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DIE ACHT BROKATÜBUNGEN
© copyright Evelyn Hutter, Wien |
PA TUAN CHIN = achtfache und elegante Bewegungsreihe (nach S. Palos)
Zur Geschichte: Schon die verschiedenen Namen der Übungen - Brokatübungen; Die acht Schatzstücke; Pakua ... - deuten auf eine reiche Überlieferung hin. Jenen Übungsablauf, der im Ashram geübt wird und den ich vorstellen möchte, dürfte auf das 12. Jhd. zurückgehen. Die Ursprünge sind auf jeden Fall älter. Die ersten Aufzeichnungen über eine meditative Gymnastik finden wir im Neijing - es handelt sich dabei um das umfassende Werk der damaligen chinesischen Medizin, welches allerdings auch heute noch maßgebend ist. Wir finden darin das Element des Schwingens - darunter verstehen wir langsam hebende Bewegungen und eine relative Bewegungsarmut. Dieses Element läßt uns einen taoistischen Ursprung vermuten.
Taoistisch/kosmologischer Hintergrund: Wie schon erwähnt, handelt es sich bei den Übungen um acht Übungen und die Anzahl acht und die Verwandtschaft des Namens mit dem Ausdruck Pa-qua = acht Zeichen, zeigen uns eindeutig einen Zusammenhang mit dem I Ging. Dort heißt es: "In den Wandlungen gibt es das Taiji (Uranfang), das die beiden Instrumente (Yin und Yang) hervorbringt, diese erzeugen die vier Bilder und diese die acht Trigramme." Das heißt also, was für den Makrokosmos gilt, hat auch seine Entsprechung im menschlichen Körper. Der Sinn der Übungen ist es, die beiden Wirkkräfte - also Yin und Yang - in Einklang zu bringen. Also einerseits den Körper auf all seinen Ebenen zu harmonisieren und andererseits einen Einklang zwischen den drei Potenzen - Erde-Himmel-Mensch - zu finden. Jede Bewegung bzw. Haltung spiegelt nun die Polarität bzw. Ergänzung von Yin und yang.
Wie gesagt spricht die Anzahl acht am ehesten für eine Einordnung in das I Ging - System. Die Trigramme wurden schon früh mit den Körperteilen und mit den einzelnen Übungen in Verbindung gebracht, wobei sich die folgende Ordnung als verbreitetste und sinnvollste erwiesen hat:
qian - Schöpferisch/stark/Himmel.... Kopf.... Himmel stemmen
kun - Empfangend/hingebend/Erde..... Unterbauch, Milz und Magen
zhen - Erregend/beweglich/Donner..... Füße.... Fäuste
ballen
kan - Abgründig/gefährlich/Wasser..... Ohren.... Knie
beugen
gen - Stillehalted/Ruhe/Berg..... Hände.... Bogen spannen
sun - Sanft/eindringend/Wind..... Beine.... Fersen heben
li - Haftend/leuchtend/Feuer..... Augen.... Fisch
dul - Heiter/fröhlich/See..... Mund.... nach hinten blicken
Bei den Bildern des I Ging handelt es sich nicht um statische Zustände, sondern um eine Bewegungstendenz. Weiters lassen sich auch Zusammenhänge zwischen dem Wu Hsing - 5 Wandlungsphasen - und den Übungen finden, wobei sich am ehesten über die Akupunktur-Diagnostik der Bezug zu den Meridianen und somit zum feinstofflichen Geschehen herstellen läßt.
