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Re: die Erhebung des Menschen
myrrhe schrieb am 22. Februar 2004 um 9:05 Uhr (433x gelesen):

Liebe Anna,

Du hast natürlich recht in dem, daß die Geschmäcker - und erst recht die
kulturellen - verschieden sind.
Die Diskussion ging eigentlich davon aus, daß es schön wäre, neben all dem
Kitsch auch einmal Kunst zu sehen/hören. Und ich halte es mit Nikolaus
Harnoncourt, der sagt, daß Kunst - ebenso wie religio (nicht: Kirche) - die
wichtigsten Eckpfeiler in unserer Gesellschaft sind, weil sie zur Spiritualität
erheben. Das tut flache Musik (Kaufhausgedudel, Schlager) nicht.

Nun soll dies nicht heißen, immer und überall nur Kunst zu präsentieren:
denn unsere Gesellschaft ist nun einmal nicht sonderlich spirituell orientiert,
und was die Menschen nicht schon mit der Muttermilch eingesogen
bekommen haben, kann später nicht mehr (oder kaum mehr) nachgeholt
werden. Aber dennoch sollte man bedenken: wenn man ständig erhebende
Texte bringt, sollte man dazu nicht auch erhebende Kunst bringen? Kitsch
steht dem genau entgegen, er senkt, statt zu erheben. Damit ist nicht das
Schön-Finden gemeint, sondern der dahinter stehende spirituelle Aspekt, der
Ausdruck im Gesicht eines Heiligen etwa, den eben nur ein Künstler, einer der
selbst spirituell ist, rüberbringen kann. Genauso in Musik.

Kunst ist nicht "schön"! Kunst hat auch nicht den Anspruch, schön zu sein.
Kunst ist Ausdruck, ist Individualität, ist Leben. Kunst kann einen Menschen,
der sich einläßt, verändern.
Kunst wurde in den letzten 100 Jahren mehr und mehr degeneriert, sie wurde
zum Beruhigungsmittel degradiert. Das ist sie nicht! Sie ist pulsierendes
Leben! Mancher Künstler wurde im 18. und noch im 19. Jahrhundert ins
Gefängnis geworfen, weil er "gefährliche" Kunst machte, für oder gegen die
Revolution etwa. Beethoven seicht? seine Eroica ist voll von Anspielungen
gegen Napoleon, und die Menschen damals verstanden das! Der Künstler
mußte immer versuchen, sich an der Zensur vorbeizumogeln ... gerade so viel
schreiben/malen, daß es noch durchging ...
DAS ist Kunst. Und sie vermag, auch wenn sie nicht mehr heute verboten wird
(Gottseidank), den Menschen zu bewegen, auf den Weg zu bringen, sie
vermag spirituell zu vertiefen.

Warum Menschen Popularmusik bevorzugen? einfach aus dem Grund, daß sie
zugedeckt, "beruhigt" werden, nebenbei eingelullt werden wollen. Wie
Kaufhausmusik oder Shows im TV. Eine aufregende Beethoven-Symphonie,
wo man zuhören muß, tut das nicht.

> Kindern setzt man auch nicht eine komplitzierte Fuge vor und erwartet,
dass sie sie mögen und damit etwas anfangen können. Musikalische 'Kinder'
sind aber die meisten Menschen.
---
Täusche Dich nicht: Kinder, die mit Musik aufwachsen, hören sehr früh auch
"komplizierte" Musik und mögen sie. :-) - Aber natürlich, die Regel ist es
nicht. Aber wie auch: wenn die Eltern AR mögen, wie sollen die Kinder dann
Bach mögen? wenn sie im Mutterleib mit Schlagern bespielt wurden, wie
sollten sie was mit Beethoven anfangen? Ich finde es immer toll, und das
passiert, wenn ein Kind irgendwann drauf kommt: Mensch, Beethoven ist
eigentlich klasse!

