Nichtige und anfechtbare
Beschlüsse
Beschlüsse, die gegen das Gesetz, die
guten Sitten oder die Vereinssatzung
verstoßen, sind nichtig. Will ein Vereinsmitglied
aus anderen Gründen die
Nichtigkeit eines Beschlusses geltend
machen oder ihn anfechten, so darf
das Gericht aber nur die formelle Ordnungsmäßigkeit
des Verfahrens der
Mitgliederversammlung, nicht aber
den Inhalt der von ihr gefassten Beschlüsse
nachprüfen. Dieser Grundsatz
gilt auch für den Ausschluss eines
Mitglieds aus einem Verein.
Beispiel:
In der Mitgliederversammlung des
Sportvereins „Teutonia“ verlassen drei
Mitglieder unter lauten Protest- und
Schmährufen gegen den Vorstand den
Saal. Einer der drei „Rebellen“ ist das
Vereinsmitglied Scharf, das ohnehin sehr
„unbeliebt” ist. Man nimmt diesen Vorfall
also als willkommenen Anlass, ihn
aus dem Verein auszuschließen.
Der Ausschluss beruht auf der Feststellung,
dem Scharf falle wegen seiner
Beteiligung am Auszug aus der Mitgliederversammlung
ein unsportliches und
unwürdiges Verhalten zur Last, das das
Ansehen des Clubs gefährdet habe.
Die übrigen beiden Mitglieder, die
ebenfalls den Saal verlassen haben,
wurden nicht ausgeschlossen. Scharf
möchte nun den Ausschluss anfechten.
Die Nachprüfung der Ordnungsmäßigkeit
des Beschlusses, d.h. die
Frage, ob der Beschluss über den Vereinsausschluss
von dem zuständigen
Vereinsorgan mit der erforderlichen
Stimmenzahl gefasst wurde, steht dem
Gericht unbeschränkt zu. Ergeben sich
hierbei keine Bedenken, d.h. ist das
Ausschlussverfahren in Ordnung, so
erhebt sich die Frage, ob das Gericht
auch die sachliche Berechtigung des
Ausschlusses nachprüfen kann.
Die Feststellung, das Verhalten des
Mitglieds Scharf stelle einen Ausschlussgrund
im Sinne der Satzung
dar, gehört zu den Maßnahmen, die
ein Verein in Ausübung seiner Vereinsgewalt
eigenverantwortlich zu treffen
hat und die gerichtlich nur in engen
Grenzen nachgeprüft werden können.
Das Gericht kann also auch hier nur
prüfen, ob der Ausschluss gegen das
Gesetz, gegen die guten Sitten oder
die Vereinssatzung verstößt. Ferner
kann das Gericht noch nachprüfen, ob
der Ausschluss aus den besonderen
Gründen des Einzelfalles offenbar
unbillig ist.
Diese Grundsätze, auf unser obiges
Beispiel angewendet, ergeben
Folgendes: Der Sachverhalt liefert keine
Anhaltspunkte, dass irgendwelche
Verfahrensvorschriften verletzt wurden.
Es muss daher unterstellt werden,
dass der Ausschluss vor dem zuständigen
Vereinsorgan mit der erforderlichen
Stimmenzahl beschlossen wurde.
Die Feststellung des Vereins, Scharf
habe sich wegen seiner Beteiligung am
Auszug aus der Mitgliederversammlung
unsportlich und unwürdig verhalten,
was den Ausschluss mit der Satzung
rechtfertigt, kann vom Gericht
nicht nachgeprüft werden. Der Ausschluss
gehört zur eigenverantwortlichen
Vereinsverwaltung, in die das
Gericht nur eingreifen kann, wenn ein
Verstoß gegen das Gesetz, die guten
Sitten oder die Vereinssatzung vorliegt.
Der Verein hat gegen die beiden anderen
Mitglieder, die die Versammlung
zum selben Zeitpunkt und unter denselben
Umständen verlassen haben
wie Scharf, kein Ausschlussverfahren
eingeleitet. Wenn der Verein dem
Scharf keine Tatsachen zur Last legen
kann, die es rechtfertigen, sein Verhalten
schwerer als das der übrigen Beteiligten
zu bewerten, hat der Verein
gleichgelagerte Fälle zu Lasten des
Scharf ohne sachlichen Grund ungleich
behandelt. Damit hat er gegen
den Grundsatz der gleichmäßigen
Behandlung der Mitglieder verstoßen,
der im Vereinsrecht allgemein gilt und
auch im Ausschlussverfahren zu
beachten ist.
Zwar steht es im freien Ermessen
eines Vereins, ob er im Einzelfall von
einem nach der Satzung gegebenen
Ausschlussgrund Gebrauch machen
will oder nicht. Ein Mitglied hat aber
einen Anspruch darauf, in gleichliegenden
Fällen nicht schlechter behandelt
zu werden als andere Mitglieder.
Verstößt ein Verein gegen diesen
Grundsatz, dann ist das eine rechtsfehlerhafte
Ausübung des Ermessens,
die den Ausschluss zu einer offenbar
unbilligen und damit rechtlich unwirksamen
Maßnahme macht.
In jeder Art von Vereinen unterwerfen
sich die Mitglieder mit ihrem Eintritt
der Vereinsstrafgewalt immer nur unter
der Voraussetzung, der Verein werde
von ihr jedenfalls nicht in der Weise
Gebrauch machen, dass dies offensichtlich
der Billigkeit widerspricht.
Der Ausschluss des Vereinsmitglieds
Scharf wurde aus diesen Gründen vom
Gericht aufgehoben.
Quelle:
http://www.bfv.de/bfv/pages/recht_regeln/vereinsrechts_themen/Vereinsrecht.pdf
Herzliche Grüße,
Edgar