Re: Strafe und Rache?
Füchsin schrieb am 17. Januar 2003 um 9:17 Uhr (448x gelesen):
> Zunächst einmal: Eine Antwort auf Deine Frage kann keinesfalls dem WISSEN entspringen, sondern grundsätzlich nur dem GLAUBEN - es ist also alles zunächst einmal Mutmaßung und persönliche Gusto.
Ich würde eher sagen, man hört Theorien und erkennt empirisch an sich selbst, ob sie zutreffen oder nicht.
> Nun, nach einem westlichen, vom Christentum geprägten Verständnis wäre es vermutlich Gott (oder ein göttliches Wesen), das die Strafe für "Sünden" verhängt. Ein Mystiker hingegen würde Dir vielleicht sagen, daß Du selbst es bist, die sich bestraft - und zwar schon durch die Tat an sich - und daß die Strafe darin besteht, daß Du Dich durch Dein Handeln weiter von Gott entfernst. (Gewissermaßen bringst Du Dich selbst um die Erleuchtung.)
Nach meinem Verständnis wäre Gott als Bild das höchste Ideal des Guten, wie man sich verhalten sollte; und weiters etwas von höchster unfassbarer Frequenz, Stärke, Effektivität und Dauer. Ein Ideal zeigt dem Menschen, wohin er sich entwickeln sollte - folgt er dem guten Weg, so entwickelt er sich hinauf; macht er das Gegenteil, so fällt er zurück, "verdunkelt", hat es vielleicht anfangs scheinbar leichter, aber das ist sehr trügerisch. Er macht sich letztlich das Leben immer schwerer dadurch.
> Und dann wäre da noch ein gänzlich unreligiöser Ansatz, nach dem gesellschaftliche Werte eben genau dies sind - Verhaltensformen, die durch die Interaktion von Menschen etabliert wurden und zum Zusammenleben nötig sind. Demnach wäre Schuld nur ein psychologisches Phänomen - und wenn Du Dich nicht schuldig fühlst und niemand sich beklagt, dann bist Du auch nicht schuldig. In diesem Fall wäre ein schlechtes Gewissen nur ein sozialer Reflex.
Nach meinem Verständis ist das Gewissen z.T. sozial anerzogen/erworben, aber es richtet sich nach einem inneren höchsten Ideal aus (nämlich des persönlichen Gottes- und Leitbildes in der Vorstellung des jeweiligen Menschen. Jung würde sagen: Gott ist der höchste Archetypus. Diese Bild ist aber nicht zu verwechelseln mit der tatsächlichen unfassbaren Gottheit, dem ursprünglichsten Sein hinter allen Erscheinungen).
> Ich persönlich glaube, daß Moral nicht die Domäne von Gott (der Göttin/dem All-Einen) ist: Nichts in diesem Universum geschieht, ohne daß es seinen Sinn oder Platz hätte, und wir Menschen werden unseren Weg auch von allein finden, wenn wir uns nicht allzu dumm anstellen. Gut und Böse sind rein ethische Begriffe, die bestenfalls einige höhere Wahrheiten reflektieren, aber nicht diese Wahrheiten sind.
Gut=was nützt, böse=was schadet. Das ist aber je nach Perspektive verschieden: Aus der Sicht des Tigers ist das Töten, um seine Jungen zu ernähren, gut; aus der Sicht des Wildtiers aber ist der Mord böse. Und es gibt eine Hierarchie der Wichtigkeit: Was ist gut oder böse für den Einzelnen? Für die Familie? Für den Staat? Für den Planeten? Im kosmischen Sinn? Manchmal verlangt das Wohl des Gesamten das Opfer eines einzelnen. Je nach Wichtigkeit sollte das größere Wohl vorgehen. Und eben DAS ist für einen wenig reifen (=egoistischen) Menschen nicht einsehbar. Der Egoist steht nur für sich selbst; der entwickelte Mensch steht stellvertretend für die Gesamtheit.
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