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Stufen zum Licht

Wie viele Stufen bin ich schon im Leben gegangen.
Die ältesten verlieren sich schon im Nebel der Vergangenheit.
Wie schwer fällt es mir, wenn ich wieder vor einer neuen Stufe stehe und mühselig emporsteigen muß.
Oft hadere ich mit dem Schicksal und zumeist dauert es Jahre, bis ich dies dankbar angenommen habe.
Aus jeder Stufe habe ich gelernt. Dennoch fürchte ich mich vor jeder neuen Stufe.

Jedesmal, wenn ich vor einer neuen Stufe stehe, vergesse ich, daß auch andere Menschen ihre Stufen ersteigen müssen, und ich hadere, als ob nur mir allein solche Mühsal zugemutet werden würde. Ob ich durch all mein Mühen auch das Mühen anderer Menschen erfassen und schätzen lernen werde?


Stufen
(Hermann Hesse)

Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heirnat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Es will uns Stuf' um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lehenskreise
und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen;
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegen senden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden...
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde.

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© copyright Alfred Ballabene , Wien