Spirituelle Erfahrungen
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KaliShivaTara Februar 2006
Immer wieder werde ich von
Schülern gefragt, wie sich das anfühlt und was an einer umfassenden
spirituellen Erfahrung anders ist, als an einer normalen intellektuellen
Erkenntnis.
Lange Zeit fiel es mir sehr
schwer diesen Unterschied zu vermitteln, weil solche Erfahrungen nicht
in Worte zu fassen sind.
Das erste Mal fiel mir dieser
krasse Unterschied bei meiner „Ich BIN“ Erfahrung auf.
Während einer Meditation wurde
mir plötzlich umfassend klar, dass „Ich BIN“. Noch Stunden später ging
ich durch meine Wohnung sah alles um mich herum an und dachte: „Ich
BIN“! Meine Begeisterung darüber war nicht mehr mit einem „normalen“
Bewusstsein zu erklären, ich war völlig ekstatisch dabei und merkte dass
diese Erfahrung etwas Grundlegendes in mir veränderte.
Natürlich wusste ich auch schon
vorher dass ich bin, aber nun wurde mir mit einem Mal die ganze
Bedeutung dessen klar. Wie soll ich so etwas erklären?
Jeder Mensch der noch nicht
durch diese Erfahrung gegangen ist, denkt sich dabei: „Die spinnt,
natürlich ist sie da, was soll das? Was ist daran so sensationell dass
man dabei in Ekstase geraten kann?“
Meine neueste Erkenntnis ist
diese: „Alles ist Göttlich“.
Bezeichnend für diese Erkenntnis
war, dass sie mich überkam während ich auf der Toilette saß und nicht
während einer Meditation. Mein Befinden änderte sich innerhalb von
Sekundenbruchteilen, wieder kam ich in einen ekstatischen Zustand und
wusste dann eben, dass alles Göttlich ist. Dieser Zustand hielt sich
stundenlang und wirkt bis heute nach. Eine jede solche besondere
Erkenntnis verändert meinen Körper, mein Weltbild, mein Handeln, mein
Denken und meine Weitsicht.
In diesem Zustand sah ich ein
Bild vor mir, auf der einen Seite waren die dunklen Facetten des Lebens
abgebildet, auf der anderen Seite die hellen, lichten Facetten und genau
in der Mitte dieser beiden Facetten entstand das Göttliche das sich aus
der Dualität speist und selbst erschafft, alles überspannt und alles
durchdringt. Und dann war ich in dieser Energie die sich dort erschafft
und spürte Liebe zu ALLEM WAS IST weil ALLES Göttlich ist. Diese
Erkenntnis ist so umfassend, dass sie nicht mehr zu vermitteln ist. Wenn
ich damit in die Tiefe gehe, dann stellt sie einfach alles auf den Kopf
woran ich bisher geglaubt habe. Jegliche Wertung und jegliche
Moralvorstellungen sind von Menschen geschaffene Eingrenzungen wurde mir
klar.
ALLES IST GÖTTLICH!
Wie soll ich das an Schüler
vermitteln ohne an der Oberfläche zu bleiben?
All die schrecklichen Dinge, die
Tag für Tag um uns herum geschehen sind Göttlich? Das hört sich an wie
eine Absolution für jede schlimme Tat. Wenn alles Göttlich ist, dann
kann ich ja auch alles tun ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu haben,
ich bin frei alles zu tun wonach mir gerade ist, Gefängnisse könnten
abgeschafft werden, alle Tabus würden gesprengt. Gesellschaftlich
gesehen würde das totale Chaos ausbrechen, niemand wäre mehr sicher!?
Ein Schüler meinte dazu: „Oh
klasse, dann kann ich ja auch frei entscheiden zu hassen und bin
trotzdem im Göttlichen.“ „Na klar“, habe ich erwidert, „das könntest du
tun, nur bedenke, dass du dann genau das anziehst, was du ausstrahlst,
du würdest um dich herum Hass und Feindschaft erfahren, willst du
wirklich so leben?
So ein Verhalten hat karmische Auswirkungen und desto mehr Hass du
sähst, umso mehr wirst du daran „arbeiten“ müssen um dein Karma
umzuwandeln. Aber die Wertung fällt weg, da hast du recht, du bist
trotzdem im Göttlichen.“
Wieso überhaupt schaffen sich
Menschen Karma? Wie entsteht diese duale hell/dunkel Gegensätzlichkeit?
Wieso schafft es nicht jeder Mensch in diese allumfassende Liebe hinein
zu kommen, obwohl doch jeder all diese Göttlichkeit in sich trägt?
Die Antwort ist Angst.
Vielfältige Ängste hindern uns an dieser Erkenntnis. Die dunkle Seite
haben wir mit unseren Ängsten geschaffen. Dadurch dass wir selbst unsere
Möglichkeiten stark beschränken und gesellschaftlich gefördert unsere
inneren Dämonen - die in jedem Menschen wirken - unterdrücken,
einsperren und negieren, geben wir unendlich viel Energie und Kraft in
diese Dualität hinein.
„Licht und Liebe“ ein gängiger
Ausdruck in der esoterischen Szene verstärkt diese dunkle Seite. Ich
habe nichts gegen Licht und Liebe einzuwenden, nur so wie beides häufig
eingesetzt wird – indem damit das „Dunkle“ ausgegrenzt wird - bewirken
sie das Gegenteil dessen was angestrebt wird.
