Re: Wann oder Was...
Torsten schrieb am 15. Juli 2002 um 12:42 Uhr (554x gelesen):
Liebe Lydia,
ich glaube, Jeder kann zum Mörder werden (ich meine die bewußte und geplante Handlung). Grundlage ist die Persönlichkeit, die in einem Entwicklungsprozeß mehr oder weniger große Hemmschwellen überwindet (sie Erfurt).
Als Beispiele mögen entflohene Sträflinge oder Schiffbrüchige dienen. Ab einem bestimmten Hungerzustand wird die Moral sehr "flexibel". Ob man dabei dem Anderen den Schädel einschlägt oder zum eigenen Vorteil die Nahrung entzieht, ist ziemlich wurscht. Und die heroischen Widerstandskämpfer in den KZs waren auch die Ausnahme - Tatsachenberichte sprechen eine andere Sprache.
Mord ist eine Handlungsoption in einem körperlichen und/oder psychischen Ausnahmezustand (beim Triebtäter der "Normalzustand").
Wenn man weiterdenkt und auch die mögliche und bewußt unterlassene Hilfe sowie aktiven Entzug der Lebensgrundlage als Mord bezeichnet, kann sich Jeder selbst fragen, ob kollektiver Mord kein Mord ist. Wir als "zivilisierte westliche Welt" handeln täglich so und nicht aus einer Not-, sondern Überflußsituation. Unsere moralische Flexibilität läßt uns solche Überlegungen Spinnerei und Gutmenschentum nennen.
Der Übergang ist fließend. Aggressivität ist nur eine mögliche Voraussetzung. Egoismus aus meiner Sicht die wesentlichere.
Viele Grüße
Torsten
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