Re: zu - Amerika Amerika
Jassu schrieb am 1. Januar 2004 um 22:42 Uhr (452x gelesen):
Ich werde jetzt einmal vom "hohen moralischen Ross" aus schreiben, selbst wenn dies von mancher Seite vermutlich als "nicht zeitgemäß" betitelt werden wird:
Ein Unrecht rechtfertigt nicht ein anderes.
Es klingt so einfach, so furchtbar naiv und idealistisch, so völlig uneingedenk all der Grauzonen, die es in diesem Konflikt zu beachten gilt. Und dennoch läuft es im Endeffekt darauf hinaus. Kann man sich der Mittel des Gegners bedienen, ohne selbst so zu werden wie jene, gegen die man zu Felde zieht? Niemand hier will - so hoffe ich zumindest - ernsthaft Saddam Hussein und sein stalinistisches Terrorregiment unterstützen. Aber selbst wenn man in Betracht zieht, wie viele Unschuldige unter Saddams Herrschaft vielleicht sterben werden, wenn dieser Krieg NICHT stattfindet, selbst wenn man hier das "Geringere von zwei Übeln" sucht, macht dies den geplanten Waffengang nicht weniger unrecht. Und eben *das* ist das Wesentliche. Manche mögen darüber die Nase rümpfen, und Gerechtigkeit in die Domäne weltfremder Zivilisationsweichlinge verweisen, die in Elfenbeintürmen sitzen, bis diese irgendwann unter ihnen einstürzen. Aber es bleibt dabei: Die USA ähneln heute vielmehr einer südamerikanischen Diktatur als einem demokratischen Staat, sowohl außen- wie auch innenpolitisch. Da gibt es nichts dran zu rütteln. Und daher sind die Vereinigten Staaten auch eine größere Bedrohung für den Weltfrieden als ein regional relativ eingeschränkter und zudem noch von Sanktionen arg geschwächter Saddam Hussein.
Oh, und noch ein Wort zur "armen Wirtschaft" des Ingo: Die Gehälter der Führungsriege sind seit 1980 um 157% gestiegen. Manager, die ihren Job total verbocken, kriegen Millionenabfindungen. Und die Abschaffung des Kündigungsschutzes hat schon unter Kohl nicht *einen* Arbeitsplatz geschaffen. Und was den Einbruch am "neuen Markt" angeht: Hallo? Das ist ein typischer Effekt der freien Marktwirtschaft! Erst springen tausende von kleinen Firmen auf den Zug der neuen Technologie auf, und am Ende setzen sich eine handvoll risikoarmer, wenig innovativer Boliden durch. Eine Parallele? Das Automobil! In den zwanziger Jahren gab es z.B. an der amerikanischen Börse über HUNDERT Autofirmen - zehn Jahre später noch acht. Und heute sind es so etwa 2 1/2. Aber die arme, arme Wirtschaft krankt ja soooo sehr, dass wir unbedingt den Sozialstaat demontieren und uns an internationale (sprich: amerikanische) Verhältnisse anpassen müssen! Da freut sich der Unternehmer! Da winken Erfolg und Wohlstand! Besonders für jene, die ihn bereits haben. Und irgendwann lebt hier auch ein Drittel der Kinder unter der Armutsgrenze, wie im großen "Land of Plenty". Also erzähle mir bloß nicht, wie arm doch die Wirtschaft dran sei!

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