GRUNDLEGENDE TECHNIK DER ÜBUNGEN
1. Atmung
2. Qi
3. Übungshaltung - Ausrichtung
4. Vorbereitende Übungen
Allgemeine Richtlinien zu den Übungen:
Atmung: Wenn wir die einzelnen Menschentypen beobachten, so sehen wir, daß ein ruhiger, ausgeglichener Charakter einen langsamen, gleichmäßigen Atemrhythmus hat. Diese Tatsache ist die Grundlage der Atem- und Bewegungstherapie. Die Bewegung als äußerer und die Atmung als innerer Faktor helfen einen ruhigen Zustand des Organismus herbeizuführen und somit krankhafte Reaktionen zu verhindern oder auszuheilen. Bereits 400 v. Chr. findet man die ersten Hinweise auf die Atemtherapie in einigen taoistischen Texten: "Das Alte ausstoßen, um das Neue aufzunehmen.. bringt nur langes Leben." Dabei wird die Bauchatmung angewendet, was einerseits eine vorteilhafte Wirkung auf die inneren Organe und andererseits die Basis der inneren Alchemie in sich hat. Der Ausgangspunkt ist die Konzentration der Atmung im unteren Tan-tien. Die Bewegungsform dient nur dazu eine entsprechende Form der Atmung zu finden. Durch das Hineinhorchen wird die äußere Form später jedoch zweitrangig, um dann später ganz durch die Atmung getragen zu werden.
Ein- und Ausatmen durch die Nase.
Atmung möglichst fein und leise.
Abdominalatmung / Tan-tien.
Einatmen: Heben (Rumpf, Arme)- allgemeine Öffnungsbewegung. Beim Atemanhalten noch genauer hinein horchen. Ausatmen: Senken (Rumpf, Arme) - allgemeine Abschlußbewegung.
Über die Harmonisierung des Atems sucht der Taoist seine Mitte - den ausgeglichenen Platz zwischen Himmel und Erde - und strebt nach echtem Verharren im TAO.
Der Begriff des Qi: Die Atmung wird in der chinesischen Sicht nicht nur als Sauerstoffaustausch - auf welcher Ehene auch immer - verstanden, sondern zum Begriff der Atmung gehört im Wesentlichem auch das Strömen und das Wechselspiel der inneren Atmungs-Energie. Ehen diese Vorstellung - äußere u n d innere Atmung machen den Begriff des Qi aus, wie wir ihn hier verstehen.
Übungshaltung:
Grundlegende Körperhaltung: Es soll sich eine lockere aufrechte Körperstellung
ergeben. Für den Anfänger ist es wichtig sich auf folgende drei
Dinge zu konzentrieren:
- hängende Schultern
- gerade Wirbelsäule
- ruhige, Hara (Bauch)-betonte Atmung
In dieser Stellung wird die Wirbelsäule in eine Position gebracht, in der die Wirbelknochen übereinander gerade zu liegen kommen, was die Voraussetzung für einen lockeren und vor allem entspannten Stand darstellt. Außerdem wird dem Abdomen der größtmögliche Ereiraum gegeben, was sich wiederum günstig auf die Atmung und die inneren Organe auswirkt.
Geistige Ausrichtung: Was die innere Einstellung bei den Brokatübungen betrifft, so gilt genau das selbe, was auch zu allen anderen Übungen auf dem geistigen Weg zu sagen ist (saubere Umgebung, innere Ruhe, bequeme Kleidung....) Es geht bei dieser Übungsart um ein Hineinhorchen in das eigene Wesen, um ein Erahnen der Energie und später um ihre Harmonisierung und Lenkung.
Die Chinesen gliedern den Aufbau der Übung in drei Stadien:
I. Ching: Still werden, sich entspannen und auf die Übung ausrichten. Der Geist wird beruhigt und die Muskulatur entspannt, um einen ruhigen Fluß der Übung zu bieten.
II. "Vereinigen von Aufmerksamkeit und Atmung": Die Atmung ist in diesem Stadium zwanglos und ruhig. Die Achtsamkeit haftet ebenfalls nicht an einem bestimmten Gegenstand sondern beobachtet ganz neutral - etwa im Sinne des Atemlauschens. Die Atmung stellt das eigentliche Geschehen dar und lenkt damit die Aufmerksamkeit - niemals umgekehrt.
III. "Wechsel von Üben und Verweilen": Das natürliche Wechselspiel von yin und yang ist hier gemeint. In jeder Übung gibt es aktive und passive Phasen. Im Atemzug wird geübt - im Atemanhalten wird abgewartet und "verweilt" - hinein gelauscht. Für jede Übung wird eine gewisse Anzahl an Wiederholungen empfohlen, die immer im Verweilen in der Stille abgeschlossen werden.
