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re: Was die einen Meinen...
Chord * schrieb am 13. April 2007 um 23:13 Uhr (1063x gelesen):

> und die anderen zu wissen denken ist ein Unterschied!
> Nur weil eine Erziehung in dem Sinne der Eltern 'funktioniert' heisst es nochlange nicht das es die Richtige ist.
> Und danke übrigens das ADS-Kinder als Behindert abgestempelt werden.
> Wenn es eine Behinderung wäre gäbe es eine Erklährung dafür die auf Biologische oder Höhere Ursache zurückzuführen ist.
> Alles ist eine Kopf-sache.
> Geist über Materie
> Materie über Seele
> Seele über Geist.
>
> Was wir wissen wollen entscheidet unser Gefühl , was wir tun entscheidet unser Denken und was wir wann fühlen wird durch äusserliche Einflüsse bestimmt.
> Der freie Wille und das Bewusstsein wird übrigens NICHT davon beeinflusst.
>
> Es gab mal eine Reportage über ein Hochbegabteninternat auf RTL... übrigens der Grund für meine Aufregung.
> In ihr wurde gesagt das jeder Hochbegabte gleichzeitig ADS oder ADHS hätte.
> Mein Gedächtnis kann mich natürlich auch täuschen... in diesem Punkt.
> Aber:
> Es wurde unmissverständlich betont das Hochbegabte bemitleidenswerte seelisch/geistig behinderte Menschen seien.
> Och es hätte mir nur oberflächlich zu denken gegeben....
> Wenn ich nicht selbst Schüler dieses Internates gewesen wäre!
>
> Faszinierend was die Mase doch bestimmen darf... sie darf bestimmen was behindert und normal ist.
> Nur weil es nicht ihren Vorstellungen entspricht.
> Mich würde interessieren was die Masse denken würde wenn alle wüssten das 99% der Menschheit das Borderlinesyndrom hat.
> Und es bei den restlichen 1% nur nicht klar nachgewisen werden kann.
> Wenn sie begreifen würden was das heisst.
>
> Ich erwähne das relativ selten das ich dort war.
> Kein Wunder!
> Wissen die anderen davon behandeln sie mich zumeisst wie ein Aussätzigen oder denken ich wär allwissend oder ein Heuchler der das nur vorgibt!
> Einerseits nennt man mich dumm, ohne meinen Hintergrund zu kennen, oder man fragt mich andrerseits warum ich nicht das und das und das kann , ich sei ja Hochbegabt!
>
> Schaut euch mal bei all diesen Menschen die hier schreiben und all diesen milliarden Menschen die auf anderen Foren in anderen Ländern schreiben , in Kirchen oder andere vergleichbare Einrichtungen gehen oder ihren kleinen Altar oder Glücksbringer und Talisman zuhause haben die Welt an!
> Und dann sagt mir , warum die Welt trotz all diesen in wahrheit heimlichen Nachdenklichen Gestalten und Wesen nicht um EINEN Funken besser ist als in dem Moment als ihr das nochnicht wusstet?
> Alle beten sie doch keiner Glaubt.
>
> Aggressionsentladung :Ende
>
> Nifalir...
> gez:
> De swadde Schalk


