Das spirituelle Hamsterrad...
        
        copyright KaliShivaTara 2006
         
        ….oder wie man ein Leben lang in 
        der Esoterik „spirituell“ unterwegs sein kann, ohne sich je wirklich 
        weiterzuentwickeln.
        
          - Immer wieder sitzen mir Menschen gegenüber, die 
          unbedingt zur Erleuchtung gelangen möchten.
 
          - Immer wieder sitzen mir Menschen gegenüber, die 
          ein enorm großes Wissen angesammelt haben über diverse spirituelle 
          Richtungen.
 
          - Immer wieder sitzen mir Menschen gegenüber, die 
          behaupten in der Liebe zu sein.
 
          - Immer wieder sitzen mir Menschen gegenüber, die 
          geradezu verzweifelt auf der Suche nach dem Sinn ihres Lebens sind.
 
        
        Alle diese Menschen versuchen 
        über den Tellerrand ihres Lebens hinweg zu sehen und möchten gerne 
        ergründen und erfahren, was es noch außer unserer materiellen Welt gibt. 
        Der technische Aufschwung der letzten zweihundert Jahre, hat eine 
        weitgehende Isolierung des Individuums hervorgerufen, welche wiederum 
        ein Erkalten der zwischenmenschlichen Beziehungen zur Folge gehabt hat. 
        Weitere Gründe für diese Vereinsamung liegen auf der Hand: hohe 
        Arbeitslosigkeit, Existenzängste, Atheismus, Auflösung des 
        Großfamilienzusammenhalts etc. Der Egoismus wird groß geschrieben, die 
        Sinne, die Herzlichkeit und der Gruppenzusammenhalt kommen zu kurz in 
        unserer Gesellschaft. Sich einer Gruppe zugehörig zu fühlen gibt 
        Sicherheit und Halt in schwierigen Zeiten. Der „Einzelkämpfer“ ist 
        dagegen einsam. 
        Ich möchte in diesem Artikel auf 
        eine Bremse aufmerksam machen, welche die meisten Menschen, die sich auf 
        den spannenden Weg zu sich selbst und zum Göttlichen aufmachen, fest 
        hält. Sie laufen immerzu in einem Rad um ihr eigenes Inneres herum, ohne 
        je weiter zu kommen und ohne dies je zu bemerken. Sie tun das in guter 
        Absicht und es ist gewiss besser in einem Rad zu laufen, aus dem man 
        vielleicht auch einmal herausgeschleudert werden kann, als ein Leben 
        lang auf der Stelle zu treten und sich für nichts anderes als das 
        Fernsehprogramm zu interessieren. 
        Diese Bremse beim Beschreiten 
        des spirituellen Weges ergibt sich aus dem kollektiv „gezüchteten“ 
        Egoismus unserer Spaßgesellschaft. Wir gehen in die Disco und in die 
        Clubs um Spaß zu haben; und wir gehen mit der gleichen Motivation auf 
        den spirituellen Pfad. Unterhaltung, gegen die Langeweile, wird 
        gefordert – und vielfach geboten – wir sind „in“, indem wir uns hier mal 
        ein bisschen esoterisches Wissen aneignen, da mal ein kribbeliges 
        Schwitzhüttenwochenende belegen etc.
        Wenn jemand zu mir kommt und um 
        eine Yogaführung bittet um erleuchtet zu werden, erfrage ich zunächst 
        was er unter Erleuchtung versteht und dabei kommen schon sehr 
        unterschiedliche Antworten heraus. „Wieso willst du unbedingt erleuchtet 
        werden?“ frage ich. Und dann zeigt sich, dass sich jeder als Resultat 
        der Erleuchtung vorstellt, dass er heilig durch die Gegend „läuft“, 
        keine Sorgen, keine Probleme mehr hat, immerzu „gut drauf ist“, 
        „erleuchtet“ eben. Die Erleuchtung (in der jeweiligen Definition) wird 
        also oft aus dem Ego heraus angestrebt, nicht aus dem Herzen heraus.
        Sehr oft treffe ich auf 
        Menschen, die durch Anhäufung von intellektuellem Wissen, diesen Weg zu 
        beschreiten versuchen. Sie lesen viele Bücher, sind sehr gebildet und 
        kennen sich genauestens in den Weltreligionen, wie auch in den diversen 
        anderen Lehren wie Schamanismus, esoterischen Geheimgesellschaften, 
        Yogarichtungen usw. bestens aus. Es gibt ein so weites Feld an 
        verschiedenen spirituellen Ausrichtungen, dass man mehrere Leben 
        bräuchte um diese Wege alle zu gehen. Der „Markt“ ist unübersichtlich 
        geworden, was grundsätzlich nicht schlecht ist: aus der Vielfalt kommt 
        die Fülle. Dennoch kann angelesenes Wissen eigene Erfahrungen nicht 
        ersetzen.
