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             Gefahren von geistigem Heilen und okkulten Kräften
Sant Kirpal Singh

„Meister, können wir uns gegenseitig beeinflussen, wenn wir in der Gruppe meditieren?
Wenn wir z.B. Gedanken der Liebe an jeden aussenden, hat das eine Auswirkung?“

Habt ihr genug, um an andere austeilen zu können? Wenn ja, dann ist es gut. Ansonsten werdet ihr bankrott gehen. Ihr habt kein Geld auf der Bank oder in der Hand und stellt Schecks aus. Wenn ihr aber Gott liebt – die Seele ist von derselben Essenz wie Gott und Er wohnt in jedem Herzen – dann ist es ganz natürlich, daß ihr Liebe für jeden habt. Wenn ihr ganz von dieser Liebe erfüllt seid, ist es nicht einmal notwendig, daß ihr eure Aufmerksamkeit auf jemanden richtet, denn allein durch die
Ausstrahlung werden die anderen etwas erhalten. Wenn ihr euch aber anstrengt und auf andere Einfluß ausübt, werdet ihr euch völlig erschöpft und leer fühlen. Das ist der Grund, warum ich immer wieder sage, daß ich das Heilen nicht befürworte. Die Leute, die Heilungen durchführen, üben Einfluß auf andere aus, sie senden Liebe aus, gute Gedanken, heilende Gedanken. Sie
strengen sich an und gehen auf diese Weise bankrott. Sie fühlen sich danach erschöpft und müssen den Verlust wieder einbringen.

Die höhere Form des Heilens ist immer gut. Schon dadurch, daß man nur an einen Meister denkt, kann man geheilt werden. Erinnert euch, daß im Leben Christi einmal eine Frau den Saum seiner Kleider berührte und geheilt wurde. (Er spürte es und sagte: „Wer hat mich berührt?“)

Wenn ihr genügend Geld auf eurer Bank habt, schön und gut. Was geschieht aber, wenn ihr tausend Dollar habt und Schecks für zweitausend Dollar ausstellt? Es ist eine gute Sache, für alle Sympathie zu haben. Wenn ihr Gott liebt, wird natürlich – da Gott auch in den anderen wohnt – eure Liebe auf sie übergehen. Sie werden sie durch Ausstrahlung erhalten. Ihr könnt zu Gott beten: „Oh Gott, hilf ihnen!“ Das ist etwas anderes. Wenn ihr aber nur wenig Geld oder nur ein paar Tropfen Wasser in
eurem Brunnen habt, wie könnt ihr dann an andere austeilen? Versteht ihr, was ich damit sagen möchte? Es ist eine gute Sache, Sympathie, liebevolle Gedanken und Respekt für andere zu haben, aber übt keinen Einfluß auf sie aus. Gute Gedanken für alle zu haben ist in Ordnung.

Als ich zur Zeit meines Meisters die Kranken besuchte, machten einige eine Show mit diesen Menschen. „Wenn er kommt, dann werden die Kranken Linderung erhalten.“ So geschah es auch, und die Leute beklagten sich bei meinem Meister, daß ich Wunder wirken würde. Meister sagte dann: „Nein, er stellt keine Wunder zur Schau. Es ist allein die Ausstrahlung, die die Leute erhalten.“ Versteht ihr? Eine solche Ausstrahlung ist in Ordnung. Gute Gedanken für jeden zu haben ist eine gute Absicht. Betet zu Gott, Er möge allen Frieden schenken; das ist etwas anderes. Auch Guru Nanak, der als das Fleisch gewordene Wort betrachtet wird, betete: „Friede sei auf der ganzen Welt nach Deinem Willen, oh Gott.“ Er tat nichts aus eigener Kraft. „Friede sei auf der ganzen Welt nach Deinem Willen, oh Gott.“ Seid ihr aber einmal zum Handelnden geworden, werdet ihr natürlich aus eigener Kraft Einfluß ausüben. „Nach Deinem Willen, oh Gott!“ ist der beste Weg. Habt daher gute Wünsche für alle. Wir sind alle Brüder und Schwestern in Gott. Diese Kraft aber hilft durch Ausstrahlung (ohne eigenes Zutun), und ihr geht dabei nicht bankrott. Natürlich könnt ihr durch eigene Anstrengung anderen Gutes tun. Ihr werdet euch aber danach erschöpft fühlen.