Hallo schwarzer Schalk,

es ist schwer darauf zu antworten, wenn du deine Infos von einer Fernsehsendung beziehst. Tatsächlich ist es nicht so, dass Hochbegabung mit Ads gleichzusetzen ist. Dazu hätte schon eine Anfrage an die Betroffenen in einem Hochbegabtenforum oder Ads-Forum gereicht. (Ich kann mir auch nur schwer vorstellen, dass das wirklich s o in der TV-Sendung gesagt worden ist, da beides Themen sind die in den letzten Jahren doch einigermaßen Bekanntheit erlangt haben und man ein gewisses Grundwissen wohl auch bei TV-Redaktionen voraussetzen kann.)
Ads ist von verschiedenen anderen Dingen nur schwer abzugrenzen, da es auch keine Möglichkeit (zumindest keine finanzierbare) gibt, ADS anhand einer körperlichen Untersuchung nachzuweisen, erfolgt eine korrekte Diagnose eigentlich dadurch, dass eine Reihe Ausschlussdiagnosen gemacht werden. Das ist ein im Grunde langwieriges Verfahren (beschrieben in den FAQ auf www.adhs.ch), das in der Praxis oft leider aus Kostengründen abgekürzt wird. Fehldiagnosen - in beide Richtungen ! - sind die Folge. (Und es gibt durchaus auch Hochbegabte, die a u c h ADS haben, es folgt aber weder aus Hochbegabung zwingend ADS, noch aus ADS zwingend Hochbegabung - was ADS betrifft, ist die Intelligenz völlig normalverteilt - die ADS-Betroffenen unterscheiden sich hinsichtlich der Intelligenz also nicht vom Rest der Bevölkerung, klarerweise gibt es daher a u c h Hochbegabte unter ihnen.)
Tatsächlich gibt es ganz massive Hinweise darauf, dass bei ADS erbliche Faktoren eine erhebliche Rolle spielen. Außerdem konnte man gewisse Besonderheiten in Hirnvorgängen bei ADS-Betroffenen nachweisen - dies ist aber so aufwendig, dass man es nicht zu Diagnosezwecken einsetzt.
ADS-Betroffene sind behindert, und sie werden behindert, wenn der Leidensdruck ein gewisses Level übersteigt. Es gibt auch ADS-Betroffene, die mit ihrem ADS lange Jahre irgendwie zurechtkommen, und bei denen es erst dann "auszubrechen scheint", wenn die Belastungen rundum zu groß werden, es gibt auch ADS-Betroffene, die mit ihrem ADS ganz gut leben können, weil sie viel kompensieren können oder in besonders günstigen, auf ihre Bedürfnisse passenden, Umweltbedingungen leben und arbeiten.
Die meisten empfinden ihr ADS als manchmal sehr hinderlich und manchmal auch sehr bereichernd - es gibt auch eine ganze Reihe von für ADS-Betroffenen typischen positiven Eigenschaften, etwa Gerechtigkeitssinn, Kreativität, Menschen nicht afugrund deren gesellschaftlicher Stellung unterschiedlich zu behandeln usw.
Aber wenn jemand schlecht sieht, und keine Brille verfügt, dann ist er behindert - insofern verstehe ich nicht, warum du dich so sehr gegen das Wort sträubst. ADS hat eine lange Geschichte, es gibt umfangreiche Schilderungen Betroffener und auch Untersuchungen dazu, in welcher Art und Weise sich ADS hinderlich auswirkt. So ist eine der größten Schwierigkeiten, dass bei ADS-Betroffenen oft die "Filterung" gestört ist - sie können wichtige Reize von unwichtigen nicht unterscheiden, und haben so z.B. Probleme, einem Gesprächsverlauf zu folgen, sie können auch in aller Regel mit Smalltalk nichts anfangen. Oft entstehen daraus auch kommunikaive Missverständnisse, die in weiterer Folge zu Auseinandersetzungen mit der Umgebung des Betroffenen führen, und dieser wird als "schwierig", "streitsüchtig" etc. abgestempelt. Eine weitere Schwierigkeit ist, dass ADS-Betroffene aus dem selben Grund Schwierigkeiten mit Planen, Organisieren und Zeiteinteilung haben - es fällt ihnen schwer zu erkennen, wenn sie mehrere Sachen zu bearbeiten haben, dass eines davon gerade höchste Priorität hat, weil in 3 Tagen Abgabetermin ist oder dgl. Und typisch ist auch, dass sie z.B. in ein Zimmer gehen, um irgendetwas zu holen, dass sie gerade für ihre Arbeit benötigen, dort in dem Zimmer dann etwas anderes sehen und letztendlich ganz woanders "landen" und vergessen haben, weswegen sie eigentlich ins Zimmer gegangen sind, nicht selten auch dann die Arbeit im anderen Raum. Das klingt auf den ersten Blick lustig, ist es aber ganz und gar nicht, wenn einem das oft und auch bei wesentlichen Dingen passiert (nicht nur beruflich, auch im privaten Bereich - du versprichst z.B. jemanden abzuholen und "vergisst" auf die Weise drauf und dgl. Ein Freudianer würde auf Verdrängung tippen, das ist hier aber definitiv nicht der Fall, weil es wirklich oft und bei allem und jedem auftreten kann).
