erhellt buchstäblich optisch das Bewußtsein. Der Erleuchtete erlebt Licht als unmittelbare Anschauung.
> Das Überwältigende an dieser Erleuchtung ist nun, daß sie zu »ihrer Zeit« in den Bewußtseinsraum einbricht und als Wahrheit vor uns steht. Sie ist ein Akt von Selbsterkenntnis und macht uns damit zu Erkennenden in einer Sache, die uns vordem unbekannt war. Das Erschaute ist nicht fremd, sondern gewährt Einblick in einen Zusammenhang, dem wir ursächlich selbst angehören. Wir werden gewahr, daß wir vorher nur an der Außenfläche des Bewußtseins lebten, jetzt aber Einsicht in einen inneren Zusammenhang erhalten. Aber Erleuchtung ist nicht nur Erkenntnis in Zusammenhänge, sondern unmittelbare Beteiligung daran.
> Dieser Vorgang sprengt die gewohnte Realität und führt uns vor einen metaphysischen Hintergrund. Er führt uns zu einer Sicht unserer Existenz, von der wir nichts wußten, selbst wenn wir daran glaubten. Erleuchtung dieses Grades verwandelt uns auch dann, wenn wir sie vorher für unmöglich hielten: Schließlich ist das Beispiel eines Saulus, der dadurch zu Paulus wurde, gewissermaßen aktenkundig, und wir brauchen uns nicht näher damit zu beschäftigen. Jede Ganzheitsschau ist ein religiöses Phänomen, wie verschieden ihre Ausdrucksformen auch immer sein mögen. Wenn wir in den Schriften der Mystiker und Erwachten Heiligen lesen, erhalten wir eine Ahnung ihrer elementaren Gewalt bei dem Einbruch ins Bewußtsein.
> Echte Erleuchtung entflammt das ganze Bewußtsein. Wie ein Blitz kann sie aus der Dunkelheit des Unbewußten -oder Überbewußten - herausschlagen, und wie er schafft sie sofort ein Kraftfeld. Das Sinnes-Nervensystem wird sensibilisiert erregt, die Inhalte des Unterbewußtseins werden aktiviert, der ganze psychophysische Habitus reagiert in affektiver Weise.
> Visionen und Imaginationen stellen sich dar, Stigmen und andere Anomalien psychosomatischen Erlebens treten auf bis hin zu paranormalen Erscheinungen. Viele Verzückungszustände der Mystiker - Erwachten sind dadurch gekennzeichnet.
> Aber es wäre falsch, den Grad einer Erleuchtung an ihnen messen zu wollen. Es sind nur seelisch - körperliche Begleiterscheinungen, die von der Konstitution des einzelnen abhängig sind. Wenn wir die Inhalte einer Erleuchtung gegeneinander abwägen, zeigt sich die Abhängigkeit vom Grad der Transzendierung.
> Als Beispiel seien hier Johannes auf Patmos und Buddha erwähnt. Die Offenbarungen Johannes zeigen ein großartiges Panorama: Visionen von archaischer Kraft, eine mythologische Bildwelt und symbolisierte Mächte, die Belohnung und Strafe, Verhängnis und Erlösung versinnbildlichen. Ob man diese Schau nun eschatologisch oder tiefenpsychologisch werten will -, sie bietet in jedem Falle eine Fülle von Analogien und dramatischen Prophezeiungen, die in der Geschichte und in der Ich-Persönlichkeit des Menschen ihren Niederschlag finden.
> Anders bei Buddha. Seine Erleuchtung unter dem Boddhi Baum läßt ihn gerade diese Bildwelt als Täuschung empfinden. Die Gegensätze sind ihm Schein, der erkannt und damit überwunden werden muß. Sein Ich hat er hinter sich gelassen, weil er dessen bestimmende Werte als Illusion erkannt hat. Während Johannes visionär das Ich als Mittelpunkt göttlichen Wirkens erfährt, ruht Buddha jenseits davon an der äußersten Grenze seines Bewußtseins im Übergang zum Unendlichen.
> Hier werden zwei Entgegengesetzte Pole einer Wahrheit gezeigt, die beide zutreffen: einmal für das Leben des Ichs vor Gott, einmal für den Übergang ins Göttliche. Wir sehen, daß jeder Erleuchtete - Erwachte die Schau seiner Erfahrung geben muß. Wir verspüren, daß seine Einsicht ihm eine hohe Form der Wahrheit offenbarte und akzeptieren diese. Allerdings werden auch wir uns immer nach dem Gesetz der Entsprechung verhalten müssen, das nur Wesensverwandtes zur inneren Wirklichkeit werden läßt. Was uns am Erleuchteten - Erwachten so verehrungswürdig ist, bleibt in jedem Falle der spirituelle Hintergrund seiner Schau und die Transzendenz, die in ihm Gestalt angenommen hat. Sie läßt uns hoffen, daß in ihr unsere Träume und Visionen Wahrheit werden und sie gibt uns Kraft, diesen Spuren zu folgen.
> Was uns aber letztlich befreit, ist nicht der Erleuchtete - es ist unsere eigene Erleuchtung. Nach der Wahrheit eines anderen können wir auf die Dauer nicht leben. Wir müssen selbst zur Wahrheit werden, soll sich unser Wesen erfüllen.
> Namaste
> Ashtavakra