Re: Nach dem Tod
myrrhe schrieb am 15. September 2003 um 13:21 Uhr (522x gelesen):
Liebe Lotti,  
ja natürlich gibt es das. Oft genug sogar. Es müssen BEIDE 
loslassen, der Verstorbene und der Hinterbliebene. Oft steht dem 
Loslassen ja auch ein Problem im Wege: etwa: daß man sich nicht 
verabschieden konnte, daß etwas ungesagt blieb, daß noch eine 
uneingestandene Schuld im Raume steht …
Liebe Lotti, die Trauerarbeit, das Loslassen ist immens wichtig: für 
den, der hier noch sein Leben hat genauso wie für den, der 
drüben seinen Weg gehen möchte. Das Loslassen hat ja nichts 
mit Liebelosigkeit zu tun: denn die Liebe bleibt bestehen, und wir 
können und dürfen auch an den Verstorbenen denken, genauso 
wie er uns besuchen kann. Nur das Bindende ist nicht gut. Denke 
daran, wie Du Dich fühlen würdest, an einen Lebenden gebunden 
zu sein, von ihm abhängig … 
Ich höre das so heraus aus Deinen Worten – sag mir, wenn ich 
mich irre –, daß Du es bist, die noch nicht loslassen kann … ist es 
der Abschied, den Du nicht sagen konntest, ich glaube, es war ein 
Unfalltod? Wenn es so ist, dann nimm doch jetzt Abschied. Mach 
es so, als würde Dein Freund oder Bekannter vor Dir sitzen. 
Entspanne Dich, stell ein Bild auf oder höre seine Lieblingsmusik 
... dann bittest Du ihn, da zu sein, indem Du einfach an ihn denkst. 
Er ist dann da! Und dann sag ihm alles, was Du möchtest, sprich 
mit ihm im stillen sprich Dich einfach aus. Wenn es Dir so 
schwerfällt, kannst Du es auch schreiben, etwa in Form eines 
Briefes. Schließlich sagst Du ihm, daß Du ihn liebst und nicht 
vergessen wirst und gern an ihn denkst, aber daß ihr beide nun 
eure Leben leben müßt, frei vom anderen, aber doch bereit, 
jederzeit gedanklich Kontakt aufzunehmen. Die Liebe, die im 
Herzen ist, vergeht niemals. Und das Herz hat viele Räume, von 
denen einer immer dem Liebsten gehören wird. Und dennoch ist 
es offen genug, andere Menschen zu lieben und in sich 
aufzunehmen.
Innere Freiheit ist etwas Wunderschönes … und es ist erstaunlich, 
wenn man sie erreicht hat, nähert man sich dem anderen umso 
mehr an, aber eben anders, nicht bindend.
Alles Liebe wünsche ich Dir,
myrrhe
 

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