Wünschenswert ist also eine höhere Form des Heilens. Durch die Ausstrahlung kann jedem geholfen werden. Wenn von euch ein Duft ausgeht, wird jeder etwas davon haben, ohne daß ihr es wollt. Ich bin also nicht dagegen, gute Wünsche für alle Menschen zu haben, aber seid nicht die Handelnden, indem ihr eine Last auf eure eigenen Schultern nehmt – bei den wenigen Tropfen„Wasser“, die ihr habt. Betet für sie, das ist in Ordnung.

„Ein Heiler sagt manchmal, daß er hinterher wieder mit neuer Kraft erfüllt wird, wenn er erschöpft ist.“

Aber erst einmal fühlen sie sich am Ende. Sie spüren erst den Mangel, dann laden sie sich wieder auf, nicht eher. Und wenn sie nicht von neuem aufgeladen werden, was dann? Die Meister haben immer durch Ausstrahlung geheilt. Jene, die an Ihn dachten, wurden geheilt. Das ist der sicherere Weg.

Einmal schrieb mir jemand aus Frankreich: „Ich höre, Sie sind nicht bei guter Gesundheit. Ich werde Sie von hier aus heilen.“ Ich antwortete ihm, dazu wäre er nicht in der Lage und erklärte ihm weshalb: „Ein schwächerer Mensch kann von ihnen beeinflußt werden, nicht jedoch jemand, der stärker ist.“ Ihr könnt auf niemanden Einfluß ausüben, der stärker ist als ihr. Versteht ihr? Wie könnt ihr einen Menschen beeinflussen, der stärker ist als ihr? Ihr könnt nur einen Schwächeren
beeinflussen. Ihr könnt andere heilen, die einen schwächeren Willen haben als ihr selbst. Ich schrieb ihm also, daß er nicht dazu imstande sein würde. Er versuchte es mit all seiner Kraft, konnte aber nichts bewirken. Ihr könnt sagen: „Oh Meister, oh Gott, hilf!“ Das ist etwas anderes.

In meinem Leben geschah es einmal, daß einige Menschen – ich brauche nicht zu sagen wer – gewissen Leuten jeden Preis bezahlten, damit sie sich um Mitternacht an einigen Plätzen im Freien konzentrierten, um mir (mit Gedankenkraft) Schaden zuzufügen. So etwas ist möglich, mir jedoch konnten sie trotz aller Bemühungen keinen Schaden zufügen.  Eines Tages reiste ich mit dem Zug, und ein Mann stieg ein, der die Gedanken anderer Menschen lesen konnte. Er las sie bei einem, zweien, dreien, vieren. Ich saß ebenfalls in diesem Zugabteil. Er sagte zu mir, ich sollte an etwas denken und er würde es ablesen. „Das wird Ihnen nicht gelingen“, erklärte ich ihm. (Dies geschah lange, bevor ich meinen Meister traf.) Er aber bestand darauf und auch die anderen wollten unbedingt, daß ich mir etwas denken sollte, damit er es lesen könne. „Nun gut“, stimmte ich zu. Er
versuchte es, schaffte es aber nicht. Er gestand: „Ich habe heute versagt.“

So kann also ein stärkerer Mensch andere beeinflussen, der Schwächere ist dazu nicht in der Lage. Auf den Schwächeren könnt ihr einwirken. Trotzdem – das ist keine Spiritualität. Diese übernatürlichen Kräfte entstehen durch Konzentration; wenn ihr euch aber auf sie einlaßt, dann wird die höhere Kraft in euch aufhören zu wirken. Diese übernatürlichen Kräfte haben nichts mit Spiritualität zu tun. Spiritualität befaßt sich weder mit Spiritismus noch Spiritualismus, sie hat nichts mit Hypnose und Mesmerismus zu tun. Sie ist einzig und allein eine Sache der Selbstanalyse, des Sich-Erhebens über das Körperbewußtsein, um sich selbst und Gott zu erkennen.