> Karlheinz Böhm spielte den Menschen in Entwicklungsländern mehrmals
Beethoven vor (ich glaube, es war eine Sinfonie) und erntete nur Gelächter!
Ich denke mal, im Busch wird es ähnlich sein oder bei unverdorbenen (!)
Naturvölkern. Eine komplizierte Kunst kann nur jemand genießen und achten,
der darauf trainiert ist.
---
nun, das ist klar. Kulturelle Unterschiede kann man nicht verwischen. Wir
verstehen auch keine echte Buschmusik. Selbst die Japaner, die ihre eigene
Musik mehr und mehr verleugnen, um sich der westlichen Musik zu widmen,
spielen diese nach - wirklich aus dem Inneren heraus empfinden tun sie es
nicht (zumindest die älteren Generationen, heute verwischen sich auch hier
die Grenzen).
Das hat aber mit verschiedenen Kulturen zu tun und nichts mit dem
Kunstempfinden innerhalb einer kulturellen Gesellschaft, und wir reden ja
hier von der westlichen Gesellschaft. Und Kunst mit "kompliziert" zu
vergleichen, heißt, genau daran vorbeizugehen. Kunst ist nicht kompliziert,
sie verinnerlicht. Ist die Pietà von Michelangelo "kompliziert"??

> Da stellt sich für mich doch die Frage: ist solche Musik und Kunst
überhaupt natürlich? Ist sie nicht schon weit von natürlicher Empfindung
entfernt?
---
Für jede Kultur ist ihre Kunst natürlich - Kunst aber, nicht Kitsch. Wir sehen
das bei uns auch: echte Volksmusik ist natürlich und etwas sehr Tiefes, die im
TV verbreitete Volksmusik (Moik) ist Kitsch und hat mit der echten nur noch
den Namen gemeinsam. Hast Du mal eine Bäuerin ein Volkslied singen hören?
und höre dagegen eine "Stefanie" ein Liedl trällern.
Und wahre Kunst, siehe oben, ist natürlich, weil sie spirituell inspiriert ist.
Hätte ein Bach Werke schreiben können, voll von Zahlensymbolik, ohne
Rechenschieber? Spiegelfugen, die genau bis zur Mitte gehen und dann, Ton
für Ton, rückwärts wieder ablaufen oder auch horizontal gespiegelt, und es
ist "Musik" in jedem Ton, nicht konstruiert (wie die 12tontechnik) und auch
nicht "kompliziert" zu hören? Bei anderen Völkern ist dies nicht anders, nur
eben für uns nicht verständlich. Es ist eben gerade die Inspiration, die Kunst
erhöht. Sie ist Ausdruck, sie ist Leben.

> Als Lehrerin sollte man sich in jeden Menschen hineinversetzen und die
Musik geben, die er verstehen kann. Wenn man sich mal ganz leer macht von
ANSPRÜCHEN (als "gebildeter" Mensch), kann man verstehen, weshalb das,
was du Kitsch nennst, für andere sehr schön ist.
> Ein Verständnis für komplizierte Musik kann man einfach nicht fordern,
meine ich nur. Und der Mensch ist deswegen nicht ein bisschen schlechter
oder unentwickelter. Im Gegenteil. Mir ist jemand lieber, der A.R. ;-) hört und
herzlich ist als jemand, der sich gebildet wähnt und sich als Fiesling
entpuppt, wie es leider oft der Fall ist!
---
Kunst hat mit oberflächlicher Schönheit nichts zu tun - siehe oben. Sie kann
deshalb einen Menschen auch nicht verändern. Und das hat nichts mit Stolz
("ich bin gebildet, deshalb besser") zu tun, sondern einfach mit einer
Tatsache. Kunst ist auch nicht "kompliziert", wie Du annimmst. Der
Gegensatz zwischen Kunst und Kitsch heißt nicht: "kompliziert - schön",
sondern er heißt: original, mit Empfindung - nachgeahmt, ohne Empfindung.

Natürlich stehen Kunst vs. Kitsch nicht in Verbindung mit dem Charakter
eines Menschen, haben also nichts mit Schlechtigkeit oder Güte zu tun. Aber
mit spiritueller Entwicklung, und darum geht es doch letztlich: denn wo ein
Anspruch auf Erhebung des Menschen gefordert wird, gehört Kunst dazu.

Lieben Gruß,
myrrhe

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