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Junk-DNA ? Geheime Botschaft ? oder ... ?
Nobby * schrieb am 17. Juli 2006 um 14:08 Uhr (1518x gelesen):

Zwei sensationelle Entdeckungen weckten in uns den Glauben (und die Furcht), der Mensch könne sich eines Tages selbst enträtseln. 1953 fanden James Watson und Francis Crick heraus, wie der gesamte Bauplan unseres Körpers in den Genen gespeichert ist: in winzigen Abschnitten der DNS, die sich in jedem Zellkern aufrollt.

Und im Jahr 2000 gelang es einer internationalen Forschergruppe sowie der amerikanischen Biotechfirma Celera, diesen Bauplan zu entschlüsseln: Man zählte etwa 30.000 Gene und kannte ihre genaue Position innerhalb der DNS. Die Wissenschaftler glaubten sich am Ziel. Und die Heilung genetisch bedingter Krankheiten schien in Reichweite.
Doch schon bald stellte sich heraus, dass der genetische Code allein keineswegs ausreicht, um alle Prozesse in unserem Körper zu erklären. Zum Beispiel wissen wir heute, dass Gene durch andere Gene ein– und wieder ausgeschaltet werden – aber warum und nach welchen Regeln das geschieht, entzieht sich unserer Kenntnis. Unsere Gene bleiben vorerst, was sie waren – ein großes Geheimnis.
Umso mehr, als auch ein anderes Rätsel unserer Erbsubstanz immer noch auf seine Lösung wartet – und das schon seit 1964. Damals machten Roy J. Britten, Leiter der Abteilung Erdmagnetismus der Carnegie Institution in Washington (USA), und sein Mitarbeiter David E. Kohne eine Entdeckung, die im öffentlichen Bewusstsein nie richtig angekommen ist – vielleicht, weil sie selbst für die Wissenschaftler eine harte Nuss ist.
Die beiden US–Forscher fanden nämlich im Erbmaterial von Mäusen Gen-Abschnitte, die offensichtlich keine Funktion haben. Sie tun nicht, was der ureigene Zweck von Genen ist: Aminosäuren zu "kodieren" (erzeugen), die wiederum Proteine (Eiweißstoffe) bilden – die Grundbestandteile allen lebenden Gewebes.
Später kamen andere Forscher bei anderen Spezies zu den gleichen Ergebnissen, und heute weiß man: Rund 97 Prozent der DNS in jeder Zelle fast aller Lebewesen sind überflüssig. Deshalb heißen diese Abschnitte auf Englisch Junk-DNA und auf Deutsch Schrott- beziehungsweise Müll-DNS. Der Schock über diesen unerwarteten Fund saß tief – und er wirkt bis heute.
Denn der Fund von Britten und Kohne scheint Darwins Lehre vom Überleben der am besten Angepassten komplett über den Haufen zu werfen. Die ständige Weitergabe von 97 Prozent überflüssiger Erbsubstanz bedeutet einen ungeheuren Energieaufwand – den sich die Evolution sicher nicht ohne weiteres auferlegt. Schon eine geringe Mutation bei irgendeinem Lebewesen, die den Schrott von 97 auf beispielsweise 90 Prozent reduziert, hätte diesem Wesen einen immensen Überlebensvorteil gesichert – in der weiteren Entwicklung wäre die Schrott–DNS binnen kurzem von der Erde verschwunden.
Aber tragen nicht viele Lebensformen unnötigen Ballast mit sich herum? Nur auf den ersten Blick. Der schwere und unförmige Panzer der Schildkröte – er schützt das Tier vor den scharfen Zähnen seiner Jäger. Das Riesengeweih ausgewachsener Hirsche – es ermöglicht ihnen die Ausschaltung von Rivalen und damit die Weitergabe der eigenen Gene. Und selbst unser Blinddarm – anscheinend nur dazu da, schlimme Entzündungen hervorzurufen – produziert Lymphe, die wiederum Abwehrstoffe gegen eindringende Mikroben enthält.
Kurzum: In der Natur scheint manches überflüssig – aber nichts in einem derartigen Ausmaß wie die Schrott-DNS, die in jeder Zelle vorhanden ist und bei jeder Zellteilung 1:1 kopiert und weitergegeben wird. Weitere beunruhigende Erkenntnisse besagen, dass der "Mülltransport" von Generation zu Generation ein Langzeitprogramm der Natur ist: Die nicht kodierenden (also eigentlich überflüssigen) DNS-Abschnitte geistern schon seit Urzeiten unverändert durch die Evolution.