Auf dem Weg können viele Kräfte in Erscheinung treten; sich aber auf sie einzulassen ist ein schändliches Verbrechen. Ihr werdet euren Fortschritt verzögern. Außerdem ist das karmische Gesetz unerbittlich. Ihr werdet eines Tages dafür leiden müssen. Die Menschen befassen sich mit allen möglichen Dingen. Es gab einen Mann in London, der Geister rufen konnte, die dann redeten. Fünf Pfund kostete eine Eintrittskarte. Jemand sagte: „Laßt uns hingehen und zusehen.“ So gingen wir also hin. Alle Lichter wurden ausgeschaltet. Es war so gegen neun oder zehn Uhr am Abend, und es war stockdunkel. Er setzte alle Anstrengung ein, doch nichts gelang ihm. Er seufzte einmal, dann seufzte er wieder, und ungefähr eine halbe Stunde lang geschah nichts. Schließlich sagte er:
„Die Atmosphäre ist heute nicht gut. Es tut mir leid, es ist heute nicht möglich.“ Er verlangte kein Geld von uns. Das gibt es (mit Geistern zu sprechen). Er aber wandte einen Trick an. Ich werde es euch sagen: Er selbst konnte wie ein Kind sprechen. So redete er also immer selbst, und die Leute dachten, es wäre ein Geist. Ich habe erlebt, daß es Schwarzmärkte im Äußeren gibt, in religiösen Kreisen jedoch gibt es noch mehr Schwarzmärkte. Viel Show wird gemacht.

Während meiner ersten Weltreise kam ein Magier in Chicago zu einer morgendlichen Meditationssitzung. Er war ein erstklassiger Magier aus Europa, der extra nach Amerika eingeladen worden war, um mich zum Scheitern zu bringen. Er sagte: „Sie gestatten mir doch, an einer Meditation teilzunehmen?“ – „Ja, kommen Sie nur.“ Ich erlaubte es ihm. Er saß an der Seite und bemühte sich mit all seinen Kräften, seinen Einfluß auf mich auszuüben. Nichts geschah; er hingegen fiel um, fiel der Länge nach hin und war bewußtlos. Sie mußten ihn in meinen Armen wiederbeleben, brachten ihn zu Bett und sprachen ihm Trost zu. „Ach, beruhige dich, es wird dir bald wieder besser gehen. Mach dir keine Sorgen.“ Die Rückwirkung war sofort eingetreten.

Wenn eine Welle herankommt und auf eine Steinmauer trifft, dann wird die Welle zurückgeschlagen. Trifft sie aber auf Sand, so wird die Welle ihn durchdringen. Infolge der Rückwirkung war er deshalb bewußtlos zu Boden gestürzt. Er war ein Anhänger einer anderen Gruppe, die ihn speziell für diesen Zweck engagiert hatte. Ich behandelte ihn und gab ihm Medizin, so daß es ihm bald wieder gut ging. Dann erklärte er vor der versammelten Menge: „Zum ersten Mal habe ich die Liebe Christi erlebt. Was man mir erzählt hatte, war alles falsch.“ Inzwischen ist er verstorben. Seine Frau schickt mir jetzt noch Briefe.

Spirituelle Menschen verlangen nicht nach solchen Dingen. Was bringt es euch, wenn ihr die Gedanken anderer lesen und sie beeinflussen könnt? Was ist das schon – man bekommt Kontakte zu Seelen, die den Körper verlassen haben und sich auf den unteren Ebenen befinden, doch kaum zu höheren Seelen. Dies ist bloß eine Seite des Spiels. Wenn ihr auf diese Weise eure
Aufmerksamkeit bindet, wird euer weiterer Fortschritt verzögert werden. All diesen Dingen bin ich in Indien und auch außerhalb Indiens begegnet. Mir konnte jedoch nichts geschehen, denn mein Meister war bei mir. Jene Kraft – die Got-teskraft – ist immer bei mir. Das ist Seine Gnade; wenn Er mich verläßt, dann bin ich nichts. Ich bin nicht der Handelnde. Das ist der sicherste Weg.

