Das SUDOKU-LABOR
Asherah * schrieb am
8. Juli 2007 um 10:17 Uhr (1143x gelesen):
Wie wenig Menschen haben Genie zum Experimentieren. Der ächte Experimentator muß ein dunkles Gefühl der Natur in sich haben, das ihn, je vollkommner seine Anlagen sind, um so sicherer auf seinem Gange leitet und mit desto größerer Genauigkeit das versteckte entscheidende Phänomen finden und bestimmen läßt.
(Novalis, Das allgemeine Broullion, Physikalische Kunstlehre, S. 89)
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Wie es auf der Seite der "Eso/Paras/Etc." aussieht, haben wir ja schon an früher Stelle diskutiert. Da gehe ich jetzt nicht mehr drauf ein, sonst hauen die uns irgendwann noch für unsere "Arroganz"...;-)
Doch die Frage, ob die Wissenschaftler selbst dran schuld sind..
Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Würde deutlich eher zu einem "Nein" tendieren. So ganz ist mein Glaube dann doch noch nicht zerstört.
Als erstes möchte ich feststellen, dass es niemals anders war. Der Mensch hat sich schon immer gegen den Fortschritt gewehrt.
Und genau dies ist z.B. eine der weltbildveränderten Erkenntnisse, die ich aus meinem bisherigen Studium gewann: Die "Evolution" selektiert auf Erhalten. Das nennt sich "statische Evolution". Früher war ich immer recht verzweifelt, warum - wenn man sich mal so die Wissenschaftsgeschichte anschaut - sich bis dato der Mensch gegen alles neue wehrt und jedesmal eine Hexenjagd machte. Ich war verzweifelt, weil man es ihnen nicht begreiflich machen konnte... egal wie viele Beispiele man ihnen aus der Wissenschaftsgeschichte nannte. Fast jeder guter "Wissenschaftler" tat Verbotenes, war mutig, wurde verurteilt etc. Dennoch: Nein, die Menschen begreifen es nicht. Aber ich war verzweifelt in dem Sinne, dass man es ihnen begreiflich machen KANN, wenn sie nur WOLLTEN.
Dann "spielte" ich Streber und las etwas mehr über die Evolution. Etwas, was in meinen Kursen bisher noch nicht dran kam, und erst im nächsten Semester folgen wird und auch nur weil ich das Fach/Seminar wähle. An anderen Biologen geht vielleicht sogar das vorbei. Ich las über die statische Evolution. Seit dem weiß ich, dass es in der Natur des Menschen, in der Natur der Evolution liegt, dass Menschen keinen Fortschritt wollen. Und das man dagegen nichts machen kann. Aber zu dieser "statischen Evolution" gehören auch immer die Ausnahmen. Sonst funktioniert es nicht.
Als zweites reagiert Geld nun mal die Welt. Und eben auch die Forschung. Das war schon immer so. Dies ist keine Errungenschaft der Neuzeit. Sogar die Alchemisten haben sich für "Forschungsgelder" verkauft... Aber damals gab es diese Globalisierung nicht, und wenn einer davon was Gefährliches erfunden haben mag, so wäre es recht lokal geblieben und auch nicht so gefährlich wie z.B. die Gentechnik.
Als drittes muss man die Wissenschaft/ler von der Boulevard-Presse trennen. Was im Volk so ankommt ist nicht gleich, was wirklich gemacht oder angestrebt wird. Eigentlich kümmert sich ein "echter Wissenschaftler" - meiner bescheidenen Meinung nach - gar nicht darum, was daraus werden könnte, was er macht. Denn wirklich ALLES, egal wie gut die Motivation, kann mißbraucht werden. Dann dürfte man gar nichts mehr machen....Man forscht aus einem Forschungsbedürfnis heraus. Aus leidenschaftlicher Neugierde. Und - siehe Punkt zwei - leider geht das aber nicht ohne Geld.
Bei diesem Punkt bin ich mir allerdings unsicher. Mein Frust, was alles Böses gemacht wird, beruft sich eigentlich auf all diese Horrormeldungen der Wissenschaftsboulevardpresse mit ihrer reißerischen Überschriften um es dem Volk schmackhaft zu machen, ihre Zeitschriften zu kaufen und TV-Sendungen anzusehen. Vielleicht ist es in Wahrheit ja gar nicht so schlimm? Aber ich bin mir recht sicher, dass der Menschheit alles zuzutrauen ist. Eben weil diejenigen, die Kohle haben, meist eben weniger spirituell/moralisch sind, und wiederum siehe Punkt zwei - Geld aber nun mal regiert. Aber das war, ebenso wie gesagt, schon immer so.
Viertens ist es bei der heutigen Spezialisierung ohnehin so, dass kaum jemand noch etwas "Ganzes" erforscht, sondern jeder nur winzige kleine Teilbereiche, die als solches vermutlich sehr ungefährlich sind. Aber irgendwer (mit Kohle) setzt diese Wissenfragmente dann irgendwann einmal zu sammen auf eine Art und Weise, die man nicht wirklich vorher sagen kann.
Kurz: Zu allen Zeiten hatten die Wissenschaftler zwei Probleme. a) dass sie keinen Einfluss darauf haben, was aus ihren Erkenntnissen gemacht wird und b) dass sich die Menschheit und auch die eingefahrenen Wissenschaftskollegen gegen einen Fortschritt wehren.
Böse gesagt, sind vielleicht deshalb die "erfolglosen" Wissenschaftler die, die die besten Erkenntnisse bringen...
Und dann noch die Frage der Politik, Bildungspolitik, welche auch der reine Horror ist. Gerade meine letzten drei Wochen mit einem sehr plauderhaften Professor rund um die Uhr gaben mir noch weitere Einblicke in den Alltag an einer Universität... und ja... es ist erschreckend. Dafür können die dort Angestellten aber eigentlich recht wenig.
VIelleicht ist Intelligenz, die Suche nach Erkenntnissen und Wissenschaft vielleicht auch nur eine dekande Luxusware. Das hat mich vor ein paar Jahren beschäftigt, als mir klar wurde, was es für Luxus ist, überhaupt so etwas wie Bildung zu haben... Braucht eigentlich kein Mensch zum blanken Überleben.
Für manche Wissenschaftler ist es ein Beruf. Für andere eine Berufung. Und für die, für die es eine Berufung ist, ist es wohl ebenso eine brotlose Kunst, wie man gerne den mittellosen Künstlern zuschreibt... Und vielleicht ist wahre Forschergeist deswegen viel eher eine "Lebenseinstellung" als das Auswendiglernen von Fakten. Zumal man sich - wenn man wirklich gut sein will - ohnehin von den Illusionen lösen muss, dass man irgendwas endgültig beweisen könnte. Sondern muss Freude daran haben eigene Theorien zu widerlegen und mit verschiedenen Arbeitshypothesen wild zu jonglieren. Man sucht nicht nach "Wahrheiten". Man spielt wissenschaftlichen Sudoku...
LG
Ash
PS: Ganz privat, bei mir kommt halt zu der "Sinnkrise" noch hinzu, dass ich definitiv meine letzten Semester nicht mehr finanzieren kann, meinen Forschergeist wegen Einschränkungen durch Kind/Finanzen nicht richtig ausleben kann, und trotz finanziellem extremen Zeitdruck mich immer noch nicht für meine Nebenfächer entscheiden konnte...
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