So fanden Forscher in Mäusen, Ratten und Menschen 500 völlig identische Genabschnitte mit Müll-DNS: Obwohl sich diese Gattungen vor rund 75 Millionen Jahren voneinander getrennt haben, steckt der gleiche Schrott in ihrer Erbsubstanz.
Noch ältere unveränderte Müll-DNS fand der Biologe David Haussler von der Universität von Kalifornien in Santa Cruz (USA): Hühner, Hunde und Fische schleppen identische, nicht kodierende DNS-Abschnitte mit sich herum, die über 400 Millionen Jahre alt sind. Dass sie über einen derart langen Zeitraum im Gegensatz zur normalen (kodierenden) DNS keinerlei Mutation unterworfen waren, ist selbst für Experten unglaublich. Und Anregung, nach Erklärungen für die Unsterblichkeit des DNS-Mülls zu suchen.
Zuerst haben sich die Forscher die Frage gestellt: Könnten Lebewesen auch ohne die 97 Prozent Schrott in den Zellkernen leben? Gentechniker entfernten einen Teil der Müll-DNS in Mäusen. Ergebnis: nichts. Alle Mäuse blieben gesund, keine Funktion war beeinträchtigt, keine neue kam dazu, kein äußerlich sichtbares Merkmal verschwand, kein neues bildete sich. Mäuse mit oder ohne Müll bleiben offenbar, was sie sind – Mäuse.
Dass der Schrott dennoch eine Funktion haben könnte, behauptete 1995 der Biologe S. J. Ting. Er meinte bei Untersuchungen am Fadenwurm festgestellt zu haben, dass scheinbar sinnlose DNS-Stücke im frühen Embryonalzustand bestimmte Gene ausschalten und so die Entwicklung fördern. In diesem Stadium ist es entscheidend, dass die Zellen nicht hemmungslos wachsen, sondern nach einem Plan – und zu diesem Zweck würde Müll-DNS manche Gene zum Stillhalten verdonnern.
Ob diese Aussage zu verallgemeinern ist, bleibt offen – eine Bestätigung bei anderen Lebewesen steht noch aus. Zudem weiß immer noch niemand, wie die Müllgene das machen und wozu sie so zahlreich vorhanden sind.
Auch andere Biologen haben Hypothesen aufgestellt, warum sich in der Erbsubstanz Schrott befindet. Hier einige Beispiele:
– Müll-DNS habe früher sinnvolle Funktionen gehabt, sei aber im Lauf der Jahrmillionen degeneriert und jetzt eben nur noch Müll.
– Müll-DNS stamme gar nicht vom Menschen, sondern von Viren, die versuchten hätten, sich bei uns einzuschleusen.
– Müll-DNS sei eine Art Reservoir für neue, funktionierende Gene. Wenn die Evolution etwas Neues ausprobieren wolle, greife sie auf den Bestand nicht funktionierender DNS zurück, die eine Art Vorratslager bilde.
Gegen all diese Hypothesen ist derselbe Einwand geltend zu machen: Wieso wird ein so gigantischer Müllberg von der Evolution mitgeschleppt? Es wäre energetisch viel einfacher, neue DNS-Sequenzen aus schon bestehenden zu formen. Doch vielleicht sind Biologen gar nicht die richtigen Leute, das Rätsel des DNS-Mülls aufzuklären.
Vergessen wir nicht: Die DNS ist in erster Linie ein Code, also eine Verschlüsselung von Informationen. Und mit solchen Dingen beschäftigen sich eigentlich nicht Biologen, sondern Sprachforscher, Mathematiker, Statistiker und Kryptologen (Verschlüsselungsexperten). Als diese Fachleute sich den genetischen Code vornahmen, kamen interessante Dinge zum Vorschein.
Um herauszufinden, ob die Schrott-DNS irgendeine innere Struktur hat, gingen die Forscher von der inneren Struktur der "echten", also kodierenden DNS aus. Diese ist eine Doppelspirale, die aus nur vier Basenpaaren (Adenin, Guanin, Cytosin, Thymin) aufgebaut ist. Die vier Basen sind die "Buchstaben" des universell gültigen genetischen Codes. Jeweils drei von ihnen, hintereinander angeordnet, bilden ein genetisches "Wort", das für eine Aminosäure steht.
Eine bestimmte Zahl genetischer Wörter wiederum kodiert ein bestimmtes Protein – solche DNS-Abschnitte werden Gene genannt. Man könnte sie aber auch als "Sätze" bezeichnen – offenbar hat die DNS einen strukturellen Aufbau, der unserer Sprache ähnelt.