So geschah es einmal, daß ein homöopathischer Arzt mit seiner Frau nach Indien kam. Er wurde von unserem Meister (Baba Sawan Singh) initiiert. Die Leute versuchten, seine Frau zu überreden, sich auch initiieren zu lassen. Sie jedoch wollte nicht. Sie war Anhängerin eines Gurus in Europa. Ihr Mann bat mich, doch freundlicherweise etwas zu tun, damit auch seine Frau sich initiieren lassen würde. Mein Meister trug mir auf, vier oder fünf Tage Urlaub zu nehmen, um ihr Zeit widmen zu können. Ich bat ihren Mann, beim Gespräch mit ihr dabei zu sein. Die allererste Frage, die sie mir stellte, war: „Was hat Sie zum Meister gebracht?“ So erklärte ich ihr ungefähr zehn Minuten lang, weshalb ich zu Ihm gekommen war. „Oh, das ist genau das, was ich möchte“, war ihre Antwort. Dann fragte sie: „Wie kommt es, daß mir Euer Meister nicht zusagt?“ Dies war eine sehr direkte Frage. „Mein früherer Guru pflegte mich zu beeinflussen; ich stand unter seinem Einfluß“, fuhr sie fort. Ich sagte ihr, sie solle mich zwei oder drei Minuten lang ansehen, und fragte sie dann, ob sie in der Lage wäre, etwas anderes zu sagen, als ich von ihr hören wollte. „Nein“, sagte sie. „Das ist die Erklärung dafür – ihr Guru hat sie beeinflußt. Sie können nichts anderes sagen als das, was er wollte. Mein Meister beeinflußt niemanden. Er überläßt es ihrem freien Willen und Wohlgefallen, selbst zu entscheiden.“ Sie konnte kein Englisch, sie sprach Französisch. „Nun gut, wenn sie der Rede meines Meisters nicht folgen können, dann schauen sie Ihn einfach freundlich und aufmerksam an, nichts mehr. Dann lassen sie mich wissen, wie sie Ihn finden.“ Sie war dabei, als Meister sprach, und am Abend fragte ich sie: „Nun, wie fanden sie meinen Meister?“
– „Oh, Er war sehr schön, sehr anziehend.“ Es ist allein die Ausstrahlung, die das bewirkt, ohne daß euer Wille gelenkt wird. Ich sagte zu ihr: „Mein Meister läßt jedem seinen eigenen freien Willen. Deshalb hat Er sie nicht beeinflußt.“ Wenn ich euch jetzt hypnotisierte, dann würdet ihr gehen und euch ausgebeutet und leer fühlen. Ihr mögt für ein paar Minuten etwas erhalten haben, danach aber würdet ihr bankrott sein. Und dann? Deshalb sagte ich, daß es im Äußeren Schwarzmärkte gibt, aber im Inneren noch mehr Schwarzmarkt betrieben wird.1

So ist es notwendig, die Höheren Werte des Lebens zu verstehen und Unterscheidungsvermögen zu entwickeln, damit man die Aufmerksamkeit auf die Dinge richten kann, die unserem Weg und dem höchsten Ziel, der Selbst- und Gottverwirklichung, dienlich und hilfreich sind. Wir sollten Empfänglichkeit für Gott entwickeln und nicht für bestimmte psychische Kräfte, die nicht von höherer Art sind und in keiner Weise dazu dienen können, höheres Bewußtsein zu erlangen, um schließlich im Unendlichen aufzugehen.2

Der Mensch muß ein aufrichtiges, unaufhörliches Verlangen nach dem Ende aller Dinge haben, nach dem Ziel aller Ziele, und darf nicht mit der bloßen Meisterung seiner physischen und mentalen Kräfte zufrieden sein.3 Der Meister setzt uns das Ziel, völliges Einssein mit dem Herrn – dem Einen Wesen – zu erlangen. Wir können uns mit der Quelle, von der wir einst ausgegangen sind, wieder vereinen und unsere bleibende Wohnstatt in der Heimat unseres Vaters wiedergewinnen, wo jenseits des Bereichs der Zerstörung und der Unwissenheit und über allem Elend des unruhigen Meeres des Lebens Freude und Frieden herrschen.

