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Für Jenere/Macht -2
U-Bahn-Boris schrieb am 13. Dezember 2004 um 11:20 Uhr (498x gelesen):

3.5. Macht durch Selbstbeherrschung und Selbstkontrolle

Computerspiele tragen das Stigma von Macht, Kontrolle und Herrschaft in mehrfacher Hinsicht. Die „Dramaturgie“ der Spiele enthält Muster für Macht, Kontrolle und Herrschaft. Dies korrespondiert mit dem Inhalt der Spiele: mit seinen Beherrschungsobjekten und Beherrschungssituationen. Die Forderungsstruktur der Spiele setzt dies ungebrochen fort. Es gilt, das Spiel zu beherrschen, also zu durchschauen und angemessene Handlungsmuster zu entwickeln.

Dazu ist Selbstbeherrschung notwendig. Um der Forderungsstruktur zu genügen, muß die Herrschaft über die eigene Psyche auch in Spielsituationen errungen werden. Dies drückt sich beispielsweise in Streßresistenz, Ausdauer, Wachheit und Konzentrationskraft aus. Ein Ansteigen von Anspannung und Streß beeinträchtigt die Leistungsvoraussetzungen der Spieler: Erfolge können sich so nicht einstellen. Die Spieler müssen also lernen, nicht nur das Spiel zu kontrollieren, sondern auch sich selbst in ihren gefühlsmäßigen Reaktionen. Gelingt dies, verändert sich die gefühlsmäßige Tönung der Spieler: Sie bleiben zwar hoch konzentriert, erleben sich nun jedoch als ruhig, locker, entspannt, geordnet, fröhlich. Schaffen es die Spieler, aus der Spirale von Anspannung und Mißerfolg auszubrechen, ändern sich auch bei schwierigen Spielen die gefühlsmäßigen Reaktionen: „Ich fühle mich einfach ganz anders, wenn ich das geschafft habe. (...) Es macht erst richtig Spaß, wenn ich weiß, wie ein Spiel geht. Wenn ich am Anfang ausprobiere, ist es erst Quälerei, und wenn ich es weiß, dann macht es mir auch Spaß.“

Welche Probleme es machen kann und wieviel Selbststeuerung notwendig wird, aus der Spirale von Anspannung und Mißerfolg herauszukommen, belegt die folgende Äußerung einer Studentin: „Also erst war ich sehr ehrgeizig, da hochzukommen, und dann hatte ich auch irgendwann gar keine Lust mehr. (...) Ich hätte das schon gerne geschafft, aber ich habe gedacht, jetzt probierste erst mal, ruhig die Schnecken einzusammeln, und hast dann vielleicht auch wieder eine ruhige Hand, um da geschickt hochzukommen. Aber als das nicht klappte, (...) habe ich gedacht: Du gehst jetzt erstmal noch mal zurück, sammelst die Sachen, die du noch kannst, ein, und probierst es dann noch mal, vielleicht bist du dann ein bißchen ruhiger.“

3.6. Die Macht der Spielemacher

Macht, Herrschaft und Kontrolle: In diesem „Spielziel“ sind sich alle Programme ähnlich. Dies gilt für Computerspiele genauso wie für Anwendungssoftware (z.B. Textverarbeitung). Der Nutzer ist aufgefordert, die durch die Software sich entfaltende Welt zu beherrschen und die möglichen Abläufe zu kontrollieren.

Die in die Software eingehende „Denkarbeit“ von Programmierern und Designern ist in gleicher Weise vom Kontrollmotiv bestimmt – und dies in mehrfacher Weise. Die Entwickler von Software müssen ihr Programm kontrollieren, seine Funktionsfähigkeit sicherstellen, Fehler finden und beheben. Herrschaft heißt hier: Abläufe im Computer in Regeln fassen, sie gemäß dieser Regeln zielorientiert zu ordnen. „Was noch nicht in eine Regel gefaßt wurde, bedeutet Unordnung, ist ein Problem. Die Herrschaft der Regel duldet keine Unordnung, kein ungelöstes Problem. (...) Die Macht des Softwareentwicklers rührt daher, daß die formale Logik dazu verhilft, Ordnungsmodelle zu schaffen, die zugleich Instrumente sind, um die Realität modellhaft zu bearbeiten. Es ist nicht dem Zufall überlassen, ob und wie sich das Modell rückkoppelt; es ist vielmehr das Ziel des Programmierens, das Modell Wirklichkeit werden zu lassen.“8

Insoweit wird verständlich, daß sich Macht, Kontrolle und Herrschaft als bestimmende Elemente in die Computerspiele „einweben“: Sie entsprechen wesentlichen Handlungsorientierungen der Programmierer und Spieldesigner. „Die Ordnung der Dinge in verschiedenen Anwendungsfeldern zählt zu den typischen Erfahrungen und Aufgaben von Softwareentwicklerinnen und -entwicklern, und auch das mag das Gefühl unterstützen, die Welt im Griff zu haben, zumal die in das eigene Modell eingereihten Dinge unverrückbar plaziert sind. Das computergestützte Ordnungsmodell ist ein geschlossenes Modell, in dem nichts dem Zufall überlassen bleibt. Je lückenloser der Zufall gebannt wird, desto leichter ist das Modell unter Kontrolle zu halten, aber auch die dem Modell verhaftete Wirklichkeit.“9