Allgemein soll der Übungsablauf in einem Zug erfolgen, wobei die Bewegung die Atmung und später die Atmung die Bewegung führt. Vorbereitende Übungen: Bevor man an die eigentliche Ausführung der Brokatformen geht, ist es günstig - besonders für den Anfänger - mit einigen einfachen Techniken die grundsätzlichen Punkte ins Gedächtnis zu rufen und sich auf die Übung einzustimmen. Kinhin: Einige Minuten meditativer Rundgang stimmen den Organismus auf das ruhige üben ein. Besonders wichtig ist das bewußte Abrollen der Sohle und die Kontaktnahme mit dem Boden. Die Atmung wird den Schritten angepaßt. Die Haltung der Hände kann verschieden sein (auf Hara oder Anahata gelegt).
Übung der Grundstellung: In der zuvor beschriebenen Stellung werden die Hände, locker aneinander gelegt und auf das Hara gehalten.
Finden des Schwerpunktes! Die Augen können leicht geschlossen sein und der Atem wird bewußt in das Hara versenkt -- man fühlt das Heben und Senken der Bauchdecke.
Übung der Reiterstellung: Sie dient zum Kennenlernen der Stellung, wobei die Atmung schon spontan aus dem Hara kommen sollte. Durch die vor der Brust gehaltenen Hände wird ein neuer Bewußtseinsbereich für das Hineinhorchen erschlossen.
Wecke das Qi: Eigentlich kommt diese Übung aus dem taijiquan. Sie stellt aber die Grundlage der Wellenbewegung dar, welche in irgendeiner Form fast immer in den Brokatübungen auftritt. Ausgeführt wird die Übung in der Grundstellung. Zu Beginn der Einatmung beginnt das Handgelenk eine Kreisbahn nach oben zu ziehen, wobei der Arm und die Finger nur entspannt mit geführt werden. Am höchsten Punkt befindet sich die Hand knapp unter der Schulterhöhe - von nun an beginnen Ausatmung und Rückführung, wobei jetzt der Ellbogen die Führung übernimmt und den Rest des Armes hinter sich herzieht. Am Ende der Ausatmung pendelt die Hand nach hinten und vollendet damit die Welle. Ohne Pause beginnt wieder die Einatmung mit ihrer Bewegung.
Nun zu den Übungen -
1. Übung: Wir stemmen den Himmel. Beide Hände stemmen den Himmel hoch, um den dreifachen Erwärmer zu regeln.
Grundstellung: Einatmend führen wir unsere Arme seitlich über unseren Kopf, so daß die Hände einander berühren. Nun lauschen wir in den Körper hinein; dabei werden die Hände in einer leichten Bewegung nach oben gestemmt. Ausatmend senken sich unsere Arme - zurück in die Ausgangsstellung. |
2. Übung: Wir spannen den Bogen. links- und rechtsseitige Bogenschützenstellung, wie wenn man einen Adler schießen will. - Wir senden einen Lichtstrahl -.
Reiterstellung. Hände ruhen in der Höhe des Anahata. Langsam ausatmen. Einatmend wird der rechte Zeigefinger erhoben und die Hand nach vorne und außen gedreht, bis der Arm gestreckt ist - der Handrücken weist zum Gesicht. Der Blick folgt der sich streckenden Hand. Die andere Hand führt die Gegenbewegung aus - die Finger gestreckt, so als wollten sie die Sehne des Bogens erfassen, dabei zieht der Ellbogen den gestreckten Unterarm zur Seite. Nun lauschen wir in den Körper hinein - den Fluß des Qi beachtend. Ausatmend lassen wir unseren Atem plötzlich los, der zur Brust fallen sollte - "gehauchte" Technik - es folgt die Rückführung in die Ausgangsposition. |
