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Und es war alles ganz anders ...
Nobby * schrieb am 1. Mai 2006 um 17:35 Uhr (541x gelesen):

„Ein Spiegelartikel mit dem Untertitel : Gott nur erfunden ?“

Wer es damals nicht gelesen hat, hier eine kurze Zusammenfassung :

Der "Spiegel" brachte damals die Sensation an den Tag: Der größte Teil des Alten Testaments ist erstunken und erlogen, Gott wurde vor gerade mal 2000 Jahren erfunden und ist dem Ursprung nach ein heidnischer Götze, ein Wettergott zuständig für Fruchtbarkeit.
Im Artikel "Der leere Thron" fährt der Autor Matthias Schulz ziemlich schwere Geschütze auf. Aus den unterschiedlichsten Disziplinen sammelte er Kritik und Zweifel, ob es bei den in der Bibel erzählten Geschichten mit rechten Dingen zugehen kann. Zu Wort kommen Archäologen genauso wie Theologen, Bibelkundler, Philologen, Historiker und Ägyptologen. Das Resultat ist gelinde gesagt überraschend.
Stück für Stück analysieren die Forscher zentrale Texte der Bibel und demontieren dabei das dort gezeichnete Weltbild von der Entwicklung des jüdischen Volkes. Das angeblich so prächtige Jerusalem wird zu einem Dorf, der legendäre König David zum Mythos. Nichts bleibt von den großen Eroberungen und den mächtigen Reichen, der Auszug aus Ägypten? Ein Gerücht! Selbst Gott bleibt nicht verschont von kritischen Fragen.
Den meisten Historikern galt und gilt das Alte Testament als wichtige historische Quelle. Es tauchen allerdings mehr und mehr Ungereimtheiten auf. Da reitet Abraham auf Kamelen (die eigentlich erst sehr viel später in Gebrauch kommen) und Juden zahlen bei Moses mit barer Münze, obwohl Geld erst 300 Jahre später erfunden wird. Und das sind noch die kleineren Ungereimtheiten.
An anderer Stelle schöpften die Autoren offenbar aus dem Vollen: Statt zum Beispiel in einem großen Feldzug erobert, deutet der archäologische Befund ziemlich eindeutig an, dass das Land Kanaan friedlich besiedelt wurde. Die Bibel erzählt von mächtigen Königreichen in dem in der Realität so kargen Land. Große Herrscher sollen glanzvolle Eroberungszüge geplant und durchgeführt haben, doch ist dies wirklich wahrscheinlich in einem Gebiet, das unter der mächtigen Hand des Pharaos lag? Und in ägyptischen Quellen taucht Israel nur im Zusammenhang mit einer Strafexpedition auf.
Warum lassen sich keine Spuren vom angeblich reichsten König der Erde finden, der Gott ein Haus aus Stein baute, mit Zedernholz ausgeschlagen und ganz mit Gold überzogen? An die tausend Ehefrauen und Geliebte soll der große Salomo in seinem Palast beherbergt haben. Archäologen fanden nur kleine Hütten. Es scheint, als hätten die Verfasser der Bibel etwas übertrieben.

Ist das Alte Testament fiktiv?
Was ist mit der in der Bibel postulierten langen Tradition des Monotheismus, den heiligen Feldzügen gegen die Anbetung heidnischer Götzen? Es stellt sich heraus, dass Jahwe selbst seine Karriere als Wetter- und Donnergott begann. Als Symbol der Fruchtbarkeit stand ihm eine nackte Gefährtin beiseite - Aschera, die Liebesgöttin. Am Ende des siebenten Jahrhunderts war Juda so polytheistisch wie alle anderen Staaten auch. Selbst im zweiten Jahrhundert wurden noch (praktisch in Sichtweite des Hauptheiligtums in Jerusalem) die Regengötter angerufen und heidnische Rituale durchgeführt.
Groß und größer werden die Diskrepanzen. Ist das Alte Testament also reine Fiktion? Stellen wir die Bibel ins Regal gleich neben Äsop, Apuleus oder Petronius? Ganz so einfach ist es nun auch wieder nicht.
Lange Passagen listen Herrschernamen auf und berichten von den Alltagsgeschäften. Baumaßnahmen werden detailliert nachverfolgt und beschrieben. Ein Vergleich mit den Keilschriftarchiven zeigt etliche Übereinstimmungen. Nicht alles entstammt also der Fantasie erfindungsreicher Tempelpriester. Die Verfasser gingen durchaus vorsichtig zu Werke. Der Erfolg spricht für sie: Es dauerte mindestens 2000 Jahre, bis man ihnen auf die Schliche kam.
Viele Informationen wurden gefiltert, unangenehme Details weggelassen, Mücken wurden zu Elefanten und frei erfundene Geschichten hinzugefügt. Am Ende stand ein großartiges Epos vom erwählten Volk und dem Gelobten Land. Deshalb gestaltet sich der Erkenntniserwerb so schwierig. Die Bibel erscheint als ein fein gewobenes Netz aus Dichtung und Wahrheit.
Zumindest in Teilen des christlichen Abendlandes scheint die Erkenntnis langsam Einzug zu halten, dass nicht alles, was die Bibel uns berichtet, für bare Münze zu nehmen ist. Natürlich endet die Neugier der Forscher nicht an dieser Stelle.

