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KRANKHEIT UND HEILUNG -
Krankheit aus anthroposophischer Sicht

Der Mensch besteht aus vier Körpern: dem physischen Leib ( repräsentiert das Mineralreich im
Menschen, das Gesetz der unbelebten Natur), dem Lebens(Äther)leib (repräsentiert die vegetative
Stufe, das Pflanzenreich, die Gestaltung erfolgt durch kosmische Kräfte), dem Seelen(Astral)leib
(repräsentiert das Tierreich) und dem Ich (repräsentiert das Geistige Prinzip).

Es gibt drei Gruppen von Organen, zuerst solche des Nerven Sinnessystems, die für das Denken und
Vorstellen zuständig sind, dann die Organe des rhythmischen Systems, wie Lunge und Herz, die für
das Fühlen verantwortlich sind, und schließlich das Stoffwechsel- Gliedmassensystem, das auf das
Wollen wirkt.

In jedem System gibt es spezifische Krankheiten, die als fehlgesteuerte physiologische Prozesse
angesehen werden.

Zur Heilung gilt es die Botschaft der Krankheit zu verstehen, durch Medikamente, Wärme,
Homöopathie, Pflanzen, Metalle, Heileurhythmie, künstlerischem Ausdruck und Psychotherapie wird
dieser Prozeß gefördert.
 

Krankheit in Geschichte und Religion

Die Deutung der Krankheit als Resultat eines Fehlverhaltens, das den Zorn diverser Götter oder
Dämonen hervorgerufen hat, findet sich bei Steinzeitlichen Völkern, bei antiken und modernen
Religionen, im Animismus, Schamanismus usw. Plato sagte, daß hinter jedem Ding eine Idee stünde.
Die Krankheit kann man als formalen Aspekt eines geistig-seelischen Inhalts sehen, Symptome sind
Verkörperungen seelischer Themen. Goethe ging davon aus, daß alles Geschaffene ein Gleichnis ist.
Dieses im Grunde uralte Krankheitsverständnis führt direkt zu religiösen Vorstellungen. Wie kann
ich mein Fehlverhalten wieder gut machen, wie kann ich den Zorn der Gottheit besänftigen? An
erster Stelle stehen hier Gebete, Zaubersprüche, Rituale, aber auch Wallfahrten, Darstellung der
erkrankten Körperteile in Skulptur und Malerei.

An dieser Stelle ist anzumerken, daß auch heutzutage viele Heilungsmaßnahmen magischen und
rituellen Charakter haben (Visite, weißes Gewand, übertriebene Diagnostik).

Ein schönes Beispiel der Heilung durch Religiosität ist aus dem antiken Griechenland bekannt. Die
Leidenden begaben sich in den Tempelbezirk des Gottes Asklepios, unterzogen sich intensiver
Reinigungsrituale, kleideten sich in weiße Gewänder, dann folgte eine Liturgie mit Gebeten,
Gesängen und Meditationen, Opferungen und Mahlzeiten. Als Höhepunkt der Heildramaturgie hatte
sich der Aspirant zu abendlicher Stunde auf der geweihten Erde des Kultortes zum sogenannten
Inkubationsschlaf (Tempelschlaf) niederzulassen. Im Traum sollte ihm Asklepios erscheinen und die
erforderliche Therapie mitteilen.

Neben Asklepios entwickelten sich in der Folge "organspezifische Götter, genauso wie sich im
Mittelalter neben Christus medicus bestimmte Heilige sich auf ihr Organ spezialisierten.

Die Vorstellung, daß Krankheit die Störung eines Gleichgewichtes von im Körper befindlichen,
unterschiedlichen Kräften ist, ist ebenfalls seit der Antike bekannt. In der Viersäftelehre besteht der
Flüssigkeitshaushalt aus der ausgewogenen Mischung von Blut, schwarzer Galle, Schleim und Galle.
Letztere entsprechen im Makrokosmos die Elemente Luft, Erde, Wasser und Feuer; ihnen sind vier
Qualitäten assoziiert, nämlich Kälte, Tockenheit, Feuchtigkeit und Wärme. Die Ausgewogenheit der
Säfte- und Qualitätenmischung kann durch äußere Einflüsse (Klima, Gifte, ungünstige Lebensweise,
falsche Ernährung, psychische Belastungen) beeinträchtigt werden und dadurch Krankheit
verursachen.

Krankheit in Psychsomatik und Esoterik

Auch hier gilt, daß alles körperliche Geschehen Ausdruck eines dahinterliegenden seelischen Inhalts
ist, der Körper erscheint als Spiegel der Seele. Es gilt deshalb im therapeutischen Prozeß die
Symptomsprache zu verstehen, sich des zugrundeliegenden Konfliktes bewußt zu werden, die
Bearbeitung bzw. Lösung geht dann mit Heilung einher.
 

Die Rolle der Therapeuten

Schon zu Steinzeiten haben es einzelne Menschen verstanden, sich in der Behandlung von
Krankheiten Kompetenzen zu erwerben (Schädeltrepanationen 1). Der Medizinmann spielte dank
seines Wissens und seiner Weisheit eine bedeutende Stellung in der Stammeshierarchie. Mit Gebeten,
Gesängen, Ritualen, Tänzen, Verwendung von Pflanzen und auch tierischen Materialien bzw. deren
Zubereitung und nicht zuletzt auch sich langsam entwickelnder physiologischer Kenntnisse, wird er
es schon manchmal geschafft haben, einen Kranken zu heilen.

Aus den Medizinmännern von einst ist eine Horde von Ärzten geworden, dazu eine ganze Armee
von Pflegepersonal und Legionen von assoziierten Berufen im technischen, chemischen und
wirtschaftlichen Bereich. Was sind ihre Motive? Neben dem narzistischen Profit, spielt Geld,
krisensicherer Arbeitsplatz aber auch Angst vor der eigenen Krankheit eine Rolle.

Aus der Christlichen Tradition (Gleichnis vom barmherzigen Samariter) entwickelte sich die
Krankenpflege, also eine eigene Kultur, die Kranken, Siechen und Sterbenden nicht ihrem Elend zu
überlassen, sondern ihnen Hilfe und Linderung zu verschaffen. Das Mitgefühl fußte auf der biblisch
gebotenen Nächstenliebe und auch in der Bewußtwerdung des Göttlichen Kerns in jedem Menschen.

Therapeutische Arbeit hat auch einen Selbsterfahrungs- und Selbstfindungseffekt. Die Arbeit am
Kranken wird zur Arbeit an mir selbst. Man erlernt Einfühlungsvermögen, Achtsamkeit, Wachheit,
Aufmerksamkeit (SATTI PATHANA).

Die Maßnahmen am und um den Patienten werden nicht nur durch die Krankheit und deren
offiziellen Regel zu Heilung determiniert, sondern es gibt dabei viele Möglichkeiten eigene
Vorstellungen zu verwirklichen. Das beginnt bei der Gestaltung des Krankenzimmers, der Kleidung,
der Auswahl der Speisen, und setzt sich fort bei Personal- und Dienstentscheidungen, bis zum
diagnostischen und therapeutischen Management (IKEBANA).

 

© Urheberrecht und copyright by Prema, Wien, 1998
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