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Re: Real?

Torsten schrieb am 6. Januar 2003 um 10:54 Uhr (633x gelesen):

Lieber Nexo,
aus meiner Sicht ist die Welt real. Anders ausgedrückt, die Wirklichkeit oder objektive Realität existiert. Unsere Wahrnehmung liefert auch ein brauchbares Modell. Wenn ich z.B. mit elektronischem und fahrzeugtechnischem Wissen eine Zündanlage konstruiere und diese funktioniert, muß mein Bewußtsein ausreichend richtige Modelle der Wirklichkeit enthalten.
Die Alternative wäre, daß nur mein Bewußtsein existiert. Dieses würde dann eine scheinbare Wirklichkeit erschaffen, die ebenfalls gesetzmäßig funktioniert und sich von einer echten in nichts unterscheidet. Für mich hat das keine Folgen. Nach meinem Gefühl stimmt aber die erste Version. Wenn nur mein Bewußtsein existierte, gäbe es keinen Grund, sich eine logische scheinbare Wirklichkeit zu erschaffen und in diese unlogische Elemente (Träume, Irrtümer) einzubauen.
Von Modellen wie "Matrix" halte ich gar nichts. Sie ergeben keinen äußeren Sinn, auch wenn sie in sich logisch aufgebaut sind. Wir werden gegenwärtig mit Scheinwelten überschwemmt. Fantasy, Science Fiction, Horror, erdachte Verschwörungen und ähnlicher Müll lenken immer mehr von den Tatsachen ab. Das ist die klebrige Nährlösung und das Kabel, über das unsere Wahrnehmung der Wirklichkeit blockiert wird. Hinzu kommt das bewußte Schüren von Angst durch Dauerberieselung mit Hiobsbotschaften. Dumme, ängstliche Menschen mit wirklichkeitsfernem Weltbild sind gut nutzbar und ungefährlich.
Das sind uralte Tricks der Meinungs- und Verhaltensmanipulation. Sie werden nur in einem unseligen Kreislauf immer weiter entwickelt und wirken auch auf ihre Entwickler. Oberflächlich ergibt sich so das Bild einer großen Verschwörung. Aber die Folgen fallen auf die "Verschwörer" zurück. Sie riskieren einen globalen Konflikt, ruinieren Weltwirtschaft und Umwelt. Verschwörungstheoretiker helfen sich mit der Idee, die Verschwörer wirden sich dann mit bereits bereitstehenden Raumschiffen, beruhend auf außerirdischer Technologie, in Marskolonien oder sonstwohin ins All verzischen. Möglich, aber unwahrscheinlich. Was sollen Menschen, deren Lebensinhalt das Streben nach Besitz und Macht ist, in einer Umgebung, in der Keiner mehr da ist, an dem man sich bereichern und den man beherrschen kann?
Ich glaube eher, die Mächtigen sind Opfer ihrer eigenen Falle geworden. Vor lauter Bemühungen, Anderen eine Scheinwirklichkeit vorzugaukeln, haben sie sich selbst in eine solche hineinbegeben. Sie schwelgen in selbstgeschaffenen ökonomischen Mechanismen, die nicht funktionieren, entwickeln globale Strategien, die zu immer größeren Spannungen führen und haben mit falschen Zielen ökologische Zeitbomben gelegt, von denen jetzt die ersten hochgehen und deren Gesamtpotential noch nicht einmal zu erahnen ist. Sie sind die blinden Führer, die dafür sorgen daß Alle in die Grube fallen - sie genauso wie Diejenigen, die sie geblendet haben.
Anstatt in Scheinwelten zu schweben und Zeit wie Aufmerksamkeit damit zu verplempern, den wirren Gedankengängen amerikanischer Drehbuchautoren zu folgen, sollten wir uns lieber um die Wirklichkeit kümmern. Und dafür sorgen, daß diese Wirklichkeit auch in Zukunft innerhalb der Grenzen menschlicher Anpassungsfähigkeit bleibt - oder anders ausgedrückt, die künftige Umwelt mit dem Leben des Menschen vereinbar ist. Ich verlasse mich lieber nicht darauf, daß das nur eine Scheinwelt ist und ich in einer schönen warmen Nährlösung schwimme.
Natürlich gehören zur Wirklichkeit auch Dinge an der Grenze und jenseits bisheriger Erkenntnis. Spiritualität dürfte eine wichtige Rolle bei der Umgestaltung der Welt spielen - bis ihre Hintergründe erkannt werden und sie Gegenstand der Naturwissenschaften wird. Aber bestimmt nicht nach dem kindgerechten amerikanischen Gottesbild oder ähnlichen Vorstellungen, die entweder Gott an unser Verhalten anpassen und/oder ihn als Ausweg aus der harten Wirklichkeit anbieten.
Viele Grüße
Torsten

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