Die Erschaffung von Golems und Psychogonen

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Psychogone und das Prinzip der Beseelung

Ein Psychogon ist eine magisch erschaffene Astralform, die sich in Extremfällen bis zur Sichtbarkeit verdichten kann. Als Psychogon können sowohl Objekte als auch belebte Erscheinungen gebildet werden. Letzteres ist für die hier gewählte Thematik interessanter. Psychogone dieser letzteren Art bilden die Seele eines Golems, eines magisch erschaffenen Lebewesens, das im Besitz eines materiellen Körpers ist. In den allermeisten Fällen besaßen die Golems keinen zu Fleisch gewordenen Körper, wie dies in den berühmtesten Golemerzählungen (z.B. Prager Golem) berichtet wird. Dennoch wurde zur Erschaffung dieser auf materieller Ebene nicht existenten Golems eine menschengetreue Figur aus Lehm gebildet, bekleidet und mit allen Attributen des Lebens versehen. Man erwartete sich auch nicht, daß sich dieser Lehmkörper in einen fleischlichen Körper umwandeln würde, vielmehr war der Lehmkörper als Behausung, als "Käfig" des Psychogons gedacht, wodurch jenes nur dem Magier oder zu besonderen Anlässen sichtbare Wesen auf diese Art ortsgebunden und besser magisch handbar wurde. In dem Roman "Marion" (dem Autor auf mediale Art vermittelt) wird von so einem Golem berichtet. Solche Golems, die keinen lebendigen physischen Körper besaßen waren deshalb nicht weniger mächtig.

Nähere Angaben über Psychogone finden sich in Psychogone . Hieraus auch folgender Abschnitt:

"Psychogone sind Gedankenschöpfungen, welche durch ein Zusammenwirken von starken Emotionen und plastischer Vorstellungskraft zu einer transzendenten Realität gelangen. Oft werden sie zu einer sichtbaren Erscheinung für den Urheber und mitunter auch für andere Personen. Der Schöpfer dieser Gedankenform sieht dann dieses Gedankenbild als Gegenstand oder Person vor sich.

Zwecks besserer Übersicht teile ich die Psychogone hier in vier Kategorien ein:

  1. Objekte
  2. Bestimmte Personen, mit denen man in Verbindung treten will
  3. persönliche Schutzgottheiten und Diener
  4. kollektive Gottheiten

Der zweite Punkt, die Erschaffung von Psychogonen in Gestalt oder in Beziehung zu anderen Personen mag für das Erste nicht klar verständlich sein, weshalb ich diesbezüglich mehr ins Detail gehen möchte. Es sind zwei Methoden, die je nach Zielsetzung von einander verschieden sind, welche für diese Kategorie von Psychogonen eingesetzt werden:

1) Die Gestaltung eines materiellen Abbilddes der Person. Dies ist im einfachsten Falle eine Fotografie auf einem Altar oder sonstigem magischen Bereich. Weiters gibt es noch selbstgemachte, meist plumpe Figuren, denen ein Porträtfoto als Gesicht appliziert wird (Voodoo). Als dritte Form seien die in Europa geläufigen sympathiemagischen Puppen erwähnt, denen zur "Beseelung" ein Teil beigegeben wird, z.B. Haare, Schnipsel von Fingernägeln, Kleidungsstücke etc., welcher der Zielperson entstammt. Diese Teile werden in die Figur eingeknetet, oder außen angeheftet.

2) Die Ershaffung eines meist nur dem Devotee sichtbaren, mental verlebendigten Abbildes einer Person (z.B Guru im Bhaktayoga, oder eine Gottheit wie Krishna etc.). Die Praktikanten jener Techniken sind sich zumeist nicht des magischen Hintergrundes bewußt und sind überzeugt der realen Person oder Gottheit gegenüber zu stehen."

Die Erschaffung eines Golems fällt in die dritte Kategorie der obigen primären Psychogoneinteilung und wird nachstehend erläutert.


Die Schöpfungsgeschichte und der Golem

Golems, wie wir sie aus Sagen kennen, sind Schöpfungen unserer abendländischen Kultur. Zwar anders in der Erschaffung, aber dennoch in gewisser Weise mit den Golems verwandt ist der Homunculus aus der Alchemie.

Um dem Ursprung der Golemerschaffung näher zukommen müssen wir auf das Alte Testament zurückgreifen. Der Schöpfungsgeschichte im alten Testament zufolge schuf Gott Adam, indem er Lehm (nicht Staub) zu einer Menschengestalt formte und ihr die Seele einhauchte. Bei der Erschaffung eines Golems wird dieser Vorgang nachvollzogen: in die Lehmgestalt wird die Seele mit Hilfe des magischen Schöpfungswortes, dem Schem, dem Namen Gottes, hineingebunden. "....entnahm er dem Bücherschrank das Buch "Jezirah" und suchte nach der Stelle, wo von der Schöpfung des Urmenschen Adam die Rede ist".

