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Re: American Way of Life: das große Fressen
Ismar schrieb am 15. Juli 2004 um 18:18 Uhr (747x gelesen):
Um der großen Fettsucht auf die Spur zu kommen, die sich mit epidemischer Kraft über den nordamerikanischen Kontinent ausbreitet, ernährte er sich 30 Tage lang ausschließlich von Produkten der Fast Food-Kette McDonald's, das heißt drei volle Burger-Mahlzeiten pro Tag.
Spurlock folgt während der 30 Tage strikten Regeln: Er schluckt nur, was es bei McDonald's gibt; er verspeist im Laufe des Monats jedes McDonalds-Gericht mindestens einmal; Aufessen ist Pflicht, auch wenn es die "Super Size"-Variante ist, also die preiswerte, extra-große Portion, die gerade Jugendliche so mögen.
Die Frage, die sich Spurlock stellte: Jeder weiß, dass Fast Food ungesund ist. Aber wie ungesund ist es tatsächlich? Und: Warum sind die USA die fetteste Nation auf Erden? Tatsächlich ist McDonald's, die weltweit größte Fast Food-Kette, immer noch auf Expansionskurs. Sie verköstigt täglich so viele Menschen, wie beispielsweise in Spanien leben.
Vor seinem Selbstversuch wandte sich Spurlock an ein Team von Experten: einen Internisten, einen Kardiologen und einen Gastroenterologen. Die drei Ärzte attestierten ihm beste Gesundheit und Top-Form, ein Monat Cuisine à la McDonald's könne da nicht so viel anrichten.
Doch nach einigen Wochen stellten die überraschten Mediziner fest, dass so ziemlich gar nichts mehr an ihrem vormals drahtigen und munteren Patienten funktionierte: Neben einer Gewichtszunahme von 25 Pfund klagte Spurlock über Kopfschmerzen und depressive Verstimmungen, litt unter Herz-Rhythmus-Störungen, seine Blutwerte waren katastrophal, seine Leber glich - wie ein Arzt charmant formulierte - der gestopften Leber einer französischen Gans und seine Libido war quasi nicht mehr existent.
Das Grundübel der Fast-Food-Ernährung liegt vielleicht nicht allein in der Art und Zubereitung der Produkte selbst, sondern in den Mengen, die dem Konsumenten verabreicht werden. Selten bleibt es bei einem simplen Cheeseburger, da muss es schon der Big Mac sein, auch Pommes Frites isst man nicht mehr in kleinen Tütchen wie vor 20 Jahren, sondern in Kisten à 600 Kalorien, und Getränke gibt es nicht mehr in Bechern, sondern eher in Eimer ähnlichen Behältnissen - so viel mehr Nahrung für einen minimalen Aufschlag, das ist die "Super Size"- Revolution!
Seinen Selbstversuch - minutiös dokumentiert Spurlock die Stufen seines physischen und psychischen Verfalls - verknüpft der Filmemacher mit einer Reise quer durch das Amerika des großen Fressens zu einem witzigen und ironischen Dokumentarfilm.
Er zeigt etwa, wie rührend sich McDonald's vor allem der lieben Kleinen annimmt, die auf den McDonald's Spielpätzen herumtollen und ihre Geburtstage gern als Burger-Orgien feiern, die im Quiz zwar das Antlitz Jesu nicht erkennen, dafür aber das Konterfei von Ronald McDonald, dem Fast Food-Maskottchen.
Spurlocks vernichtende Bilanz dieses Selbstversuchs ist der bislang spektakulärste Angriff auf eine Ernährungsweise, deren Schadensbilanz nicht nur die amerikanische Gesellschaft immer mehr beunruhigt. Fast 37 Prozent der US-Bürger sind übergewichtig, bei den Erwachsenen sollen es sogar zwei Drittel sein. Und fünf Prozent dieser erwachsenen Amerikaner haben auch deshalb mehr als 100 Pfund zu viel auf den Rippen, weil in den USA rund 40 Prozent aller Mahlzeiten außer Haus eingenommen werden. Diese Fakten haben den Filmemacher, der sich bei Reality-TV-Sendungen bereits einen Namen gemacht hat, zu seinem ersten Kinofilm motiviert.
Der Konzern reagierte umgehend. Zunächst mit Klageandrohungen. Dann mit einer "Das-kann-man-so-nicht-sehen"-Marketing-Kampagne, die teurer war als Spurlocks Film. Und schließlich nahm er die "Super-Size"-Menüs aus dem Programm.
Spurlocks Film erinnert in seiner Machart an die Dokumentarfilme von Michael Moore. Dessen Sendungsbewusstsein und moralischen Eifer muss man schon mögen, um sich auch bei Spurlock gut aufgehoben zu fühlen. Aber das Genre des Dokumentarfilms boomt wie schon lange nicht mehr. Auf dem Sundance-Film-Festival erhielt Spurlock für "Super Size Me" den Preis für die beste Regie.
LG
Ismar

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