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zur Abtreibung von Menschen
Elisabeth schrieb am 4. April 2005 um 17:00 Uhr (463x gelesen):

> Christen die für Abtreibung sind, die verwundern mich da schon erheblich mehr.

Es gibt keine Christen, die "für die Abtreibung von noch nicht geborenen Menschen" sind. Allerdings ist es ebenfalls unchristlich, statt zu versuchen, betroffenen Frauen und Männern, die vor dieser Entscheidung stehen oder bereits einmal einen Menschen abgetrieben haben, in ihrer Situation beizustehen, und zu versuchen an den Faktoren, die sie dazu gebracht haben, an Abtreibung zu denken, etwas zu ändern (was man sowohl im Einzelfall als auch, und das vor allem, gesamtgesellschaftlich anpacken müsste), diesen Frauen und Männern stereotyp entgegenzuschreien "Abtreibung ist Mord!Du bist eine Mörderin!" - was leider die typische Haltung gerade vieler Anti-Abtreibungsaktivisten ist - sie tun weder den betroffenen Frauen und Männern noch dem Anliegen, das sie eigentlich vertreten (wenn sie es denn vertreten, manchmal hat man echt das Gefühl, es geht ihnen nur darum, sich über diese Frauen zu erheben), etwas Gutes. - Damit meine ich ausdrücklich nicht alle, die gegen Abtreibung sind (ich finde es auch entsetzlich, dass heute so viele Menschen abgetrieben werden, obwohl zumindest in unseren Breiten allen die Möglichkeit offensteht, zu verhüten; ebenfalls entsetzlich finde ich die erschreckende Kinderfeindlichkeit in der Gesellschaft - habe in eniem Forum mal erlebt, dass ein junges Mädchen, dessen Freund arbeitslos war und die selbst im vorletzten Jahr ihrer Ausbidung stand, als asozial und Sozialschmarotzer beschimpft wurde von etlichen, nur weil sie schwanger war und sich bewusst für ihr Kind entschieden hatte - es kommen stereotyp Argumente, wie dass sie viel zu jung wäre und psychisch nciht reif dafür (und das, obwohl anhand dessen, was sie schrieb, eine ziemlich große Reife für ihr Alter zu erkennen war), dass es unverantwortlich ist, in so einer Situation ein Kind zu bekommen und vieles mehr, leider waren nur ganz wenige Menschen auf ihrer Seite - ich habe in meiner Kindheit zwei Fälle von Teenagerschwangerschaften in meiner eigenen Klasse erlebt, beides waren erwünschte Kinder von den jeweiligen Partner der Mädchen, beide Fälle verliefen völlig problemlos, weil sowohl von familiärer Seite als auch vom gesamten Umfeld Unterstützung da war und sich alle auf das Baby freuten - das eine Mädchen war bei der Geburt keine 16, das andere keine 18 Jahre alt, die Väter standen in beiden Fällen auch zu den Kindern), sondern jene (und es sind leider viele), die sich so verhalten. Als Christ kann man nicht Menschen, die einmal einen Fehler begangen haben - wie groß dieser auch immer gewesen sein mag - deswegen einfach bewusst anders - nämlich schlechter - behandeln als andere. Es ist nicht christlich, eine Mutter, die abgetrieben hat und deswegen Schuldgefühle, damit allein zu lassen und, statt ihr zu helfen, sie zu ächten.
Aus dem selben Grund habe ich auch nie eine Unterschrift unter eine dieser Anti-Abtreibungs-Listen gesetzt, obwohl ich den vertretenen Anliegen inhaltlich fast immer sehr nahestehe, während ich mit "Mein Bauch gehört mir!" überhaupt nichts anfangen kann und es widerlich finde, ein Kind quasi als Körperteil und Sache zu betrachten, über das man einfach verfügen kann und ihm das Lebensrecht absprechen.
Früher wurden Fälle wie vergewaltigte Frauen in solchen Antiabtreibungslisten nicht erwähnt - in der letzten, die ich mir heute jetzt anschaute, wurde das Abtreibungsgebot in so einem Fall nicht mehr gefordert, und war auch eingeschränkt auf "zumindest wenn das Ungeborene gesund ist" - das bestärkt mich nun erst recht in meiner Entscheidung, dass ich nie meine Unterschrift auf so eine Liste gesetzt habe - und zeigt mir, dass da wenig bis gar kein Gefühl, weder für die Frauen noch für die betroffenen Kinder, dahintersteht. Wäre da Gefühl, würde es sich genauso auf kranke Ungeborene erstrecken. (Es war nicht mal die Rede von schwerwiegendsten körperlichen Missbildungen und Fehlfunktionen - wenn bekannt ist, dass ein Baby innerhalb von wenigen Tagen nach der Geburt sterben würde und keine Chance hätte zu überleben oder eine Krankheit, die mit nicht linderbaren unerträglichen Qualen verbunden ist, könnte ich die Entscheidung, es so frühzeitig wie möglich abzutreiben, noch nachvollziehen, aber es wurde nicht einmal angeführt, dass nur solche ganz schlimmen Fehlfunktionen gemeint wären, sondern allgemein von "gesund" geredet - also das Lebensrecht für gesunde Ungeborene wurde vehementest eingefordert, was aus kranken Ungeborenen wird, schien unwichtig zu sein oder vernachlässigbar. Und "krank" ist sehr vieles, was auch nur eine Handbreit von der Norm abweicht - mit wievielen Behinderungen und Krankheiten ist man durchaus noch in der Lage, ein wunderbares Leben zu führen!)
Aber ich kann weder sagen, dass ich wirklich in allen Fällen gegen Abtreibung bin - z.B. in dem Fall der 13/14-jährigen Britin, die nach einer Vergewaltigung
schwanger wurde, habe ich großes Verständnis für die Entscheidung ihrer Eltern, auch wenn ich nicht sagen kann, ob sie "richtig" oder "falsch" war. Aber es war einfach so widerlich, auch wie sich die Kirche damals verhalten hat, k e i n Wort über die furchtbaren Probleme dieses einzelnen Mädchens und ihrer Familie und nur stereotype Verurteilungen.
Wäre meine Tochter betroffen, und sie hätte das Kind austragen wollen, hätte ich es ihr bestimmt nicht ausgeredet und sie dabei unterstützt und dafür gesorgt, dass sie auch psychologische Hilfe bekommt, um das alles bewältigen zu können, aber ich glaube nicht, dass ich sie dazu gezwungen hätte, wenn sie sich von der ganzen Situation zutiefst überfordert gefühlt hätte (was in so einem Fall ja wohl auch zutrifft) und wenn durch die Geburt tatsächlich ihr eigenes Leben bedroht gewesen wäre (in so einem Alter sind manche Mädchen anatomisch noch nicht ausgereift für eine Geburt), hätte ich meine Tochter sogar möglicherweise selbst dazu überredet, abzutreiben - das ist nicht christlich, weil nach christlichen Leben das Leben des Ungeborenen genauso viel wert ist wie das eines bereits lebenden Menschen, aber menschlich finde ich das durchaus verständlich und nachvollziehbar, dass mir als Mutter meine Tochter einfach nähersteht, als deren ungeborenes, noch dazu unter solch widrigen Umständen entstandenes Kind.

Alles Liebe,

Elisabeth


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