Ökumenischer Ordensgründer und Nachfolger Jesu Christi |
Ein und dieselbe Intuition hat Taize von Anfang an geprägt. Seit seiner Jugend beschäftigte Frere Roger stark die Suche nach der Versöhnung der Menschheitsfamilie, aller Menschen auf der Erde. Angesichts der vom Zweiten Weltkrieg neu aufgerissenen Fronten wollte er nicht untätig bleiben und zog 1940 nach Taize, einem kleinen Dorf in Südburgund, wo er politische Flüchtlinge, Opfer der nationalsozialistischen Besatzung, in seinem Haus aufnahm und versteckte. Bei Kriegsende wurden in derselben Gegend Lager von deutschen Kriegsgefangenen errichtet. Nun holte Frere Roger - der neuen Lage gemäß - aus den Lagern deutsche Kriegsgefangene in sein Haus, von denen viele von der einheimischen Bevölkerung misshandelt worden waren.
Auch mit der Zerspaltung unter den Christen fand sich Frere Roger nicht ab. Als er sich in Taize niederließ, dachte er daran, eine Gemeinschaft von Männern ins Leben zu rufen, mit dem lebenslangen Engagement, gemeinsam ein Gleichnis der Gemeinschaft zu verwirklichen. In der von ihm gegründeten ökumenischen Communaute‚ von Taize leben katholische und evangelische Brüder aus etwa zwanzig Ländern der ganzen Welt. Wir haben unsere eigene Identität darin gefunden, dass wir die beiden Ursprünge, den evangelischen und den katholischen, in uns selbst versöhnen, sagt Frere Roger heute. Er nahm am Zweiten Vatikanischen Konzil als geladener Beobachter teil und stand in regelmäßigem Gesprächsaustausch mit den Päpsten Johannes XXIII. und Paul VI. , wie heute mit Johannes-Paul II.
Ein Teil der Brüder ist ständig in Taize, während eine größere Zahl von ihnen auf verschiedenen Kontinenten in kleinen Fraterunitäten mitten unter den Allerärmsten zusammenlebt: in Afrika, Asien, Latein- und Nordamerika. Die Communaute‚ akzeptiert keinerlei Spenden und legt keine Rücklagen an. Ihren Lebensunterhalt und die Unterstützung anderer bestreitet sie einzig mit den Einkünften ihrer eigenen Arbeit.
Seit den sechziger Jahren sind mehrere Generationen von Jugendlichen nach Taize gekommen, um nach Antworten auf ihre Fragen und Probleme zu suchen. Die wöchentlichen Jugendtreffen, die das ganze Jahr über in Verbindung mit der Communaute stattfinden, dienen vor allem dazu, sich auf die Quellen des Glaubens zu besinnen. In regelmäßigen Abständen gibt es größere Versammlungen, bei denen Jugendliche in einer Kathedrale Europas oder eines anderen Kontinentes zusammenkommen. Hunderttausende auf allen Kontinenten haben so zu einem gemeinsamen Weg, einer gemeinsamen Suche zusammengefunden. Niemals ging es Taize darum, sie in einer festen Bewegung zu organisieren; Ziel ist vielmehr ein konkretes Engagement jedes einzelnen in seinem Lebensbereich.
An diese Jugendlichen hat Frere Roger die in diesem Buch enthaltenen Briefe geschrieben. Sie entstanden entweder in Taize oder im Zusammenleben mit den am meisten Benachteiligten in einem Elendsgebiet - in Kalkutta, auf dem chinesischen Meer, in Schwarzafrika, in Lateinamerika - und stellen einige wesentliche Bezugspunkte heraus, an die sich jeder halten kann, der sein Leben aufbauen und sich auf einen „inneren Pilgerweg eines ganzen Lebens“ machen will.
Aus Frere Roger: „Die Quellen von Taize“, S. 7-9, http://www.taize.fr/de
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