Lustigerweise schaffen ADS-Betroffene oft auf den letzten Drücker dann "Höchstleistungen". Alles in allem kann das aber - und ist es auch bei vielen - ein masssiv belastender Zustand sein, teils durch die individuelle Eigenart bedingt (man nimmt Dinge anders wahr als andere und auf eine Weise, die fast unweigerlich zu Konflikten und Auseinandersetzungen mit der Umwelt führt), teils durch die - oft wenig einfühlsamen - Reaktionen der Umwelt auf die individuellen Eigenarten. Jemand mit ADS kann offensichtlich - das ist leider so - in unserer Gesellschaft in aller Regel kein "unbeschwertes, unbehindertes" Leben führen. In aller Regel ist es ein Zusammenspiel von behindert sein (behindert ist jetzt hier definiert als Abweichung von der Norm) und behindert werden durch die Gesellschaft. Natürlich ist jede Klassifizierung einer Krankheit im Grunde eine Kopfsache, mich ärgert nur immer, wenn Meldungen aufkommen wie dass ADS eine Modekrankheit wäre, die es nicht gäbe, während gleichzeitig niemand an der Existenz von Depressionen zweifelt und Menschen kiloweise mit Psychopharmaka vollgestopft werden. Für ADS in leichteren Graden benötigt man auch überhaupt keine medikamentöse Therapie, in schwereren Graden hat sich Ritalin + begleitende Verhaltenstherapie als sehr wirksam erwiesen .- und es ist um etliches (!!) länger erprobt und hat weniger Nebenwirkungen als fast alle der gängigen Antidepressiva und Psychopharmaka, von den Neuroleptika ganz zu schweigen. Ich kenne auch betroffene Menschen, die einen langen Leidensweg hinter sich hatten, weil ihnen alle möglichen Krankheiten angedichtet wurden, und äußerst bereitwillig (!) verschiedenste Antidepressiva oder Psychopharmaka über Jahre, in manchen Fällen fast ein oder zwei Jahrzehntelang verschrieben wurden, ohne dass dies nennenswerte WIrkung zeigte, währned die Betroffenen auf Ritalin gut ansprachen. Gleichfalls sind mir Fälle bekannt, die in der Jugend Ritalin bekommen hatten, und denen es dann im Erwachsenalter abgesetzt wurde, mit der Begründung, ADS wachse sich aus und wäre im Erwacshsenenalter nicht vorhanden. Diese Menschen machten oft eine ganze Latte beruflicher und sozialer Schwierigkeitn durch, bis sie dann endlich wieder wegen ihres ADS behandelt wurden.
Gleichzeitig gibt es auch welche, die Ritalin vorübergehend einnahmen und es in dieser Zeit schafften, ihre Lebensumstände zu "stabilisieren", sodass sie es danach nicht mehr einnehmen mussten bzw. es nur noch gezielt bei Bedarf einnehmen. "Süchtig" wird übrigens kein einziger ADS-Betroffener, weil es geradezu typisch für sie ist, auf die Medikamentennahme oft zu vergessen. Und es gibt Untersuchungen, die z.B. belegen, dass die Kriminalitäts- und Suizidalitätrate bei Menschen, bei denen im Jugendalter ADS diagnostiziert wurde, deutlich ansteigt, wenn ihr ADS unbehandelt bleibt. Weiters gibt es Untersuchungen, die die Wirkung einer nur medimantösen mit einer rein psychotherapeutischen und einer kombinierten Therapie verglichen - überraschenderweise (auf den 1. Blick) erwies sich eine rein psychotherapeutische Therapie bei schwereren Fällen von ADS als so gut wie wirkungslos (was aber irgendwie auch nciht sonderlich überrascht, wenn man die "Filter"schwierigkeit von ADS-Betroffenen berücksichtigt - durch Gespräche allein kann man daran nichts ändern, das wäre in etwa so, als ob du einem Kurzsichtigen durch gutes Zureden zu einem besseren Sehvermögen verhelfen magst; ich kenne auch Aussagen von Betroffenen, die erzählt hatten, dass sie erst durch und anch der medikamentösen Behandlung von einer Psychotherapie überhaupt irgendetwas profitieren konnten), und außerdem erwies sich die kombiniert medikamentös-psychotherapeutisch-orientierte Therapie nur als schwach erfolgreicher als die rein medikamentöse Therapie. (Wozu zu sagen ist, dass hier nur eine Therapieform, nämlich Verhaltenstherapie getestet wurde - wobei das allerdings jene ist, die generell die besten Resultate bei ADS-Betroffenen gezeigt hat.) Einigermaßen gute und vielversprechende Resultate git es auch mit Biofeedback (eine allerdings sehr teure Therapie), und auch auf dem Feld der Meditation und ähnlicher Dinge ist vermutlich noch längst nicht alles erprobt worden, was vereinzelt schon zu beachtlichen Erfolgen geführt hat.
Jedenfalls hab ich auch keine großen Schwierigkeiten damit, ADS als "Behinderung" anzusehen - die Schwierigkeiten liegen wohl eher in unserer Gesellschaft, die das Wort "behindert" so dermaßen negativ konnotiert. In den USA ist das z.B. weit weniger der Fall und dort gibt es ein relativ gut ausgebautes System von Rechten für Behinderung - dort wird ADS z.B. selbstverständlich als Behinderung anerkannt, und in Schule und Studium darauf Rücksicht genommen, es ist dort auch kein "Makel", wenn man ADS hat. In unseren deutschsprachigen Ländern sieht das ganz anders aus, hier verschweigen ADS-Betroffene ihr ADS meist (solange es geht), weil sie im Fall des Bekanntwerdens nicht Erleichterungen und Rücksichtnahme, sondern Erschwernisse bis hin zum Mobbing befürchten müssen, und das durchaus nicht ganz grundlos.

Alles Liebe

Chord

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