        Es begegnen mir auch viele 
        Menschen, die überzeugt sind in der Liebe zu sein; sie erzählen mir, 
        dass ihr Herzchakra weit geöffnet ist und sie die Liebe um sich herum 
        verströmen. Kurze Zeit später bemerke ich aber durch ihre Erzählungen 
        oder Handlungen, dass sie sehr wohl versuchen in der Liebe zu sein, doch 
        sie tun dies indem sie ihre „Schattenseiten“, die in jedem Menschen 
        vorhanden sind, unterdrücken wollen. Denn diese sind unerwünscht und man 
        kann ja nicht in der Liebe sein, wenn es da noch soooo viele 
        Aggressionen und unerforschte Abgründe gibt. Eine recht gefährliche Art 
        die Liebe zu leben, finde ich, da die inneren Dämonen mit zunehmender 
        Verdrängung an Kraft gewinnen. Es wird immer kräfteraubender sie unter 
        Kontrolle zu halten und diese Kraft fehlt dann für die Liebe. Es gibt 
        natürlich auch die Methode sich das Leben zu erleichtern, indem man sich 
        permanent einredet, dass es keine inneren Dämonen mehr gibt. Dabei wird 
        übersehen, dass gerade diese unsere dunklen Seiten genauso wichtig sind 
        auf dem spirituellen Weg, wie die lichten Seiten. Ohne Anerkennung 
        unserer menschlichen Abgründe ist es unmöglich jemals voran zu kommen, 
        menschlich wie auch spirituell. Wir können nur dann Liebe nach außen 
        tragen, wenn wir Liebe in uns haben und dazu gehört, dass wir auch 
        lernen unsere scheinbar unschönen Seiten zu akzeptieren. Nur durch die 
        Ehrlichkeit uns selbst gegenüber und durch die Liebe zu uns selbst 
        können sich die Schattenseiten mit der Zeit auflösen oder stellen sich 
        gar als wichtig und bedeutungsvoll heraus.
        Die Suche nach dem spirituellen 
        Sinn kann einen Menschen ein Leben lang beschäftigen. Er sucht und sucht 
        und sucht und findet niemals eine Antwort. Dass in der Suche und dem 
        Leben selbst der Sinn stecken könnte, erkennt er nicht. „Da muss es doch 
        noch mehr geben….“ Klar gibt es mehr, aber dieses Mehr können wir in uns 
        selbst entdecken, in uns ist alles enthalten. 
        Weder mit spirituellem Tourismus 
        (z.B. „Schamanenhopping“), oder immer neuen, noch größeren und 
        berühmteren Gurus und Lehrern, noch mit dem ständigen Wechsel von 
        spirituellen Angeboten kommen wir weiter. Auch nicht mit der Anhäufung 
        von angelesenem Wissen oder der Verdrängung unangenehmer, innerer 
        Aspekte. Wir laufen im Kreis um uns selbst, um unseren Kern herum, wie 
        ein Hamster in seinem Rad. Vielfältige Aktivitäten bleiben an der 
        Oberfläche und dringen nicht bis zum innersten Herzenswissen vor.
        Nur dann, wenn wir stehen 
        bleiben, stehen bleiben und in uns gehen, können wir das Ziel erreichen. 
        Hineinschauen in diese innere Welt die uns ausmacht, ALLES in uns genau 
        betrachten ohne zu werten, annehmen ohne zu werten. Staunen über das was 
        sich vor unseren Augen auftut, Tiefen von denen wir in den meisten 
        Fällen überhaupt keine Ahnung haben an der Oberfläche unseres so 
        genannten Lebens. Das ist im Grunde die leichteste Übung überhaupt und 
        trotzdem schafft es kaum ein Mensch. Warum nur ist das so leicht und 
        gleichzeitig so unendlich schwer?
        Um uns auf dieses Abenteuer 
        einzulassen müssen wir die Äußerlichkeiten loslassen können. Wir sind 
        geprägt von der Gesellschaft in der wir leben und diese Gesellschaft 
        fordert ein kontrolliertes Verhalten. Oberflächlichkeiten loslassen und 
        die Kontrolle abgeben erzeugt Angst in uns. Was für schreckliche Dinge 
        könnten wir über uns erfahren, wenn wir näher hinsehen würden? Unser 
        „Leben“ könnte aus den Fugen geraten, es könnte sogar geschehen, dass 
        wir innerhalb der Gesellschaft nicht mehr richtig funktionieren, so wie 
        diese es von uns erwartet. Da gibt es doch so viele Verpflichtungen wie 
        Familie, Beruf weiterhin materielle Annehmlichkeiten die bezahlt werden 
        wollen. Was würde geschehen, wenn plötzlich jeder Mensch die Kontrolle 
        aufgeben würde?  Anarchie – Chaos – welch ein schrecklicher Gedanke!
        