Was die Programmierer und Spieldesigner zuvor getan haben, vollziehen nun die Computerspieler in der Spielesoftware. Sie versuchen, die virtuelle Welt in den Griff zu bekommen. Sie bemühen sich, den Zufall zu bannen, um so das Spiel unter Kontrolle zu halten. Wie die Spielentwickler im Arbeitsprozeß Macht über ihr Produkt gewonnen haben, so ist das spielerische Bemühen jetzt darauf gerichtet, in der virtuellen Welt Macht auszuüben, um „bestehen“ zu bleiben. Bleiben diese Bemühungen erfolglos, sind die Reaktionen von Entwicklern und Spielern durchaus vergleichbar: Die Maschine wird beschimpft, das Programm „runtergemacht“; es kommt zu „Tätlichkeiten“: von Fußtritten bis zur Zerstörung.10 Der Kampf mit Fehlern im Programm nimmt für manche einen kriegsähnlichen Charakter an, der sich in Formulierungen wie „Besiegen“ und „Ausmerzen“ äußert. Er entspricht den Inhalten vieler Spielprogramme, in denen Spieler aufgefordert sind, die Gegner zu besiegen und die Bedrohungssituationen auszumerzen. Der Jagd nach den Fehlern im Programm entspricht der Verfolgung von Feinden im Computerspiel. Wie die Spieler recht häufig das Computerspiel im Kopf weiterspielen11 und über Lösungsmöglichkeiten nachdenken, so sind auch Programmierer und Spieldesigner damit konfrontiert, daß ungelöste Probleme in andere Lebensbereiche mitgehen und nicht aus dem Kopf wandern.12

Die Parallelität zwischen Spielmachern und Spielern liegt noch auf einer anderen Ebene. Die formal-logischen Ordnungscodes, die den Programmen zugrunde liegen, sind auch bestimmend für die Leistungsforderungen in den Computerspielen. Hier wie dort müssen Wenn-Dann-Zusammenhänge entwickelt und folgerichtig abgearbeitet werden, so daß angemessenes (berechnendes) Handeln möglich wird. Diese Form des Denkens und Problemlösens ist auf die Entwicklung und den Umgang mit Software-Produkten nicht begrenzt. Wir finden sie beispielsweise auch im Bereich des Wettbewerbs auf dem Markt: bei der Entscheidung über die Entwicklung neuer Produkte ebenso, wie beim „Produktplacement“ oder den Aktionen der Marketing-Experten. Insofern gelten die in Denk- und Entscheidungsprozesse umgesetzten Ordnungscodes auch für die Computer-Industrie: für den „Kampf der Systeme“, für die Konkurrenz unter den Software-Herstellern, für die Strategien um Absatz und Gewinn.

3.7. Warum Computerspieler Macht, Herrschaft und Kontrolle erlangen möchten

Es bleibt die Frage, warum sich Computerspieler auf das Spiel um Macht, Herrschaft und Kontrolle einlassen und ihre Fähigkeiten in virtuellen Welten erproben wollen. Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene benötigen ein derartiges Spielangebot als Erweiterung ihrer Lebenswelt. Eine der wichtigsten Thematiken überhaupt für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene ist die Auseinandersetzung mit Macht und Kontrolle und der Wunsch, anstelle des permanent erlebten Kontrollverlustes das eigene Leben selbst zu bestimmen. Von daher suchen sehr viele Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene ihre Bewährung in der „Welt am Draht“. Hier gewinnen sie einen Spielraum, in dem sie das Bewußtsein haben dürfen, Macht und Herrschaft durch Kontrolle ausüben zu können. Die Spieler nutzen die Spiele zwar als Mittel gegen Langeweile und mangelnde Anregungen in ihrer Lebenswelt. Im wesentlichen dienen sie jedoch zur „Selbstmedikation“ gegen Mißerfolgsängste, mangelnde Lebenszuversicht und gegen das Gefühl, ihr eigenes Leben nicht beherrschen und kontrollieren zu können. Damit erhält der Computer die Funktion eines „Mister feel good“: Die intensive Auseinandersetzung mit den Spielen soll ein „gutes Gefühl“ machen.13

Warum können Computerspiele dazu beitragen? Sie bieten Erfolgserlebnisse in Leistungsbereichen und zu Spielinhalten, die sich die Spieler selbst aussuchen und dessen Schwierigkeitsgrad sie selbst bestimmen können. Sie verstärken damit die Zuversicht der Spieler, sich in der Lebenswelt behaupten und das „Königreich des eigenen Lebens“ errichten zu können. Die virtuelle Wirklichkeit des Bildschirmspiels wirkt, weil seine wesentliche Botschaft zu den wirkungsvollsten Wirkkräften unserer technologischen Gesellschaft gehört. „Diese technologische Gesellschaft ist das letzte Stadium in der Verwirklichung eines bestimmten historischen Projekts, nämlich der Erfahrung, Umformung und Organisierung der Natur als großes Beherrschungsobjekt. Mit Hilfe der Technik schafft sich dieses Projekt im wirklichen Sinne ein eigenes Universum – ein Universum des Gedankens und der Tat, der materiellen und geistigen Kultur. Während sich aber das Projekt entfaltet, verschließt sich die Welt allmählich, d.h. sie stößt Alternativen ab oder verschlingt sie – durch ihren totalitären Erfolg wird sie totalitär.“14

Dieses Zitat von Herbert Marcuse aus dem Jahre 1962 läßt sich bruchslos auf die Ausfaltung virtueller Universen übertragen – ebenso den kritischen Impuls, innezuhalten im historischen Projekt, unsere Lebenswelt als großes Beherrschungsobjekt umzuformen und zu organisieren. Nur: Allzu schwer wiegt das Wort der Genesis, sich die Erde untertan zu machen, sich ihrer zu bemächtigen und über alles zu herrschen. Die Menschheit, an „die Grenzen ihres Wachstums“ gestoßen, hält nicht inne, sondern schafft sich virtuelle Welten, in denen sie „leben“ kann, was sie vor tausenden von Jahren gelernt hat zu leben.

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