SOLARIS - Aus dem Leben von Paramahansa Yogananda


Die Mönche

Es geschieht oft auf dem Pfad, dass selbstsüchtige Begierden mit überraschender Vehemenz dem Unterbewusstsein entspringen, um dessen Hingabe zu attackieren. Wenn solches Verlangen als Alternative an die Stelle selbstlosen Dienstes an Gott getreten ist, habe ich es am Ende zu nichts anderem führen sehen als zu Enttäuschung.

Glücklich sind die, die davon ablassen und fest entschlossen zu göttlicher Suche zurückkehren, haben sie erst ihren Fehler erkannt. Ich habe oftmals eine Weggefährtin bewundert, die, wenn sie es wagte, sich auf Mt. Washington wieder zu zeigen, nachdem sie ihm den Rücken gekehrt hatte, freudig erklärte: „Erwartet ihr von mir, dass ich meine Fehler anbete?"

Hingabe ist der größte Schutz gegen Delusion. Aber jenen devotee findet man kaum, dessen Devotion niemals schwindet, der niemals Zeiten spiritueller Leere oder Trockenheit erfährt, der niemals den Zug weltlichen Begehrens verspürt. Was tut man, wenn einen einholt, was Meister die „karmischen Bomben" der Rastlosigkeit und der Begierde nannte, besonders inmitten einer trockenen Phase? Zur Vorbereitung auf eine solche Zeit ist es wichtig, sich mit der regelmäßigen Gewohnheit der Meditation zu stärken und mit der Treue zu seinem erwählten Pfad. Wenn die Gewohnheit täglicher Meditation einmal fest verwurzelt ist, dann wird man durch so manchen Sturm hindurch wandern, ohne der Mutlosigkeit zu erliegen, selbst wenn der Weg steinig erscheint, und auch nicht einem exzessiven Höhenflug, wenn er einem leicht vorkommt.

„Loyalität ist das erste Gesetz Gottes", sagte Yogananda. Er bezog sich dabei darauf, den eigenen Pfad gelassen zu akzeptieren; dies lässt keinen Wechsel des Herzens zu, welches durch keinerlei Hindernisse von seinem Weg hinweg gerissen werden darf.

 

Loyalität, Devotion, regelmäßige Meditation, Einschwingung auf den guru - mit diesen Waffen kann jeder devotee die Schlacht gewinnen. Nicht leicht vermutlich, aber ruhmreich am Ende. Der Unterschied zwischen jenen, die im ashram blieben und jenen, die ihn verließen, schien sich auf zwei Alternativen zu beschränken: das Verlangen, nur für Gott zu leben, und das Verlangen, sich noch an das kleine, menschliche Selbst zu hängen. Jesus sagte: „Wer immer sein Leben retten will, wird es verlieren." Den ashram zu verlassen bedeutete natürlich nicht in sich selbst, geistig zu fallen. Noch währte ein solcher Fall, wenn er tatsächlich passierte, notwendigerweise diese ganze Lebensspanne lang. Es hing alles davon ab, ob einer nach wie vor Gott an die erste Stelle seines Lebens setzte, und ob einer sich weigerte, selbst den ärgsten Rückschlag als endgültige Niederlage anzusehen. Wie immer auch die Umstände lagen - wer glaubte, den ashram ohne Folgen verlassen zu können, weil er sicher war, niemals auf Gott zu vergessen, war kein weiser Jünger. „Die Verirrung hat ihre eigene Kraft", warnte uns Meister.

Während der letzten zwei Jahre seines Lebens verbrachte er viele Stunden mit den Mönchen, lehrte und inspirierte sie.