Deshalb fragten sich Statistiker, ob die nicht kodierende DNS vergleichbare Strukturen aufweist. Auf der Suche nach irgendeiner Spur in diese Richtung gingen sie versuchsweise von einem bestimmten Phänomen der menschlichen Sprache aus – und suchten die Müll-DNS danach ab, ob es sich auch hier findet. Es ging um ein Phänomen, das in der Fachsprache "Palindrom" heißt und bei Rätselknackern recht beliebt ist. Was das ist, zeigt der folgende Satz (bei dem Sie sich bitte nicht an der politisch unkorrekten Wahl des Ausdrucks stören): EIN NEGER MIT GAZELLE ZAGT IM REGEN NIE
Auch wenn der Satz ziemlich verbogen erscheint, er hat eine bemerkenswerte Eigenschaft: Man kann ihn von vorn oder von hinten lesen, und er lautet immer gleich. Würde sich diese Eigenart unserer Sprache, Sätze zu bilden, die von vorn wie von hinten gelesen einen Sinn ergeben, auch in der DNS finden lassen? Tatsächlich entdeckten Statistiker 1992 die ersten Palindrome in DNS–Sequenzen, und zwar besonders häufig in der Müll-DNS. War der Müll also eine verborgene Sprache? Und wie könnte man sie entschlüsseln?
Um herauszufinden, ob es sich hier um so etwas wie eine "Sprache" handelt, traten Sprachforscher auf den Plan. Sie haben für die Analyse von natürlichen Sprachen effektive statistische Methoden entwickelt. Eine davon beschäftigt sich mit der Rangfolge von Wörtern, die für eine bestimmte Sprache charakteristisch ist; der Rang wird dabei aus der Häufigkeit abgeleitet, mit der ein Wort in Texten auftaucht.
In der deutschen Sprache beispielsweise hat das Wort "der" den Rang eins, gefolgt von "die"; auf Rang drei steht "und". Zusammengefasst wurden diese Erkenntnisse im "Zipf-Mandelbrot'schen Gesetz" – benannt nach dem Linguistik–Professor George Kinsley Zipf und dem Mathematiker Benoit Mandelbrot. Es erlaubt für jede natürliche Sprache die Voraussage, in welcher Häufigkeit bestimmte Wörter in Texten auftreten.
Als nun mit den statistischen Methoden der Sprachforscher die Müll-DNS untersucht wurde, war die Sensation perfekt: Auch in der nicht kodierenden Erbsubstanz gibt es eine nachweisbare Rangfolge von Wörtern – sie gehorcht exakt dem Gesetz von Zipf und Mandelbrot für natürliche Sprachen. Bei der kodierenden DNS dagegen: Fehlanzeige. Sie gleicht keiner natürlichen Sprache! Nun wurde die Angelegenheit erst recht mysteriös: Wenn Müll-DNS eine Sprache darstellt – enthält sie dann womöglich eine Botschaft? Aber von wem und wofür, und wie lautet sie?
Da veröffentlichte der renommierte britische Physiker und P.M.-Mitarbeiter Paul Davies im Jahre 2005 in der britischen Zeitschrift "New Scientist" eine fantastisch anmutende These: Die Botschaft in den nicht kodierenden Genen stammt von Außerirdischen!
Davies ist nicht irgendein Gelehrter, sondern ein international anerkannter Physiker mit einer beeindruckenden Reihe von Veröffentlichungen in Büchern und Fachzeitschriften. Seit kurzem ist er Mitarbeiter am australischen Zentrum für Astrobiologie an der Macquarie–Universität in Sydney, wo er sich auch mit "Exobiologie" beschäftigt – der Wissenschaft von den möglichen Lebensformen außerirdischer Organismen.
Bei solchen Forschungen taucht automatisch das Problem auf: Auf welche Art und Weise würden intelligente Lebensformen Botschaften an andere Mitbewohner des Weltalls schicken? Und wie könnten solche Botschaften aussehen?
Die Versuche, mit denen die Menschheit versucht, eine Kommunikation mit Außerirdischen herzustellen, erscheinen von vornherein nicht besonders viel versprechend. Die NASA hat in ihrer ersten Voyager–Sonde unter anderem eine Schallplatte mit typischen irdischen Stimmen, Musikstücken und Geräuschen hinterlegt. Aber wer soll die kleine Sonde finden, und wie soll eine ferne Zivilisation die Informationen entziffern, wenn sie nicht über passende Abhörgeräte verfügt?
Auch unsere Methode, Radiobotschaften ins All zu schicken und auf entsprechende Nachrichten aus dem All zu lauschen, bringt nicht viel: Der Sender müsste ganz gezielt einen bestimmten Planeten anpeilen, und die Stärke von Radiowellen nimmt mit dem Quadrat der Entfernung ab – also sehr schnell.

