Wir trauern nicht wie die, die keine Hoffnung haben
Melchior schrieb am 15. Oktober 2002 um 13:30 Uhr (479x gelesen):
Hallo,
die Begegnung mit dem Tod lässt keinen Menschen unberührt. Beim Abschied von einem lieben Menschen, beim Verlust eines Angehörigen oder Freundes brechen Fragen auf, die im Alltag oft verdrängt werden. Angesichts des Todes entsteht Betroffenheit, der sich kaum jemand entziehen kann: Das Leben ist endlich, es hat eine Grenze. Was bedeutet diese Grenze? Ist sie Abbruch, endgültiger Untergang, Zerstörung, oder ist sie Durchgang, Verwandlung, Neubeginn? Was wird mit dem Verstorbenen sein?
Die Religionen der Menschen haben verschiedene Antworten auf diese zentralen Fragen des Menschen gesucht, Antworten, die sich vor allem an den Totenbräuchen ablesen lassen. Die alten Ägypter beispielsweise haben den Leichnam gewaschen, gesalbt und angekleidet; sie haben dem Toten Gaben ins Grab gelegt (Speisen, Schmuck, Gegenstände des alltäglichen Lebens u.a.). So haben sie ihrer Ehrfurcht vor dem Toten und der Gewissheit des Weiterlebens nach dem Tod Ausdruck verliehen. In der chinesischen Religion stehen die Trauerzeiten der Verwandten im Vordergrund. Je nach Verwandtschaftsgrad sind sie unterschiedlich lang, z.B. beim Tod der eigenen Mutter bis zu drei Jahren. So ist zwischen Lebenden und Verstorbenen ein tiefer Zusammenhang gewahrt.
Welche Antwort gibt der christliche Glaube auf die Herausforderung des Todes? Die Heilige Schrift des Alten Testamentes ist lange Zeit sehr zurückhaltend mit ihren Aussagen über den Tod. Sie lässt ihn in seiner Unbegreiflichkeit und Unfassbarkeit stehen, umfangen und getragen nur vom Glauben an den großen und mächtigen Schöpfergott. Aus diesem Glauben wächst mehr und mehr die Überzeugung: Gott ist uns treu auch über den Tod hinaus.
Die Heilige Schrift des Neuen Testamentes stellt als große Hoffnung eine neue Erfahrung und ein neues Bild in die Mitte: Die Auferstehung des Menschen mit Leib und Seele. Tiefster Grund dieser Hoffnung ist Jesus Christus. Er ist den Weg des Menschen gegangen bis zum Tod. Gott aber, der Schöpfer und Herr des Lebens, hat ihn von den Toten auferweckt. Jesu Auferstehung bedeutet keine Rückkehr in das vorige Leben, auch keine Wiedergeburt, sondern Verwandlung in ein neues Leben, ewiges Angenommen- und Geliebtsein von Gott.
Weil Jesus lebt, werden auch wir leben. Darum bekennen wir: Wir glauben an die Auferstehung des Fleisches und an das ewige Leben. Die Heilige Schrift spricht vom himmlischen Hochzeitsmahl, von der Freude, beim Herrn zu sein (vgl. 2 Kor 5,8), vom Schauen von Angesicht zu Angesicht, vom Leben in Fülle - Bilder voll Hoffnung und Zuversicht. Für viele hat sich diese Hoffnung schon erfüllt (Heilige) und von keinem Menschen hat die Kirche bisher gesagt, dass er sie endgültig verfehlt hat.
Der christliche Glaube verdrängt den Tod nicht; er verharmlost ihn nicht. Der Tod bedeutet Schmerz, Trennung, Abschied. Doch im Glauben an den auferstandenen Herrn trauern wir nicht "wie die anderen, die keine Hoffnung haben" (1 Thess 4,13).
Melchior

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- Wir trauern nicht wie die, die keine Hoffnung haben ~ Melchior - 15.10.2002 13:30 (1)