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Handlesen: Die Kunst des Handlesens (*) Nostradamus: Europas berühmtester Prophet (hp)
Re: was lustiges oder ernstes?
Sharina schrieb am 7. September 2002 um 13:57 Uhr (425x gelesen):

> Hallo,
> >
> > ich habe kurzfristig beschlossen, mich aktiv für unsere Umwelt
> > einzusetzen.
> >
> > Gestern morgen habe ich einen Werbespot mit Günter Jauch gesehen,
> > dem zu entnehmen war, daß die Krombacher Brauerei und
> > Greenpeace ein beispielloses Projekt zur Rettung des Urwaldes ins
> > Leben gerufen haben:
> >
> > Für jeden getrunkenen Kasten Krombacher Bier werden sie 1 m² Urwald
> > retten.
> >
> > In mir erwachte sofort der bisher tief in meinem Innersten
> > verborgen gewesene Naturfreund und Umweltschützer und so beschloß ich,
> > auch meinen Beitrag zur Rettung der Urwälder beizutragen.
> >
> > Während ich so mit der Rettung des einen oder anderen Meters
> > Regenwald beschäftigt war, kam meine Freundin nach Hause. Bei
> > der anschließend geführten, hitzigen Debatte mit ihr machte ich
> > vermutlich die gleiche Erfahrung wie Tausende andere
> > Umweltschützer vor mir auch: Ich stieß auf völliges Unverständnis.
> > Der Urwald schien ihr völlig egal, mein Engagement für die Natur
> > und das Leben aller Menschen lehnte sie völlig ab. Sie wollte nicht
> > verstehen, daß man eine so große Aktion wie die Rettung der
> > Natur nicht aufschieben kann, ganz gleich, ob es erst Vormittag ist
> > oder nicht.
> >
> > Da sie in keinster Weise einsichtig war und man(n) bereit sein muß,
> > für die Vollbringung solcher Taten Opfer zu bringen, verließ ich
> > das Haus.
> >
> > Niedergeschlagen, nein traurig, lief ich zunächst ziellos umher.
> > Angst beschlich meine Gedanken. Angst um die Wälder. Verzweiflung
> > machte sich tief in meinem Inneren breit, denn mit jeder
> > verstrichenen Minute hätte ich wieder einige Quadratzentimeter
> > unwiderbringlicher Natur retten können.
> >
> > Die Angst schnürte meine Kehle zu, die Verzweiflung ließ meinen
> > Hals austrocknen.
> >
> > Wie groß war da meine Freude, als ich unerwartet auf eine
> > Versammlung gleichgesinnter Umweltaktivisten traf! Ich erkannte sie
> > sofort, denn als Zeichen ihrer Verbundenheit hielten sie alle eine
> > Flasche Krombacher in der Hand, die sie demonstrativ leerten.
> >
> > Schnell nahmen sie mich in ihre Mitte auf und so erfuhr ich sehr
> > bald, daß einige von ihnen sich bereits seit Jahren mit der Rettung
> > ganzer Kontinente beschäftigen, unbeachtet von der Öffentlichkeit,
> > genau hier an diesem Kiosk! Ich bewunderte die Zeichen ihres
> > teilweise jahrelangen Kampfes: Die von den Entbehrungen
> > ausgemergelten Körper, die zum Aufforsten nötigen, prallen Bäuche, den
> > Geruch nach Jahrtausende altem Urwaldboden, die mannigfaltigen
> > Insekten und ich übersah auch nicht, daß sich einige beim Kampf
> > um die Natur wohl die Zähne ausgebissen hatten.
> >
> > Nachdem wir zusammen eine ungefähr tennisplatzgroße Menge
> > natürlichem Urwaldes gerettet hatten stellte ich fest, daß der Schutz
> > und die Rettung der Umwelt ihren Tribut zollten. Durch das lange
> > Stehen schmerzten meine Füße, die Waden krampften, selbst die
> > Zunge war durch die langen Debatten in ihrer Funktionsweise
> > beeinträchtigt: Ich hatte immer größere Mühen beim Aussprechen der
> > großen Buchstaben eines Satzes oder Wortes. Aus diesem Grund
> > beschloß ich, die Versammlung zu verlassen und machte mich auf
> > die Suche nach weiteren Mitstreitern.
> >
> > In einer Gaststätte ganz in der Nähe wurde ich dann auch sofort
> > wieder fündig: Gut ein halbes Dutzend Umweltler hatte sich dort
> > eingefunden und arbeitete hier im Verborgenen an der Rettung der
> > natürlichen Ressourcen. Schnell war ich aufgenommen. Ich war
> > gerührt als der Wirt meine Hand nahm und mir sagte: "Junge, rette
> > den Urwald, wir zählen auf Dich", und orderte die 4. Lokalrunde,