Das Reich Gottes liegt in uns. Wir müssen den „inneren Menschen“ (den Geist oder die Seele) als Gottes Ebenbild erkennen und den physischen Körper als Tempel Gottes, in welchem sich der Herr offenbart. In diesem lebendigen Tempel müssen wir unsere Seele mit Gott in Einklang bringen und in enger Verbindung mit Ihm leben. Guru Nanak sagt uns: „Du bist als Mensch geboren worden, und das ist die günstige Gelegenheit, dich mit Gott zu verbinden. Aber leider gibst du dich mit den
fruchtlosen und verwirrenden Dingen des Lebens ab. Bedenke, die Nacht (des irdischen Lebens) geht ihrem Ende zu.“4
So sollte sich der Schüler oder Gottsuchende davor hüten, bestimmte übernatürliche Kräfte, die durch verschiedene Yogapraktiken oder Konzentrationsübungen in Erscheinung treten können, als Hilfe oder gar als letztes Ziel auf dem Weg der
Selbstverwirklichung und Gottverwirklichung zu betrachten. Wenn man auch durch bestimmte Yogapraktiken übermenschliche und übernatürliche Kräfte erlangen kann, sich mit diesen verborgenen Kräften tiefer befaßt und beginnt, sie zu praktizieren, wird man das wirkliche Ziel darüber vergessen. All das bringt uns nicht die Gunst Gottes ein, ohne die alles nichtig ist. So werden diese Kräfte Hindernisse auf dem Weg zur Selbst- und Gottverwirklichung. Daher ist es wichtig, über die Existenz, Wirkungsweise und Gefahren, die sie mit sich bringen, Bescheid zu wissen.5

Wir müssen lernen, Spiritualität von Spiritismus und Spiritualismus zu unterscheiden, da Spiritualität etwas ganz anderes ist. Der Spiritismus betont den Glauben an die Existenz körperloser, von der Materie getrennter Wesen, von denen die Spiritisten annehmen, daß sie die niederen Regionen als Gespenster oder böse Geister heimsuchen oder auch die unteren Astralregionen als Engel oder gute Geister. Zuzeiten sind sie auch an den persönlichen Angelegenheiten der Menschen interessiert und suchen zur Befriedigung ihrer langgehegten, aber ungestillten Wünsche, diese mittels allerlei Machenschaften zu erfüllen. Die sich mit der schwarzen Kunst befassen, behaupten, durch magische Beschwörungen Macht über sie ausüben zu können.
Aber ein Schüler des Meisters braucht darüber nicht beunruhigt zu sein, da einem, der in Verbindung mit dem heiligen Wort ist, keine negative Beeinflussung etwas anhaben kann.

Der Spiritualismus geht einen Schritt weiter als der Spiritismus. Er glaubt an das Weiterbestehen der menschlichen Persönlichkeit nach dem Tode und an die Möglichkeit einer Verbindung zwischen den Lebenden und den Toten. Die Vertreter des Spiritualismus halten häufig Séancen oder Sitzungen ab, um mit sogenannten Geistern Verbindung aufzunehmen. Sie gehen mit Hilfe von Medien vor, das heißt sie benutzen immer eine Art Medium, sei es eine Planchette zum Planchette-Schreiben, einen Tisch zum Tischrücken oder sogar ein menschliches Wesen, dem das Bewußtsein genommen wird, damit der gerufene Geist von seinem Körper Gebrauch machen und sich durch ihn mitteilen kann. Diese Verbindung besteht im allgemeinen lediglich zwischen der irdischen Ebene und den niedersten, untersten Astralebenen, die als Magnet-felder bekannt sind.
Die Resultate einer solchen Kommunikation sind sehr begrenzt, größtenteils auch unzuverlässig und außerdem gefährlich für das Medium, das zuweilen dabei den Verstand verliert, und darunter schrecklich zu leiden hat. Die Praxis des Spiritualismus wird daher von den Meistern der Spiritualität streng verurteilt. Der Kontakt und Verkehr der Meister mit den spirituellen Regionen
bis zur Wohnstatt des Herrn (Sach Khand) ist unmittelbar, und sie kommen und gehen nach ihrem Willen und Wohlgefallen, ohne irgendeine Behinderung und unabhängig von der subjektiven Vermittlung eines Mediums. Während diese Methode ganz normal, natürlich, direkt und aufbauend ist, ist das Wirken der Spiritualisten dagegen subjektiv, indirekt und nur mittelbar, ein Vorgang, der voller Gefahren und Risiken für sie selbst und das Medium ist. Der Spiritualismus trägt, abgesehen vom Wissen über das Weiterleben nach dem Tode, nur wenig zu unserer Erfahrung bei und bietet nichts, was für den Weg der Spiritualität wirklich wesentlich wäre.

