re: Waldorfschulen
mystica schrieb am 12. November 2006 um 1:44 Uhr (882x gelesen):
Hallo Broomsticks,
ich kenne mich ein bisschen mit Waldorfpädagogik aus, da ich dort mal gearbeitet habe (im Bereich Musik). Also eine Sekte ist das nicht. Es wird dort nur nach den Vorgaben Rudolf Steiners gearbeitet und das hat auch viele Vorteile:
Es gibt keine Noten, somit auch keinen Notendruck (wer später Noten haben möchte, bekommt auch welche, aber nur auf eigenen Wunsch), es wird großen Wert darauf gelegt, dass die LehrerInnen den Kindern den Stoff lebendig vermitteln, also das ganze Wesen ansprechen, nicht nur den Verstand. Das ist dort die wichtigste Forderung. Das Lerntempo wird an die Kinder angepasst, nicht die Kinder an einen Lehrplan. Wer langsamer lernt, wird nicht ausgegrenzt, sondern dem sollen die begabteren Mitschüler helfen. Soziales Engagement wird auch groß geschrieben. (Auch bei den Eltern: wer mehr Geld hat, zahlt manchmal höhere Beiträge, damit auch nicht so gut betuchte Eltern ihre Kinder dorthin schicken können.)
Es gibt auch einen Lehrplan, der beinhaltet neben den normalen Fächern immer auch viel Kunst und Musik, sowie auch Fächer wie Gartenbau, Kupferstechen und Handarbeit für Jungen und Mädchen! Die Kinder erleben, wie die Früchte auf dem Feld wachsen, wie sie gepflegt werden und schließlich geerntet und gedroschen. Aus dem gemahlenen Korn wird dann auch gemeinsam Brot gebacken in einem Steinofen - ganz ursprünglich, naturnah und handfest.
In der 9.Klasse machen sie ein Landwirtschaftspraktikum, wobei sie auf einem Bauernhof alle anfallenden Arbeiten machen. Dann gibt es noch ein Vermessungspraktikum und vieles andere, was man mit allen Sinnen kennenlernen darf anstatt nur theoretisch.
Sicher gibt es manchen Anthroposophen, der Hinweise Rudolf Steiners zu dogmatisch sieht und damit seinen Mitmenschen das Leben schwer macht - aber sowas gibt es ja überall. Das Fach "Eurythmie" ist eine Bewegunskunst, die sicher nicht jedermanns Sache ist, aber schon interessant. Man drückt da Sprache oder Musik in Gesten aus..... schon sehenswert! Ich habe früher immer Waldorfschüler beneidet, weil sie soviele künstlerische Fächer haben und ohne diesen ständigen Notendruck lernen dürfen.
Das ist gerade auch für Legastheniker sehr angenehm, weil mehr Wert auf den Inhalt als auf das Äußere gelegt wird. Natürlich kann man auch viel lernen in einer Waldorfschule, aber man muss nicht alles und nicht sofort... Und wie gesagt: der Verstand wird nicht in erster Linie angesprochen, sondern das Gefühl und nach Möglichkeit das Herz. Allerdings kommt es sehr auf den Klassenlehrer an, ob sich ein Kind dort wohlfühlt oder nicht. Da muss man schon drauf achten. Also ich finde Waldorfschulen im Prinzip gut.
LG
mystica
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