> > um unsere Aktion voranzutreiben. Da die anderen Gäste darauf
> > bestanden, neben dem Urwald auch zusätzlich Gebiete wie die
> > Sahara, die Wüste Gobi und den Rheingau wieder aufzuforsten und
> > somit auch den Aufbau des heimischen Waldbestandes zu
> > unterstützen, blieb mir nichts anderes übrig, als zu der Runde noch
> > Jägermeister zu ordern.
> >
> > Ganz schwindlig war mir vor Stolz und Glück, als ich viel später
> > die Kneipe verließ. Plötzlich sah ich die Welt mit anderen Augen!
> > Leicht verschwommen zwar, aber dafür sah, nein fühlte ich, daß sich
> > unsere gute Mutter Erde drehte. Nicht gleichmäßig und in eine
> > Richtung, nein, es waren eher ruckartige Bewegungen in abwechselnde
> > Richtungen. Welch eine Erfahrung!
> >
> > Vor Glück taumelnd lief ich zu meinem Auto und beschloß, einen
> > Demonstrationszug durch die Kneipen der Innenstadt durchzuführen,
> > um die vielen, anderen Menschen auf die Probleme aufmerksam zu
> > machen.
> >
> > So fuhr ich in Richtung Stadt und war gerade einem Ozonloch
> > ausgewichen als ich am Straßenrand einen Streifenwagen entdeckte.
> > Auf der Fahrbahn standen mehrere Polizisten und schauten in meine
> > Richtung. Sie mußten von meinem Vorhaben erfahren haben,
> > denn sie hielten gezielt mein Fahrzeug an. Von Vorkontrollen bei
> > Demonstrationen hatte ich ja bereits gehört, war aber dennoch
> > verwundert, wie schnell sich das rumgesprochen hatte.
> >
> > Nachdem ich angehalten und aus meinem Wagen gestiegen war,
> > entschloß ich mich zu einer spontanen Sitzblockade auf der
> > Straße. Wenn ich im nachhinein darüber nachdenke, war es keine
> > rationell erklärbare Aktion, eher ein Zwang meines Unterbe-
> > wußtseins. Ich saß und mein Körper weigerte sich, wieder
> > aufzustehen. Mir widerfuhr das gleiche Schicksal wie Sitzblockierern in
> > Brockdorf oder entlang der Castor - Strecke: Ich wurde durch die
> > Polizisten weggetragen. Auch sie wollten den Ernst der Lage nicht
> > verstehen, obwohl ich sie immer wieder darüber aufklärte.
> >
> > Später auf dem Revier erschien dann endlich ein vernünftiger
> > Mensch. Er hörte sich mein Problem in aller Ruhe und sichtbar
> > interessiert an und erklärte mir dann, daß er die Anzahl der von
> > mir geretteten Bäume feststellen wolle. Ich hätte den Schutz der
> > Umwelt quasi im Blut und er bräuchte aus diesem Grund etwas davon.
> > Ich war glücklich, diesen verständnisvollen Menschen
> > getroffen zu haben. Mein Engagement würde amtlich festgehalten und
> > der Nachwelt erhalten!
> >
> > Dafür gab ich ihm gerne mein Blut.
> >
> > Wenig später befand ich mich zu Fuß auf dem Weg nach Hause. Meinen
> > Wagen hatten die netten Beamten behalten, damit er durch
> > seine Abgase nicht alle meine Bemühungen wieder zerstört, wie sie
> > mir erklärten. Auch haben sie mir fest versprochen, nach dem
> > Recyclingverfahren aus meinem Führerschein ein Flugblatt zur
> > Unterstützung der Rettungsaktion zu machen.
> >
> > Froh und mit der Gewissheit, etwas Großartiges getan zu haben ging
> > ich dann nach Hause. Unterwegs rettete ich an der Tankstelle
> > noch ein paar Pflänzchen und erinnerte mich an eine alte Weissagung
> > der Indianer:
> >
> > Erst, wenn die letzte Ölplattform versenkt, die letzte Tankstelle
> > geschlossen, das letzte Auto stillgelegt, die letzte Autobahn begrünt
> > ist, werdet Ihr feststellen, daß Greenpeace nachts kein Bier
> > verkauft.
> >
> > In diesem Sinne wünsche ich einen frohen Tag. Ich geh jetzt nochmal
> > 'n bisschen Wald retten...

Hallo burps,

wie immer beschreibst du die Dinge sehr schön und ausführlich. Ich danke dir für das Lächeln, das du mir auf diese Art und Weise beschert hast.

Es ist gut zu wissen, dass wir alle noch nicht frohlockend auf unserer Wolke sitzen.

Ich wünsche dir noch viel Erfolg bei der Rettung des Regenwaldes an diesem Wochenende.

Licht und Liebe, Sharina

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