Re: das Denken des Herzens
myrrhe schrieb am 20. Februar 2003 um 21:43 Uhr (444x gelesen):
"Wir sehen, hören, reichen, fühlen – und meinen, das 
wäre es schon. […] Und doch ist es nur ein Bruchteil 
selbst der organisch wahrnehmbaren Welt – es gibt 
Tiere, die viel mehr sehen als wir, und die anderes 
sehen. […] Es gibt Tiere, die viel mehr hören als wir: 
Hunde, aber auch viele andere Tiere hören hohe Töne, 
wo für uns nur Stille herrscht; unsere Ohren nehmen 
höchstens 18.000 Schwingungen pro Sekunde wahr, 
es gibt aber Ohren, die noch mehrere Oktaven höher 
hören. – Und was riechen wir denn? Wo Tiere 
kilometerweit Witterung aufnehmen, Duftmarken 
setzen, ein Weltbild der Gerüche aufnehmen, ist für uns 
nichts zu riechen, nichts…
wenn man die Sinnesorgane aller Lebewesen 
zusammengefaßt besäße, sähe die Welt ganz anders 
aus: leuchtender, bunter, tiefer, tönend in 
unerhörtenKlängen, duftend in unendlicher Vielfalt. Gott 
sei Dank haben wir da ja noch unsere Gescheitheit – 
so bauen wir uns Krücken und Geräte, mit denen wir 
das alles auch können: bei Nacht sehen, Ultraschall 
und Röntgen und Echolot und Radar... Aber wie arm 
bleiben wir trotz allem hinter dem unendlichen 
Multi-Media-Werk Natur zurück. Mit all unserer 
Wissenschaft erschaffen wir nichts, bleiben wir nur 
Beobachter. All unsere Forschung öffnet nur Türen, 
hinter denen wieder verschlossene Türen sind, den 
letzten Grund können wir nie finden. Der Maßstab des 
Forschers ist der der Vernunft und des logischen 
Denkens; er bricht irgendwo zusammen, ist zu klein, 
um Wesentliches zu erfassen.
Es ist wohl noch etwas hinter den Dingen – wovon wir 
wissen und doch nicht wissen –, das "Denken des 
Herzens" schafft uns unbeweisbare Gewißheit -, die 
Musik, die Kunst, das Phantastische, die Offenbarung 
erzählen uns davon."
Nikolaus Harnoncourt, "Vom Denken des Herzens"
 

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