re[2]: @ alle
felina * schrieb am
24. März 2008 um 12:06 Uhr (956x gelesen):
liebe hel,
meine erfahrung mit dem loslassen ist, dass es davon verschiedene arten gibt. und man weiß nie, wie es sich anfühlt, bevor es nicht geschehen ist.
hat mir jemand unrecht getan oder schmerz zugefügt, dann fühlt sich das loslassen wie bedeutungslosigkeit an. geht es um verstorbene, die man auf die eine oder andere art geliebt hat, wird sich dies nie egal oder bedeutungslos anfühlen. in diesen fällen muss man den schmerz und das eigene schuldgefühl in sein dasein integrieren. fakt ist: man kann im leben nicht alles richtig machen. das leben ist das leben, und solange wir leben, begegnen wir den anderen auf eine bestimmte weise unter bestimmten voraussetzungen. wenn wir dem tod eines anderen menschen oder wesens gegenüberstehen, wird einem die endlichkeit jeder begegnung bewusst, und der zweifel an uns selbst lässt die frage danach aufkommen, was wir alles hätten besser machen können. ich habe drei fälle in meinem leben, wo ich beim tod eines anderen nicht da war, einer davon ist mein vater. das war grausam. ich warf mir hinterher egoismus und leichtfertigkeit vor, und nie konnte ich es wiedergutmachen. es gibt keine er-lösung aus solchen situationen. nur das annehmen der eigenen situation zu einem bestimmten zeitpunkt und das wissen, dass man ja damals nicht so war wie heute, da dieses erlebnis ja überhaupt erst stattfinden musste, um bestimmte dinge zu begreifen.
was meinen vater betrifft, habe ich für mich kleine, persönliche rituale entwickelt. ich bin auch kein christ. mein vater hielt es auch nicht gerade mit der kirche. aber wenn ich irgendwo eine kirche rein als bauwerk besuche, zünde ich ihm dort eine kerze an. bin ich an einem kraftort oder irgendeinem ort, der für mich eine besondere stimmung oder bedeutung hat, erfinde ich ein mini-ritual oder eine geste, die an meinen vater gerichtet ist (wobei das kein zwang ist), oder ich meditiere und halte zwiesprache mit ihm. anders gesagt: ich habe die hypothetische anderswelt-gestalt meines vaters in mein leben integriert. mit der zeit konnte ich so frieden finden. wenigstens in diesem fall. denn das ist, wie sich für mich das loslassen anfühlt, wenn es sich bei der zu erlösenden situation um einen verstorbenen handelt: friede. ob man dabei ans jenseits glaubt oder nicht, woran man überhaupt glaubt, ist dabei völlig unerheblich.
ich wünsche dir von herzen alles gute in dieser situation.
felina
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