Ebenso wenig Erfolg verspricht die Idee des Sciencefiction-Schriftstellers Arthur C. Clarke: Irgendwo auf der Erde sollte ein großer künstlicher Monolith mit eingeschriebenen Informationen über die Menschheit errichtet werden – in der Hoffnung, Aliens würden ihn eines fernen Tages finden (in dem Film "2001" das zentrale Thema).
Praktikabel ist das kaum, denn die Erde ist so aktiv, dass alles auf ihrer Oberfläche irgendwann einmal verwittert oder im Erd– oder Meeresboden versinkt. Dazu kommt noch die Schwierigkeit, ob ein solches Artefakt – von der Erosion völlig deformiert – überhaupt noch als das Produkt einer intelligenten Zivilisation zu identifizieren wäre. Von der Schrift ganz zu schweigen.
Nein, dachte sich Davies. Wenn Außerirdische uns etwas sagen wollen, dann muss die Information erstens als "Sprache" zu erkennen sein, und zweitens müsste ihre "Haltbarkeit" im Idealfall unbegrenzt sein. Beides wird von der DNS ermöglicht – und vor allem von der Müll-DNS. Sie ist einer natürlichen Sprache vergleichbar, und sie hat sich über Hunderte von Jahrmillionen nicht verändert. Demzufolge macht es laut Davies Sinn, in unserem Zellschrott nach Botschaften von Aliens zu fahnden und alles zu versuchen, ihren Code zu knacken.
Ideen für die Entzifferung liefert Davies gleich mit. Man könnte die vier Buchstaben des genetischen Codes, also die vier Basenpaare, in Zahlen übersetzen (etwa durch einfaches Durchnummerieren). Die Wörter, die die DNS aus den kombinierten Buchstaben bildet, wären dann bestimmte Zahlenfolgen. Diese müsste man daraufhin untersuchen, ob und wo sich darin Strukturen bilden.
Zum Beispiel könnte sich herausstellen, dass eine bestimmte Abfolge von Primzahlen auftaucht: Sie wäre möglicherweise ein Hinweis auf eine verborgene Botschaft. Oder man übersetzt die vier Buchstaben des Gen-Codes statt in Zahlen in Farben: Dann könnte sich bei der Darstellung auf dem Computerbildschirm ein Muster ergeben – beispielsweise ein Kreis. Hier würde es sich lohnen, weiterzusuchen – denn vielleicht hat E. T. tatsächlich seinen Fingerabdruck in der Erbsubstanz hinterlassen.
Eine andere Methode, seinen Code zu knacken, hält Davies für möglich, wenn sich im DNS–Müll wider Erwarten einzelne Sequenzen finden lassen, die gar kein Müll sind, sondern kodierende Erbsubstanz. Diese Sequenzen könnte man beispielsweise in Hefebakterien "einbauen", Proteine bilden lassen – und schauen, was daraus wird. Wie auch immer das Ergebnis wäre: Wenn es zu irgendeiner Mutation käme, dann wäre laut Davies die Botschaft gar nicht für uns Menschen "geschrieben" – und wir könnten sie auch nicht lesen wie ein Buch.
Passierte in der Petrischale etwas, dann wäre es ein Hinweis darauf, dass die Botschaft nur für die "Transfer-RNS" geschrieben ist: eine biologische Substanz (kurz: t-RNS; RNS = Ribonukleinsäure), die den genetischen Code liest und umsetzt in Aminosäuren beziehungsweise Proteine.
Wenn wir also in unserem nicht kodierenden DNS-Müll kodierende Sequenzen fänden, ergäbe sich folgende Möglichkeit: Wir könnten diese Sequenzen isolieren, in unser Erbgut verpflanzen – und so zu anderen Lebewesen werden.
Und genau das ist Davies' These: Die Außerirdischen wollen uns nichts über den pythagoräischen Lehrsatz oder die Primzahlen erzählen, denn das alles kennen wir. Sie wollen uns vielmehr zeigen, wie wir uns aus eigener Kraft genetisch "verbessern" können. Die Aliens selbst müssten dann bereits auf einem genetisch "höheren" Niveau leben – immerhin haben sie unser Erbgut fachmännisch manipuliert.
So lebt in den Gedanken des Physikers der alte Wunsch des Menschen von Vervollkommnung fort. Sein Traum, sich eines Tages die Krone der Schöpfung selbst aufzusetzen. Voraussetzung dafür wäre allerdings, dass es die Aliens gut mit uns meinen.

Quelle : PM
Gruss
Nobby

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