Autor:
Buch: Tobias Tripler: Von
Scharlatanen, Schurken und Schamanen - Ein Trip durch die Welt ins Ich
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Rezensor: Jens Burkhardt
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Zwischen den Werken von Redfield,
Millman und Castaneda ist noch Platz für eine abgefahrene und höchst
illuminierte Geschichte.
Mann wird
krank, moderne Medizin kann nicht helfen. Fährt man also nach Asien und trifft
Wunderheiler. Gähn!
Kennt man ja
alles schon. Was man aber nicht kennt, ist, dass der Roman bis zum Schluss eine
sich selbst parodierende Distanz bewahrt. Dass er uns eben nicht glauben machen,
sondern, ganz im Gegenteil, Zweifel erzeugen will. Zweifel an unserem
eingefleischten Weltbild, uns aufrufend zu kritischer Selbstprüfung.
Der Autor Tobias Tripler verkauft uns seine Geschichte, die zwischen Köln, Peking und dem tiefsten Indien pendelt, als angeblich autobiografische Wiedergabe eines Lebensabschnitts.
Und wahrhaftig,
ungeheuer konkrete Detailkenntnisse legen nahe, dass eben genau dies der Fall
sein muss. In seinem Prefix (und nicht nur dort) distanziert sich der Autor
gleichzeitig von allem, was er beschreibt. Und genau das ist es, was das Buch
ausmacht. Es zwingt zum Denken und zum eigenständigen Entscheiden. Denn, so der
Autor: Du bist der Schöpfer deines Universums.
Kraftvoll lässt Tripler Bilder entstehen. Wir sehen den Eremiten in seiner Höhle, einem Steinzeitmenschen gleich, der sich dann entpuppt als hängen gebliebener Hippie aus den Sechzigern. Oder ist doch mehr an ihm? Doch noch ehe dem Leser ausreichend Bedenkzeit gegeben wird, befinden wir uns schon im Hardrock Cafe in Peking, begegnen der schönen und klugen Japanerin Maiko, verlieben uns und sind schon wieder in Indien in eben jener Höhle. Diesmal mit dieser fröhlichen Japanerin, die all das, was sie von Tobias zuvor vernommen hat, nun ihrer eigenen skeptischen Prüfung unterzieht. Einschließlich jener legendären Technoparties in Goa, von denen Tobias glaubt, dass sie eher die Funktion von Initiationsriten haben, als kommerziellen Interessen zu dienen.
Zu den beiden Reisenden gesellen sich dann zwei liebevoll portraitierte Tschechen, Stepan und Isabella, die mit auf den Trip gehen, im doppelten Wortsinn. Zum einen auf Maikos ersten Ausflug ins Acidland, in Mitten Jahrhunderte alter Tempelruinen im tiefsten Südindien.
Zum anderen aber ziehen sie mit auf Tobias Suche nach Heilung.
Die findet
Tobias zu guter Letzt auch, an einem Ort, den der Leser als ganz unmöglich und
abstrus empfinden würde, hätte man es ihm schon zu Beginn des
vierhundertzwanzig Seiten starken Buches verraten. Und da ist sie, die bannende
Kraft der Erzählung, denn wenn wir schließlich mitgehen an jenen
unvorstellbaren Ort, freuen wir uns gemeinsam mit Tobias und seinen Gefährten,
sind gleichsam zum Teil seiner Welt geworden.
Tripler entwirft bei seinen pixelhaften Sprüngen durch Raum und Zeit ein in sich schlüssiges Weltgebäude, in dessen Ecken und Nischen sich immer wieder die eine Wahrheit findet: Dass, wer näher zum Kern vordringt, sich automatisch weiter entfernen muss von Be- und somit von Verurteilungen.
In einer Zeit, in der wieder Schuldige gesucht und gefunden, ganze Bevölkerungsschichten, ja ganze Völker verteufelt werden, ist gerade diese Distanz, die demütige Erkenntnis, dass wir eben nichts objektiv erfassen können, ein erfrischender Gegenwind dem Zeitgeist ins Gesicht.