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Gedankenstille (sanskr.: Mauna)

@ copyright Jakob WERNER, Wien, 1997



Gedankenstille

"Antar Mouna" bedeutet Innere Stille. Die innere Stille ist einerseits eine Vorbedingnung für die Meditation, andererseits bringt sie Freude und Heiterkeit im täglichen Leben.

Die Methode nach dem indischem Yogasystem ist folgende:

1. Gedankenbeobachtung:
Man richtet die Konzentration auf das Stirnchakra, betrachtet den grauen Augenhintergrund und die Formen und Gedanken die auftauchen und wieder vorbeigehen immer im Bewußtsein des unbeteiligten Zeugen. Manchmal entsteht ein Augenblick des Vergessens, des "Abdriftens", dann erinnern wir uns wieder der Übung und fahren unbeirrt fort.

Nach einiger Zeit der Praxis werden die Gedanken feiner und bekommen eine geistige Realität. Nun kann man zur Meditation über ein Gottesbild ("Ishta Deva"), sei es gestalthaft oder gestaltlos, übergehen.

2. Gedankenordnung:
Manchmal entstehen Gedanken zwanghaft; wir mögen uns streuben, in Sorge und Grübelei zu verfallen, trotz aller Anstrengung können wir die Wogen nicht zum Stillstand bringen. Die Übung besteht darin, einen solchen Gedanken wie Sorge, Geiz, gekränkte Eitelkeit oder ähnliches, bewußt zu erzeugen oder zuzulassen, ihn deutlich anzusehen und eine Zeitlang zu bewahren um ihn dann entlassen zu können. Anschließend meditiert man Ishta Deva, die Gottesvorstellung, in der Art einer Visualisierung, danach wendet man sich wieder der Gedankenübung zu und wechselt so zwischen beiden ab, wobei ein kontinuierliches Gewahrsein aufrecht erhalten werden soll. Ziel ist es, die Identifikation mit niederen Gedanken oder Emotionen zu verlieren.

3. Gedankenstille:
Nachdem Entspannung und Loslösung von den Alltagsgedanken erreicht ist, geht man über zur Konzentration auf den inneren Himmel oder "Chitakash", den astralen Ort des Bewußtseins: das Gewahrsein eines inneren Raumes, in dem Gestalten oder schemenhafte Gedankenformen auftauchen können, die aber nicht relevant sind; der Raum ist nach allen Seiten hin offen, das Bewußtsein befindet sich im Mittelpunkt, und ist hell wach. Ziel ist es, den Zustand des Nichts zu beobachten. Verschiedene Zustände können auftreten, andere Wirklichkeiten können erlebt werden, sollen aber nicht analysiert werden. - Dem Ishta Deva des Bhakti Weges entspricht hier der Glaube an eine gestaltlose Wahrheit, die ebenso erfahrbar ist, wie eine persönliche Gottesvorstellung.

Nach: Ma Yogashakti u. Swami Satyananda, Dynamik des Yoga, Wien, 1967



Mouna-Übungen nach unserer Ashram-Tradition

Atemlauschen
Der Atem fließt natürlich und unbeeinflußt aus und ein. Wir versuchen ganz dieser Bewegung gewahr zu werden, dem Strom des Atems zu lauschen: die Ausatmung, die Auflösung im Raum und die Einatmung, das Aufnehmen von Bewußtsein geschehen von selbst. Wir schenken diesem Vorgang so hingegeben unsere Aufmerksamkeit, daß der gedankliche Prozeß völlig in den Hintergrund tritt. Bei längerer Praxis stellt sich ein Zustand von großer Aufmerksamkeit und erhöhter Bewußtheit ein.

Atemzählen
Jeden Atemzug zählen wir still und stellen uns dabei die entsprechende Zahl bildlich vor. Wir zählen von eins bis zehn und wieder zurück von zehn bis eins, ohne von der Konzentration abzuweichen - mindestens ein- bis zweimal (man kann anfangs auch die bildliche Vorstellung weglassen). Durch diese Konzentrationsübung wird das "Denkwerkzeug" bzw. die verbale und visuelle Vorstellungskraft gebunden und von kreisenden Alltagsgedanken abgezogen. Anschließend ist es leichter, über den Atem in einen Zustand der Stille einzutreten.

Gedanken beobachten
Man versucht die Gedanken wie Wolken vorbeiziehen zu lassen; ohne Bewertung und Kommentar sollen sie unbeeinflußt kommen und gehen. Dabei stellt sich ein "Hintergrund" der Stille ein, vor dem die Gedanken vorbeiziehen und allmählich geringer werden.

Graue Mauer
Im Zen sitzen die Mönche bei dieser Übung vor einer grauen Wandfläche - wir üben zumeist vor einer weißen Fläche. Die Augen sind halb geöffnet und auf einen Ausschnitt der strukturlosen, weißen Wand gerichtet. Die Fläche wird dabei nicht fixiert, die Pupillen sind ruhig und entspannt. Im fortgeschrittenen Stadium schließt man die Augen und auftretende Bilder werden mit der imaginierten, weißen Wand gelöscht.

Reines Beobachten
Das hingebende und staunende Betrachten soll auf ganz natürliche Weise den Gedankenprozeß verstummen lassen und ein Innehalten in Stille ermöglichen - ein ganz hier und jetzt gegenwärtig sein.

Sehen wie am ersten Tag
"Das Gesehene soll lediglich ein Gesehenes, das Gehörte lediglich ein Gehörtes ... das Erkannte lediglich ein Erkanntes sein", Buddha.

Mounaspaziergang
Das "Reine Beobachten" oder "Sehen wie am ersten Tag" wird hier zeitlich und räumlich ausgedehnt und mit dem Erleben der Natur verknüpft. Ein Gefühl der Vertrautheit und des Eingebettetseins in den Strom des allen gemeinsamen Lebens wird gefördert. Wir sehen die Dinge, Pflanzen, Tiere ganz unvoreingenommen, staunend, jeden Augenblick neu und empfinden eine tiefe Verbundenheit mit dem Leben.

Aus: Yogaskript "Mouna"






Alfred Ballabene