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Re: Nach dem Tod
myrrhe schrieb am 15. September 2003 um 13:21 Uhr (408x gelesen):

Liebe Lotti,
ja natürlich gibt es das. Oft genug sogar. Es müssen BEIDE
loslassen, der Verstorbene und der Hinterbliebene. Oft steht dem
Loslassen ja auch ein Problem im Wege: etwa: daß man sich nicht
verabschieden konnte, daß etwas ungesagt blieb, daß noch eine
uneingestandene Schuld im Raume steht …
Liebe Lotti, die Trauerarbeit, das Loslassen ist immens wichtig: für
den, der hier noch sein Leben hat genauso wie für den, der
drüben seinen Weg gehen möchte. Das Loslassen hat ja nichts
mit Liebelosigkeit zu tun: denn die Liebe bleibt bestehen, und wir
können und dürfen auch an den Verstorbenen denken, genauso
wie er uns besuchen kann. Nur das Bindende ist nicht gut. Denke
daran, wie Du Dich fühlen würdest, an einen Lebenden gebunden
zu sein, von ihm abhängig …
Ich höre das so heraus aus Deinen Worten – sag mir, wenn ich
mich irre –, daß Du es bist, die noch nicht loslassen kann … ist es
der Abschied, den Du nicht sagen konntest, ich glaube, es war ein
Unfalltod? Wenn es so ist, dann nimm doch jetzt Abschied. Mach
es so, als würde Dein Freund oder Bekannter vor Dir sitzen.
Entspanne Dich, stell ein Bild auf oder höre seine Lieblingsmusik
... dann bittest Du ihn, da zu sein, indem Du einfach an ihn denkst.
Er ist dann da! Und dann sag ihm alles, was Du möchtest, sprich
mit ihm im stillen sprich Dich einfach aus. Wenn es Dir so
schwerfällt, kannst Du es auch schreiben, etwa in Form eines
Briefes. Schließlich sagst Du ihm, daß Du ihn liebst und nicht
vergessen wirst und gern an ihn denkst, aber daß ihr beide nun
eure Leben leben müßt, frei vom anderen, aber doch bereit,
jederzeit gedanklich Kontakt aufzunehmen. Die Liebe, die im
Herzen ist, vergeht niemals. Und das Herz hat viele Räume, von
denen einer immer dem Liebsten gehören wird. Und dennoch ist
es offen genug, andere Menschen zu lieben und in sich
aufzunehmen.
Innere Freiheit ist etwas Wunderschönes … und es ist erstaunlich,
wenn man sie erreicht hat, nähert man sich dem anderen umso
mehr an, aber eben anders, nicht bindend.
Alles Liebe wünsche ich Dir,
myrrhe


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