„Jeder von euch muss die Liebe zu Gott individuell anbahnen", sagte er uns eines Abends. „Haltet euren Verstand auf das Christuszentrum konzentriert, wenn ihr arbeitet. Viele kommen hierher, reden und scherzen die ganze Zeit - und spielen die Orgel." Meister blickte bedeutungsschwanger auf einen der Mönche. „Auf diese Weise werden sie Gott nicht bekommen! Es leben Mäuse im Canyon auf diesem Besitz, aber sie erfahren keine spirituelle Entwicklung! Sie haben Gott nicht. Glaubt nicht, ihr könnt geistigen Fortschritt allein deshalb erlangen, weil ihr hier lebt. Ihr selbst müsst die Anstrengung dazu unternehmen. Jeder von euch steht vor Gott allein."

Oft beschwor er uns, in unserer Kriya-Yoga-Praxis beständig zu sein. „Übt kriya Tag und Nacht. Es ist der größte Schlüssel zur Errettung. Andere Leute halten sich an Bücher und äußere Disziplin, aber sie werden Inkarnationen brauchen, um auf diese Weise Gott zu erreichen. Kriya ist der großartigste Weg, um Versuchung zu vernichten. Wenn ihr einmal die innere Freude fühlt, die es euch bringt, wird nichts Teuflisches euch berühren können. Dies wird dann wie verdorbener Käse verglichen mit Nektar wirken. Während andere nutzlos reden oder die Zeit vertrödeln, geht ihr in den Garten hinaus und macht einige Kriyas. Was braucht ihr mehr? Kriya wird euch alles geben, wonach ihr sucht. Übt es vertrauensvoll, Tag und Nacht."

Eines Nachmittags fragte ihn einer der Jünger: „Sir, wie kann man bescheidener werden?"

„Bescheidenheit", entgegnete Meister, „kommt dann, wenn man Gott und nicht sich selbst als den Handelnden sieht. Wenn du das erkennst, wie kannst du dann Stolz für etwas empfinden, was du vollbracht hast? Bescheidenheit liegt im Herzen. Sie ist keine Show, um andere zu beeindrucken. Was immer du tun magst, sage dir selbst unaufhörlich: ,Gott tut dies alles durch mich.’"

Einer der Jünger wurde durch Selbstzweifel gequält. „Solange du dich bemühst", tröstete ihn Meister, „wird dich Gott niemals fallen lassen!" Ich fragte Meister eines Tages: „Sir, auf welche Weise sollte man Menschen lieben?"

„Du solltest zuerst Gott lieben", antwortete er, „und dann mit seiner Liebe andere lieben. Wenn du Leute um ihrer selbst willen liebst statt als göttliche Manifestationen, könntest du abhängig davon werden."

Während er ein andermal über Liebe sprach, sagte er uns: „Menschliche Liebe ist besitzergreifend und persönlich. Göttliche Liebe ist immer unpersönlich. Um Hingabe auf die richtige Art und Weise zu entwickeln und sie vor dem Anstrich besitzergreifender, persönlicher Liebe zu schützen, ist es besser, Gott nicht hauptsächlich Seiner Liebe wegen zu suchen, solange man nicht selbst hoch entwickelt ist. Sucht Ihn vor allem wegen Seiner Segensfülle."

„Beginnt niemals, eure Fehler zu zählen", sagte er uns einmal. „Seid nur darum besorgt, Gott genug zu lieben. Und erzählt eure Fehler nicht den anderen, damit sie euch diese nicht eines Tages in einem Anflug von Zorn entgegenhalten. Erzählt sie dafür Gott. Vor ihm solltet ihr nichts zu verbergen suchen."

Er verbrachte viele Stunden im Gespräch mit uns, gab uns Hilfe und Ermutigung. Allem voran drängte er uns, unsere geistige Anregung innerlich, in der Meditation zu suchen. Eines Abends hielt er während einer Konversation inne, als er im Geschoß oberhalb, in dem sich die Hauptkapelle befand, einen Mönch zur Begleitung eines indischen Harmoniums chanten (37) hörte. Selig bemerkte er hierauf: „Das ist es, was ich in dieser Einsiedelei Gottes gerne höre!" 
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37) Rhythmisches, hingebungsvolles Singen nach indischer Tradition.

Aus: "The Path" von Swami Kriyananda, direkter Jünger Paramahansa Yoganandas


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