Vor dreihundert Jahren vertrat der Altertumsforscher John Aubrey zum ersten Mal die Meinung, Steinkreise seien Tempel der Druiden. Seit damals wurde allgemein angenommen, Stonehenge sei von den Druiden erbaut und benutzt worden. Diese Annahme ist sicherlich falsch. Alles, was wir über die Druiden wissen, wurde von Schriftstellern der Antike festgehalten - wie etwa von Julius Cäsar. Sie berichten, dass es sich um eine keltische Priesterschaft handelte, die ihre Blütezeit in Britannien in der Zeit der Eroberung durch die Römer, eventuell aber auch schon in einigen vorausgehenden Jahrhunderten hatte. 

 

Zu jener Zeit jedoch standen die Steine von Stonehenge schon seit zweitausend Jahren, und das Denkmal war wahrscheinlich bereits eine Ruine. Überdies ist diesen Berichten ganz klar zu entnehmen, dass die Druiden keine eigenen Tempel bauten, sondern ihre Zeremonien auf Waldlichtungen abhielten. Es mag jedoch sein, dass die Druiden ihr Wissen und die Beobachtung von Naturereignissen - wozu auch Astronomie gehört - von den Erbauern Stonehenges ererbt hatten, und dass dieses Wissen über Jahrhunderte hinweg durch mündliche Überlieferung weitervermittelt worden war. 

 

Es wird berichtet, dass die Überlieferungen der Druiden in einer Reihe endloser Verse enthalten waren und ein Novize für das Auswendiglernen bis zu zwanzig Jahre brauchte. Da es für das vorgeschichtliche Britannien keinerlei Nachweise für irgendeine Methode der Aufzeichnung oder des Niederschreibens von Zahlen gibt, wäre dies eine Möglichkeit gewesen, dieses Wissen zu bewahren und von einer Generation an die nächste weiterzugeben. Heute wissen wir zum Beispiel, dass im Pazifik genaue Segelanweisungen für lange Seereisen lediglich durch mündliche Überlieferung über mehrere Jahrhunderte weitergegeben wurden.

 

 

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