Die obigen Bemerkungen lassen sich ebenfalls auf die Hypnose und den Mesmerismus anwenden.
In beiden Fällen sucht ein Mensch mit stärkerer Willenskraft andere mit schwächerem Widerstandsvermögen mittels bestimmter Handbewegungen und Gesten zu beeinflussen, wobei die Aufmerksamkeit gezielt auf die betroffene Person gerichtet wird. Spiritualität dagegen ist die Wissenschaft der Seele und befaßt sich daher mit allen Aspekten der Seele: Wo sich die Seele im
Körper befindet, in welcher Beziehung sie zu Körper und Gemüt steht, wie sie scheinbar auf und durch die Sinne wirkt, was ihre wahre Natur ist und wie sie von allem beschränkendem Beiwerk getrennt werden kann. Sie beschreibt die spirituelle Reise mit ihrem Reichtum an Ebenen und Unterebenen sowie die spirituellen Kräfte und Möglichkeiten und deren eigentlichen Wert.
Spiritualität läßt uns wissen, was das heilige Wort ist und wie man sich mit ihm verbinden kann, sagt uns, daß das letzte Ziel die Selbstverwirklichung und Gottverwirklichung ist, das Einswerden der Seele mit der Überseele, und lehrt uns, wie man diese mit Hilfe des Surat Shabd Yogas oder des Pfads des Tonstromes erlangen kann.6

Es gibt also viele nebensächliche Fähigkeiten, die man durch den einfachen Prozeß der
Selbstbeherrschung und Konzentration erwirbt, wie:

     Die Sprache der Vögel und Tiere zu verstehen
     Um vorhergehende Geburten zu wissen und Vorkenntnis des Todes zu haben
     Die innersten Gedanken anderer zu lesen
     Von ferne Wissen über geheime und subtile Dinge zu haben, 
     wie über Himmelskörper und Sterne Zukünftige Dinge vorherzusehen
     Sich an jeden beliebigen Ort der Welt begeben zu können
     Durch Berührung zu heilen
     Körperliche Vollkommenheit in Form, Aussehen, Kraft
     und Stärke, Stetigkeit und körperlichen Reiz usw. zu
     erwerben.

Hier muß notwendigerweise ein Wort der Warnung angebracht werden hinsichtlich der „Riddhis“ und „Siddhis“ oder der übernatürlichen Kräfte, die man im Verlaufe bestimmter Yogapraktiken oftmals erwirbt. Alle diese übernatürlichen Kräfte oder „Siddhis“ muß man unbedingt meiden, denn sie sind ausgesprochene Hindernisse auf dem Weg zu wirklichem spirituellem Fortschritt und dem Erreichen der Selbsterkenntnis und Gotterkenntnis, dem großen Ziel und Zweck des Yogasystems.7

Die meisten Schüler weihen sich völlig und einzig der strikten Beachtung der „yamas“ und „niyamas“ und kommen dadurch auf dem Yogapfad, der nach Selbsterkenntnis und Gotterkenntnis strebt, kaum vorwärts; und die, die ein wenig weiterkommen, kommen doch über die Yogastellungen (asanas, mudras und bhandas) nicht hinaus und sind ständig damit beschäftigt, ihren Körper zu entwickeln und die Muskeln zu stärken, und machen dies zum einzigen Ziel ihrer Bemühungen. Sie beschränken sich somit selbst auf den Aspekt der Körperentwicklung, um dadurch Krankheit, Alter und frühem Tod zu trotzen. Dies alles sind nur Mittel zu den höheren Zielen des Yogas und sollten auch nur als solche praktiziert werden. Ziel des Yogas ist Selbsterkenntnis durch einen regelrechten Prozeß der Selbstanalyse und des Zurückziehens, was einen befähigt, sich über das Körperbewußtsein ins höhere kosmische und schließlich ins überkosmische Bewußtsein zu erheben.