Zumeist wird der Schem auf ein Pergament geschrieben und dem Golem in den Mund gelegt (verborgen und doch greifbar), bisweilen wird er auch auf der Stirne angeheftet. Durch den Mund hat ja auch Gott dem Adam die Seele eingehaucht und durch den Mund wird beim Sterben die Seele ausgehaucht (alter Volksglaube).

Das vom magischen Standpunkt Ungewöhnliche oder Außergewöhnliche in den Golemlegenden ist die Fleischwerdung der Lehmform. Die besondere Bedeutung des Lehmes reicht bis in älteste Zeiten zurück. Wahrscheinlich war in den Anfängen der Töpferei (noch bevor Tonformen gebrannt wurden) die Kunst des Töpferns etwas Besonderes und das hierfür verwendete Material etwas Magisches. Dies galt nachweislich für einige handwerkliche Umgestaltungskünste des Menschen - so wurde der Schmied früher als Magier geachtet (in manchen Ländern Afrikas ist dies noch heute der Fall). Wenn wir in Märchen einigermaßen belesen sind, so wissen wir, daß dies auch für den Müller zutrifft (z.B. gestiefelte Kater, sieben Raben etc.). Deshalb ist es sicherlich naheliegend, dies auch von der Töpferei der alten Zeiten anzunehmen.

Es gibt einige Regionen in Afrika, in denen bis in jüngste Zeit der Lehm als das "Fleisch" der Erdgottheit erachtet wurde und zwar war es roter Lehm, dem diese besondere Bedeutung beigemessen wird. Auf die Bedeutung des Lehms im alten Testament wurde bereits hingewiesen. Die Bezeichnung "Staub" ist eine Abwertung und entspricht nicht dem ursprünglichen Glauben. Auch in der "heiligen Kommunion" finden wir die Umwandlung der Hostie in das Fleisch Christi (früher glaubte man an eine tatsächliche materielle Umwandlung).


Aus dem Buch "Marion" - eine Erzählung über die verheerenden Folgen einer Golem-Magie.

Günther Kretzschmer: "Marion", Die Lebensbeichte einer Toten. Turm Verlag, Bietigheim, 1970

Im Laufe der Erzählungen im Buche "Marion" hören wir mehr und mehr über die Hintergründe, welche zur Erschaffung eines Golems führten, bis zu Details der Magie zu seiner Erschaffung. Was dieses Buch jedoch von anderen Golemerzählungen unterscheidet, ist die Schilderung der karmischen und magischen Rückwirkungen auf den Magier als Urheber des Golems. Während in den Golemlegenden von Prag und anderswo die Rabbis, welche Golems erschufen glorifiziert wurden und ein Herannahen großen Unglückes noch rechtzeitig durch die Auflösung des Golems zuvorgekommen wurde (z.B. der Golem wurde immer größer oder wurde zusehends widerspenstig), ist die Geschichte in ihrem Ablauf im Buch "Marion" nicht so glimpflich abgelaufen.

Die in "Marion" abgehandelte Geschichte ist eine medial empfangene Botschaft, welche die Situation der Magier Jahrhunderte später nach dem Ereignis wieder gibt. Es wird hierin über die Folgewirkungen und das Bemühen um die Auflösung des Golems erzählt. Denn die zur Belebung des Golems nötigen Seelenkräfte entstammten den beiden Magiern und diese Seelenkräfte waren durch alle künftigen Geburten an den Golem gebunden, als Werkzeug zerstörerischer Kräfte. Nicht nur, daß die Seelenkräfte zur inneren Weiterentwicklung den zwei Magiern fehlten, waren beide Magier auch karmisch für alle Taten verantwortlich, welche mit Hilfe ihrer in dem Golem inkorperierten Seelenteile verursacht wurden.

Dieses Buch ist nicht nur spannend zu lesen, sondern auch eine wissensmäßige Bereicherung für jeden, der sich für solches Spezialwissen interessiert.


Literatur:

1) Chaim Bloch: "Israel der Gotteskämpfer" (Verlag unbekannt). Hier wird auch der Vorgang der Erschaffung des Golems geschildert.
2) Günther Kretzschmer: "Marion", Die Lebensbeichte einer Toten. Turm Verlag, Bietigheim, 1970
3) Eduard Petiska: "Der Golem", Jüdische Märchen u. Legenden aus dem alten Prag. Lilien Verl., Wiesbaden, 1972
4) Ostjüdische Legenden. mit 52 Bildern von Anatoli L. Kaplan. Aus dem Jüd. übertragen v. A. Eliasberg. Leipzig, Gustav Kiepheuer Verl., 1983
5)Gustav Meyrink: Der Golem. Oft verlegt und das bekannteste Golembuch