Viele offene Fragen
Wer zum Beispiel waren die Verfasser und wann entstanden die Texte? Interessant wäre auch die Frage, welches die Motivation war, der äußere Anstoß, ein solches Monumentalwerk niederzulegen. Was war der ursprüngliche Antrieb, den polytheistischen Pantheon zugunsten einer monotheistischen Religion aufzugeben? Der Versuch war durchaus ungewöhnlich und war zuvor in Ägypten spektakulär gescheitert. Vor allem auf die Beantwortung dieser Fragen konzentriert sich zur Zeit also die Forschung.
Es scheint, die Einführung des Monotheismus war die Antwort auf die katastrophale Niederlage Judas gegen das Heer Nebukadnezars im Jahre 587 vor Christus. Die Niederlage markiert den Beginn der Babylonischen Gefangenschaft. Der Tempel in Jerusalem ging in Flammen auf, der letzte unabhängige jüdische Staat war Geschichte.
Nach dem Verlust des eigenen Territoriums und im babylonischen Exil könnte auch die Idee vom gelobten Land entstanden sein. Nach der Rückkehr aus der Gefangenschaft bauten sie nicht nur den Staat und den Tempel in Jerusalem wieder auf, sie erfanden auch gleich die eigene Kultur neu. Die Perser unterstützten den Jahwekult zunächst nach Kräften.
Von den folgenden Glaubenskämpfen fehlt in der Bibel allerdings jede Spur. Es war nicht nur der Kampf gegen die alten Götzen, es war auch ein Kampf um die religiöse Vorherrschaft. Der Tempel in Jerusalem wollte exklusiver Hüter des wahren Glaubens werden. Unter den so genannten Makkabäern erstritt 140 vor Christus Jerusalem nicht nur die Unabhängigkeit, es übernahm sogar den Rivalen im Norden. Es blieb nur der Name: Israel.
Damit hatte sich die Priesterschaft des Jerusalemer Tempels gegen alle anderen durchgesetzt. Es finden sich tatsächlich etliche Indizien, dass es der Jerusalemer Tempel war, der die Interpretationshoheit über die Bibeltexte hatte. Es könnte natürlich auch Zufall sein, dass alle Helden aus Juda und alle Feiglinge und Versager aus Israel kamen.
Bei der Frage der Datierung scheinen sich aktuell drei Strömungen abzuzeichnen. Die konservative Lehre vermutet eine Entstehung des Epos ab etwa 1000 vor Christus, die "gemäßigte" tippt auf etwa 600 vor Christus.
Dieser Sichtweise widersprechen die Minimalisten energisch. Die Bibeltexte seinen in ihrer Substanz vor den großen griechischen Philosophen des vierten Jahrhunderts undenkbar. Auch findet sich in den Schriften eben jener Griechen keinen Widerhall der angeblich so großen Leistungen der Israeliten. Das änderte sich erst ab dem dritten Jahrhundert. Der evangelische Theologe Professor Jörg Diebner vermutet gar, dass bis ins Jahr 50 nach Christus an der Bibel gefeilt wurde.

Noch vor nicht all zu langer Zeit hätte ihm eine solch "blasphemische" Äußerung mit Sicherheit einige Ärger beschert -- die Zeiten ändern sich.

Wie ich finde eine interessante Geschichte der anderen Art, auch wenn sie nicht überall auf Gegenliebe stoßen dürfte.

Grüsse
Nobby


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