Wahrer Yoga ist ein ganz natürlicher Prozeß, der nichts Gekünsteltes an sich hat. So sollte er leicht verständlich und einfach auszuüben sein. Aber durch den Mangel an richtigen Lehrern, die sowohl in der Theorie als auch in der Praxis des Yoga erfahren sind, ist es zu einer beschwerlichen und verwickelten Angelegenheit geworden; zu schwer, um verstanden zu werden und noch schwieriger auszuüben. Die Folge davon ist, daß die Suchenden die eine oder andere Yogaart irrigerweise als das letzte Ziel betrachten. Sie verzetteln ihre Kräfte in diesem Streben und geben sich mit dem Erwerb psychischer oder magischer Fähigkeiten zufrieden,8 die nicht selten dazu mißbraucht werden, um öffentlichen Beifall und Reichtum zu erlangen. So ist es nicht weiter verwunderlich, daß der gewöhnliche Mensch Yoga oft mit Personen in Verbindung bringt, die auf glühenden Kohlen gehen, Glasscherben oder Metall schlucken, Schlangenköpfe und Nagetiere essen, fahrende Autos anhalten oder sich von Lastwagen überfahren und von Elefanten überrennen lassen. Huston Smith schreibt in „Die Religion des Menschen“: „Unglaubliches kann mit dem Körper vollbracht werden, falls du interessiert und willens bist, daran dein Leben zu setzen. Aber diese Dinge haben kaum etwas mit Erleuchtung zu tun. In Wirklichkeit nähren sie den Wunsch, sich zu brüsten. Ihre Beherrschung trägt zum Stolz bei und ist darum dem spirituellen Fortschritt schädlich.“9

Wer sich also der Spiritualität zuwendet – der zeitlosen, inneren Wissenschaft, die ihre eigenen unveränderlichen Gesetze und variierenden Wirkungsformen hat, deren Erkenntnisse nicht statisch sind, sondern sich entfaltet haben, so wie die Menschen von den niedrigeren zu den höheren Formen des Yogas fortgeschritten sind – wird erkennen, daß das Einswerden mit dem  Höchsten Herrn kein bloßer Tagtraum oder das hypothetische Postulat einer monistischen Philosophenschule ist, sondern eine lebendige Möglichkeit, deren Verwirklichung das Ziel der menschlichen Existenz ist, und die bei richtiger Führung, der richtigen Methode und rechtem Bemühen in Reichweite aller liegt, ungeachtet des Alters, des Geschlechts, der Rasse oder des Glaubens.10

     Wunder, Geistheilen, mediale Kräfte,
     Weissagen, Akasha-Aufzeichnungen
     und weltliche Wünsche müssen
     alle beiseite gelassen werden,
     denn sie sind absolut Hindernisse auf dem Weg.  
Kirpal Singh

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   1   aus „Light of Kirpal“ von Sant Kirpal Singh, S. 298 – 301
   2   sinngemäße Wiedergabe einer Aussage von Sant Kirpal Singh
   3   aus „Krone des Lebens“ von Sant Kirpal Singh, S. 30
   4   aus „Jap Ji“ von Sant Kirpal Singh, S. 94 – 95
   5   sinngemäße Wiedergabe einer Aussage von Sant Kirpal Singh
   6   aus „Krone des Lebens“ von Sant Kirpal Singh, S. 252 – 255
   7   aus „Krone des Lebens“ von Sant Kirpal Singh, S. 72
   8   aus „Krone des Lebens“ von Sant Kirpal Singh, S. 73
   9   aus „Krone des Lebens“ von Sant Kirpal Singh, S. 111
 10   aus „Krone des Lebens“ von Sant Kirpal Singh, S. 9


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