3. Ubung: Wir stimmen Milz und Magen zusammen. Hebe die Hände einzeln hoch, um Milz und Magen zu harmonisieren.
Grundstellung: Einatmend wird eine Hand seitlich nach oben geführt - mit der Handfläche nach oben - während die an<~re Hand eine Bewegung nach unten beschreibt - mit der Hand Fläche nach unten. Die Hand nach oben fuhrt eine weite, leichte Bewegung aus, die Hand die nach unten drückt eher kurz und stark. Wir lauschen in uns hinein, während die nach oben gerichtete Hand nach oben und die nach unten gerichtete Hand nach unten gedrückt wird. - Qi - das heißt, wir lassen Erd- und Himmelskräfte auf unser Tan-tien wirken. Ausatmend werden die Arme :In die Ausgangsposition zurück geführt. |
4. Übung: Wir blicken nach hinten. Um die 5 Leiden und 7 Mühsale zu lindern.
Grundstellung. Vor der Übung suchen wir uns einen Punkt hinter uns. Einatmend drehen wir den Kopf (Schultern bleiben ruhig) soweit wie möglich auf einer Seite nach hinten Den Blick möglichst gerade ausgerichtet. Sobald wir eine leichte Spannung in der Hals- oder Genickgegend fühlen lauschen wir in unseren Körper hinein während wir eine imaginäre Linie zu unserem festgelegten Punkt zeichnen. Ausatmend kommen wir in die Ausgangs- Stellung zurück. Einatmend drehen wir den Kopf nun soweit wie möglich auf die andere Seite und fuhren die Übung wie zuvor aus. |
5. Übung: Der Fisch. Seitliches Hin- und Herschwenken des Kopfes und Wiegen wie ein Fisch, vertreibt das Feuer aus dem Herzen.
Reiterstellung. Die Hände liegen, mit den Handflächen nach vorne - oberhalb der Knie auf. Die Arme sind durchgestreckt. Ausatmend beugen wir unseren Oberkörper nach unten. Die Hände bleiben auf ihrem Platz, die Arme dementsprechend gebeugt. Einatmend zeichnen wir mit unserem Oberkörper einen weiten Kreis nach rechts - bis wir aufrecht stehen. Wir lauschen in uns hinein und ausatmend vollenden wir unseren Kreis - indem wir mit unserem Oberkörper nach links unten zeichnen. Bei der nächsten Einatmung wird die Richtung geändert - und seitenverkehrt, also links beginnend führen wir die Übung noch einmal aus. |
6. Übung: Wir heben die Fersen. Hinter dem Rücken verschwinden alle 7 Betrübnisse und l00 Krankheiten.
Grundstellung. Einatmend heben wir unsere Fersen hoch - die Körperposition wird dabei nicht verändert. Wir lauschen kurz in uns hinein und ausatmend kommen wir wieder in unsere Ausgangsstellung. |
7. Übung: Wir ballen die Fäuste. Die Augen wie ein Tiger funkeln lassen, so wird die Energie vermehrt.
Reiterstellung. Beide Fäuste (fest geballt, den Daumen nicht eingeschlagen)
liegen seitlich in der Taile - auf dem Beckenknochen. Der Faustrücken
zeigt nach unten. in dieser Position atmen wir ein, lauschen in uns hinein.
Indem wir explosionsartig ausatmen wird die gesammelte Energie durch einen
Fauststoß entladen. Anschließend ziehen wir die Faust entspannt
in die Ausgangsposition zurück. Einatmend beginnt der Übungszyklus
von vorne: Die Reihenfolge der Fauststöße: |
8. Übung: Wir fassen mit beiden Händen die Füße. So werden Nieren und Lenden gestärkt.
Grundstellung. Einatmend heben wir seitlich unsere Arme ganz hoch - mit den Handflächen nach vorne. Ausatmend führen wir unsere Hände zu den Zehen. Nun lauschen wir in unseren Körper hinein, strecken dabei die Knie durch und ziehen den Kopf in den Nacken - dadurch entsteht ein Zug über den ganzen Meridian. Nach einigen Sekunden folgen wir dem Zug der Beine und ausatmend lösen wir unsere Finger von den Zehen und kommen langsam wieder in die Grundstellung. |