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Jojo schrieb am 25. November 2001 um 16:44 Uhr (624x gelesen):

Hallo,
ich lebe in Duisburg-Rheinhausen Ortsteil Eisenbahnsiedlung und möchte beschreiben, was hier am 21.11.2001 vorgefallen ist. Da ich am frühen morgen keine Nachrichten gehört habe, konnte ich von dem Unglücksfall auf dem Rhein nichts wissen. Auffällig war zunächst, das im Bad (Fenster stand auf Kipp) ein starker chemischer Geruch zu vernehmen war, ähnlich Domestos. Gegen 8 Uhr sind dann mehrere Feuerwagen und ein Wagen der Firma Bayer in die Eisenbahnsiedlung eingefahren. Nachdem ich jemanden des Bayer Einsatzwagens gefragt habe ob denn ein Störfall vorliegen würde, wurde nur mit dem Finger in Richtung des havarierten Schiffes gezeigt. Was ich dort gesehen habe war sehr beunruhigend. Eine riesige , schon deutlich riechbare, Wolke bannte sich ihren Weg durch die Rheinwiesen in Richtung Eisenbahnsiedlung. Dabei konnte es sich nur um nitrose Gase handeln. Auf meine Nachfrage was denn da auf uns zukommt, konnte man mir keine Antwort geben. Zu diesem Zeitpunkt befand sich ein Jogger in den Rheinwiesen, welcher die Gaswolke schon im Rücken hatte. Als Reaktion auf meine Nachfrage, ob es denn nicht nötig wäre Warndurchsagen zu machen, wurden diese dann auch getätigt. Allerdings nicht flächendeckend. Anschließend wurde die Eisenbahnsiedlung ohne Vorwarnung abgesperrt. Meine Mutter und Großmutter haben von außerhalb angerufen um mir zu sagen das sie nicht mehr in die Siedlung einfahren dürfen. Ein mulmiges Gefühl. Die Straßensperre der Polizei wurde mitten im Durchzugsgebiet der Gaswolke errichtet und konnte bis ca. 15 Uhr ohne weiteres umfahren werden. Ein Zugang zur Eisenbahnsiedlung über Uerdingen war nahezu ständig möglich. Als gegen Nachmittag der Zugang über Uerdingen geschlossen wurde, hat man in Rheinhausen-Friemersheim die Straßensperre wieder aufgelöst. Nun war für 2-3 Stunden ein Kreisfahren möglich, so das man sich ohne weiteres bis auf ca. 100 Metern dem Schiff nähern konnte. Und das mitten in der Wolke. Dieser Fehler wurde erst gegen Abend behoben. 14 Stunden nach dem Unglück hat man es tatsächlich geschafft die Unfallstelle effektiv abzusichern. Ein Zugang zu Fuß durch die Rheinwiesen war dennoch möglich! Für Heiterkeit sorgte gegen 16 Uhr eine Durchsage der Polizei: „Es besteht keine Gefahr mehr, bleiben sie aber nach Möglichkeit in geschlossenen Räumen“. Ein paradoxer Widerspruch. Mindestens 10 ältere Menschen mussten darauf hingewiesen werden (wartend an der Haltestelle) das kein Bus mehr fährt. Es fehlte jede Information. Dieses Szenario erinnerte ein wenig an einen zweitklassigen Katastrophenfilm.
Es ist erschreckend wie viele Menschen sich ungeschützt der Wolke genähert haben. Wenn unsere Umweltministerin sagt, das die Konzentration in der Wolke unbedenklich sei, dann sollte sie ihren Beruf aufgeben. Nitrose Gase sind lebensgefährlich! Das kann auch der MAK-Wert nicht korrigieren. Wenn der Grenzwert bei sagen wir mal 5ppm liegt, der Tageshöchstwert (kurzfristig) bei 8ppm ist und der Durchschnitt bei 4,4ppm liegt, dann ist doch alles in Ordnung, oder? Machenschaften Ahnungsloser Krimineller wäre da wohl die korrekte Bezeichnung. Die Messungen in den ersten Stunden nach den Unglück wurden hier in der Eisenbahnsiedlung ausschließlich von der Firma Bayer durchgeführt. Schaden selbst verursacht und dann eigene Werte eingeholt.
Es befinden sich immer noch 1600 Tonnen Salpetersäure in dem Schiff (von 1800 Tonnen) und es erweckt in mir nicht den Eindruck, das eine Gefahrlose Bergung möglich ist. Eine private Security Firma bewacht das Schiff. Wieso macht Bayer die Bergung des Schiffes nicht der Öffentlichkeit zugänglich? Wäre doch mal interessant zu sehen wie so eine Bergung (auch unter Wasser) durchgeführt wird.
Abschließend sei noch zu erwähnen, das auf dem Gelände der Firma Bayer auch gefährlichere Stoffe lagern, darunter Farb- und Geruchlose Gase die tödlich sind. Deswegen kann das was sich hier abgespielt hat keineswegs beruhigen, dies ist die Handschrift von Amateuren die sich gerne als Profis darstellen.
Mit freundlichen Grüßen
J.Klose
E-mail: Juergen.Klose@gmx.de
Pflanzenschutz muss sein,
soll das Grundwasser dreckig sein.
Medikamente tun gut,
Lipobay erzeugt nur Wut.

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