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Handlesen:
Die Kunst des Handlesens (*)
Nostradamus:
Europas berühmtester Prophet (hp)
was lustiges oder ernstes?
burps schrieb am 7. September 2002 um 6:55 Uhr (456x gelesen):
Hallo,
>
> ich habe kurzfristig beschlossen, mich aktiv für unsere Umwelt
> einzusetzen.
>
> Gestern morgen habe ich einen Werbespot mit Günter Jauch gesehen,
> dem zu entnehmen war, daß die Krombacher Brauerei und
> Greenpeace ein beispielloses Projekt zur Rettung des Urwaldes ins
> Leben gerufen haben:
>
> Für jeden getrunkenen Kasten Krombacher Bier werden sie 1 m² Urwald
> retten.
>
> In mir erwachte sofort der bisher tief in meinem Innersten
> verborgen gewesene Naturfreund und Umweltschützer und so beschloß ich,
> auch meinen Beitrag zur Rettung der Urwälder beizutragen.
>
> Während ich so mit der Rettung des einen oder anderen Meters
> Regenwald beschäftigt war, kam meine Freundin nach Hause. Bei
> der anschließend geführten, hitzigen Debatte mit ihr machte ich
> vermutlich die gleiche Erfahrung wie Tausende andere
> Umweltschützer vor mir auch: Ich stieß auf völliges Unverständnis.
> Der Urwald schien ihr völlig egal, mein Engagement für die Natur
> und das Leben aller Menschen lehnte sie völlig ab. Sie wollte nicht
> verstehen, daß man eine so große Aktion wie die Rettung der
> Natur nicht aufschieben kann, ganz gleich, ob es erst Vormittag ist
> oder nicht.
>
> Da sie in keinster Weise einsichtig war und man(n) bereit sein muß,
> für die Vollbringung solcher Taten Opfer zu bringen, verließ ich
> das Haus.
>
> Niedergeschlagen, nein traurig, lief ich zunächst ziellos umher.
> Angst beschlich meine Gedanken. Angst um die Wälder. Verzweiflung
> machte sich tief in meinem Inneren breit, denn mit jeder
> verstrichenen Minute hätte ich wieder einige Quadratzentimeter
> unwiderbringlicher Natur retten können.
>
> Die Angst schnürte meine Kehle zu, die Verzweiflung ließ meinen
> Hals austrocknen.
>
> Wie groß war da meine Freude, als ich unerwartet auf eine
> Versammlung gleichgesinnter Umweltaktivisten traf! Ich erkannte sie
> sofort, denn als Zeichen ihrer Verbundenheit hielten sie alle eine
> Flasche Krombacher in der Hand, die sie demonstrativ leerten.
>
> Schnell nahmen sie mich in ihre Mitte auf und so erfuhr ich sehr
> bald, daß einige von ihnen sich bereits seit Jahren mit der Rettung
> ganzer Kontinente beschäftigen, unbeachtet von der Öffentlichkeit,
> genau hier an diesem Kiosk! Ich bewunderte die Zeichen ihres
> teilweise jahrelangen Kampfes: Die von den Entbehrungen
> ausgemergelten Körper, die zum Aufforsten nötigen, prallen Bäuche, den
> Geruch nach Jahrtausende altem Urwaldboden, die mannigfaltigen
> Insekten und ich übersah auch nicht, daß sich einige beim Kampf
> um die Natur wohl die Zähne ausgebissen hatten.
>
> Nachdem wir zusammen eine ungefähr tennisplatzgroße Menge
> natürlichem Urwaldes gerettet hatten stellte ich fest, daß der Schutz
> und die Rettung der Umwelt ihren Tribut zollten. Durch das lange
> Stehen schmerzten meine Füße, die Waden krampften, selbst die
> Zunge war durch die langen Debatten in ihrer Funktionsweise
> beeinträchtigt: Ich hatte immer größere Mühen beim Aussprechen der
> großen Buchstaben eines Satzes oder Wortes. Aus diesem Grund
> beschloß ich, die Versammlung zu verlassen und machte mich auf
> die Suche nach weiteren Mitstreitern.