        Bleiben wir doch lieber bei den 
        gewohnten Lebensweisen, beschäftigen wir uns mit Spiritualität über 
        unseren Verstand indem wir weiterlaufen in unseren kreisenden Bahnen. 
        Die Angst vor dem Kontrollverlust ist so immens groß, dass kaum ein 
        Mensch wirklich in seine Mitte gelangt.
        Wer aber hat behauptet, dass die 
        Aufgabe der Kontrolle über unser Leben und die ehrliche ungeschönte 
        Beschäftigung mit uns selbst im Chaos enden wird?
        Ich kann nur von meinem ganz 
        persönlichen Weg berichten und auf diesem Weg war meine Entscheidung ein 
        spiritueller Mensch zu werden nicht einmal freiwillig getroffen. Das 
        Chaos ist fast unangemeldet innerhalb von wenigen Tagen durch einen 
        spontanen Kundaliniaufstieg über mich hereingebrochen. Ich kenne mich 
        ziemlich gut und weiß mit großer Sicherheit, dass ich jede Chance 
        genutzt hätte, um dieses Chaos zu vermeiden. Insofern bin ich ein 
        glückvoller Mensch, da mir das Geschenk der Erkenntnisse und Erfahrungen 
        so vermittelt wurde, dass ich keine Chance hatte dagegen anzugehen. Das 
        Chaos hielt ca. ein dreiviertel Jahr an und in dieser Zeit wurde ich 
        mehrmals von innen nach außen und wieder zurück umgekrempelt. Dann aber 
        lichtete sich mein persönliches Chaos und ich bemerkte, dass ich in 
        einem Fluss dahin strömte, ich wurde selbst zu diesem Fluss und alles um 
        mich herum floss mit. Es endet also nicht im Chaos, die Phase geht 
        vorüber und beinhaltet einen Lernprozess wenn man sich weiterentwickeln 
        möchte. Dies geschieht nur dann, wenn wir alles zulassen was kommt und 
        wir uns nicht gegen die Weiterentwicklung stemmen. Sobald 
        Abwehrmechanismen aktiv werden, was andererseits normal ist, kommen wir 
        aus dem Fluss und hängen am Ufer fest oder drehen ewige Kreisel. 
        
        
        Im Fluss zu sein bedeutet, im 
        vollen Vertrauen darauf zu leben, dass wir aus allem lernen können was 
        uns begegnet. Selbst wenn wir einige Zeit kraftvoll in der Mitte des 
        Stromes geflossen sind, können immer wieder Stromschnellen auftauchen 
        und auch Untiefen. Verfallen wir in diesen Situationen nicht in Panik 
        sondern besinnen wir uns darauf, wie leicht es doch ist genauer 
        hinzuschauen; so können wir mit neu gewonnenen Erkenntnissen über die 
        Wirkungsweisen und Eigenheiten unseres „Wassers“ gestärkt aus den 
        Wirbeln heraustauchen und flexibel mit dem Strom weiter fließen, ohne 
        der Angst einen Raum zu geben.
        Ein Fluss entsteht aus einer 
        Quelle und die Quelle wird gespeist durch viele viele Regentropfen die 
        vom Himmel fallen. Ein Fluss ist also ein Teil eines ständig sich 
        verändernden Kreislaufs im Leben. Er setzt sich zusammen aus vielen 
        einzelnen Wassermolekülen, die wiederum aus vielen winzig kleinen 
        Teilchen bestehen, genauso wie wir Menschen. Wir sollten jede Sekunde in 
        unserem Fluss genießen, denn im nächsten Augenblick ist der Fluss wieder 
        ein anderer. Versuche ich mich einem Strudel zu widersetzen, werden 
        meine Kräfte irgendwann nachlassen und ich werde hineingezogen, 
        sozusagen „durchgestrudelt“ und ertrinke.
        Eine Freundin hat mir einmal 
        erzählt, dass sie als Kind immer in einem Baggersee extra in die 
        Wasserstrudel hinein geschwommen ist, hat sich herunterziehen lassen um 
        dann unten an einem ganz bestimmten Punkt seitlich aus dem Strudel 
        heraus zu tauchen. So ähnlich wie dieses Bild können wir den 
        spirituellen Weg sehen, es gibt immer einen Weg aus der vermeintlichen 
        Gefahr heraus, aber wir müssen den auftauchenden Ängsten nachgehen, uns 
        ihnen stellen um sie so aufzulösen.
        Erstens ist es ein 
        Erfolgserlebnis, eine Hürde geschafft zu haben; zweitens kommen wir 
        wieder in die Mitte des spirituellen Lebensflusses in welchem Ruhe, 
        Ausgeglichenheit und Liebe für sich selbst und andere fließen.
        Solange wir uns im Hamsterrad 
        rund um uns selbst drehen oder von Schamane zu Schamane, von Seminar zu 
        Seminar touren, ohne uns je den Aufgaben im Inneren zu stellen, solange 
        wir uns ausschließlich intellektuell mit Spiritualität beschäftigen, 
        werden wir ständig Kreise an der Oberfläche ziehen und niemals wirkliche 
        Erkenntnisse erlangen.
        Die innere Sehnsucht muss aus 
        dem Herzen kommen, nicht aus dem Verstand und sie sollte so stark sein, 
        dass sie jedes Hindernis aus dem Weg räumt.