>
> In einer Gaststätte ganz in der Nähe wurde ich dann auch sofort
> wieder fündig: Gut ein halbes Dutzend Umweltler hatte sich dort
> eingefunden und arbeitete hier im Verborgenen an der Rettung der
> natürlichen Ressourcen. Schnell war ich aufgenommen. Ich war
> gerührt als der Wirt meine Hand nahm und mir sagte: "Junge, rette
> den Urwald, wir zählen auf Dich", und orderte die 4. Lokalrunde,
> um unsere Aktion voranzutreiben. Da die anderen Gäste darauf
> bestanden, neben dem Urwald auch zusätzlich Gebiete wie die
> Sahara, die Wüste Gobi und den Rheingau wieder aufzuforsten und
> somit auch den Aufbau des heimischen Waldbestandes zu
> unterstützen, blieb mir nichts anderes übrig, als zu der Runde noch
> Jägermeister zu ordern.
>
> Ganz schwindlig war mir vor Stolz und Glück, als ich viel später
> die Kneipe verließ. Plötzlich sah ich die Welt mit anderen Augen!
> Leicht verschwommen zwar, aber dafür sah, nein fühlte ich, daß sich
> unsere gute Mutter Erde drehte. Nicht gleichmäßig und in eine
> Richtung, nein, es waren eher ruckartige Bewegungen in abwechselnde
> Richtungen. Welch eine Erfahrung!
>
> Vor Glück taumelnd lief ich zu meinem Auto und beschloß, einen
> Demonstrationszug durch die Kneipen der Innenstadt durchzuführen,
> um die vielen, anderen Menschen auf die Probleme aufmerksam zu
> machen.
>
> So fuhr ich in Richtung Stadt und war gerade einem Ozonloch
> ausgewichen als ich am Straßenrand einen Streifenwagen entdeckte.
> Auf der Fahrbahn standen mehrere Polizisten und schauten in meine
> Richtung. Sie mußten von meinem Vorhaben erfahren haben,
> denn sie hielten gezielt mein Fahrzeug an. Von Vorkontrollen bei
> Demonstrationen hatte ich ja bereits gehört, war aber dennoch
> verwundert, wie schnell sich das rumgesprochen hatte.
>
> Nachdem ich angehalten und aus meinem Wagen gestiegen war,
> entschloß ich mich zu einer spontanen Sitzblockade auf der
> Straße. Wenn ich im nachhinein darüber nachdenke, war es keine
> rationell erklärbare Aktion, eher ein Zwang meines Unterbe-
> wußtseins. Ich saß und mein Körper weigerte sich, wieder
> aufzustehen. Mir widerfuhr das gleiche Schicksal wie Sitzblockierern in
> Brockdorf oder entlang der Castor - Strecke: Ich wurde durch die
> Polizisten weggetragen. Auch sie wollten den Ernst der Lage nicht
> verstehen, obwohl ich sie immer wieder darüber aufklärte.
>
> Später auf dem Revier erschien dann endlich ein vernünftiger
> Mensch. Er hörte sich mein Problem in aller Ruhe und sichtbar
> interessiert an und erklärte mir dann, daß er die Anzahl der von
> mir geretteten Bäume feststellen wolle. Ich hätte den Schutz der
> Umwelt quasi im Blut und er bräuchte aus diesem Grund etwas davon.
> Ich war glücklich, diesen verständnisvollen Menschen
> getroffen zu haben. Mein Engagement würde amtlich festgehalten und
> der Nachwelt erhalten!
>
> Dafür gab ich ihm gerne mein Blut.
>
> Wenig später befand ich mich zu Fuß auf dem Weg nach Hause. Meinen
> Wagen hatten die netten Beamten behalten, damit er durch
> seine Abgase nicht alle meine Bemühungen wieder zerstört, wie sie
> mir erklärten. Auch haben sie mir fest versprochen, nach dem
> Recyclingverfahren aus meinem Führerschein ein Flugblatt zur
> Unterstützung der Rettungsaktion zu machen.
>
> Froh und mit der Gewissheit, etwas Großartiges getan zu haben ging
> ich dann nach Hause. Unterwegs rettete ich an der Tankstelle
> noch ein paar Pflänzchen und erinnerte mich an eine alte Weissagung
> der Indianer:
>
> Erst, wenn die letzte Ölplattform versenkt, die letzte Tankstelle
> geschlossen, das letzte Auto stillgelegt, die letzte Autobahn begrünt
> ist, werdet Ihr feststellen, daß Greenpeace nachts kein Bier
> verkauft.
>
> In diesem Sinne wünsche ich einen frohen Tag. Ich geh jetzt nochmal
> 'n bisschen Wald retten...
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Diskussionsverlauf:
- was lustiges oder ernstes? ~ burps - 07.09.2002 06:55 (10) [neu]