Ein Beispiel dafür:
Eine spirituelle Lehrerin sagte
einmal zu mir: „Es gibt keine dunklen Kräfte, ich verschwende keinen
Gedanken an sie und deshalb gibt es sie nicht, so einfach ist das, ich
bin nur in Licht und Liebe unterwegs das reicht.“
Aha, so einfach ist das also. In ihren Stunden, die ich eine zeitlang
besuchte, bemerkte ich weinende Schüler die aggressiv angegangen wurden,
weil sie ja selbst Schuld an ihrem Pech hatten. Das Spiegelgesetz wurde
immer wieder genannt und schwebte wie ein Damoklesschwert über diesen
Schülern. Dass Schuldzuweisungen inneren Ängsten entspringen und damit
wieder der verdrängten dunklen Seite angehören wurde dabei übersehen.
ALLES IST GÖTTLICH.
Indem man versucht Ängste zu
negieren oder abzuspalten, stärkt man sie. In die volle Kraft der
göttlichen Liebe zu kommen, bedeutet sich mit seinen Ängsten auseinander
zu setzen, sie überhaupt erst einmal anzuerkennen.
Ich behaupte hier einfach
einmal: Kein Mensch bringt einen anderen Menschen um ohne massive innere
Ängste. Ich nenne diese Ängste „innere Dämonen“ ohne sie zu werten, sie
haben umso mehr Macht über uns und unser Handeln, desto mehr wir sie
negieren und abspalten, desto mehr wir nur gut sein wollen, ohne zu
akzeptieren, dass jeder Mensch unvollkommen ist und so wie er ist
vollkommen in Ordnung ist. Jeder Mensch handelt so, wie er gerade in
der Lage ist zu handeln aus seiner Geschichte heraus. Diese Erkenntnis
bringt mich ins Mitgefühl für andere und aus der Wertung heraus. Das
bedeutet nicht gleichzeitig, dass ich alles gut finden muss, was andere
Menschen tun, aber es bedeutet, dass ich sie so akzeptieren kann wie sie
sind. Und es bedeutet darüber hinaus, dass ich mit mir selbst Mitgefühl
haben kann, mich selbst lieben kann und mich nicht in Schuldgefühlen
verliere, die mich nicht weiter bringen, sondern mich in meinen Ängsten
festhalten und meine Möglichkeiten einschränken. Ein Mörder wird sich
seiner Grundängste, die ihn zu dieser Tat bewegen vielleicht gar nicht
mehr bewusst sein.
Jedes psychologische Muster das
wir in uns tragen macht uns unfrei, tiefe Liebe kann aber nur aus
Freiheit entstehen. Das bedeutet gleichzeitig, dass die Liebe in dem
Maße in uns wachsen wird, weiter wird, tiefer wird, indem wir unsere
Ängste erlösen können. Dies funktioniert aber nicht mit wegkucken oder
negieren, sondern das funktioniert indem wir hinkucken und aufmerksame
Beobachter sind. Es bedeutet auch, dass wir nicht anderen die Schuld
geben für das was schief läuft in unserem Leben, sondern dass wir selbst
die Verantwortung dafür übernehmen und aus dem Schuldprinzip aussteigen.
Können wir nun die Gefängnisse
abschaffen, können wir uns selbst Absolution erteilen für alle Emotionen
die in uns hochkommen? In dem Moment, in dem alle Menschen gleichzeitig
dauerhaft diese Erfahrung der Göttlichkeit machen würden, wären alle
gesellschaftlichen Moralbeschränkungen hinfällig, weil genau dann jeder
Mensch sich von der Unvollkommenheit in die Vollkommenheit katapultieren
würde und das Menschsein als solches hinfällig wäre, wir würden uns in
eine andere Dimension begeben und die Erfahrungen, die wir als Menschen
machen wären überflüssig. Vielleicht wird irgendwann einmal diese Vision
Wirklichkeit. Solange aber sind wir hier um zu lernen und uns mit
unseren Ängsten auseinander zu setzen, auf die eine oder andere Art,
alles ist Göttlich.
Es gibt wahrscheinlich weltweit
einige sehr wenige Menschen, die es geschafft haben weitgehend dauerhaft
in dieser Göttlichkeit zu sein (ich selbst habe noch keinen von ihnen
kennen gelernt), sie machen hier diese Erfahrung um aus dieser Kraft
heraus vielen anderen Menschen zu helfen. Selbst diese Menschen sind
solange sie inkarniert sind nicht vollkommen. Das Menschsein selbst
impliziert Unvollkommenheit.
Gestern habe ich in einer
Meditation eine Metapher gesehen, wie ich vielleicht am ehesten eine
mich umformende spirituelle Erfahrung übermitteln kann.
Ich stand an einem beliebigen
Punkt der Erde. Mein Sichtfeld betrug 360° um mich herum und über und
unter mir. Wie mit einem riesigen Fernrohr konnte ich nun innerhalb von
Sekundenbruchteilen dieses ganze Sichtfeld in einem Umkreis von
tausenden Kilometern überbrücken. Ich konnte die Verbindung von einem
Ort zum nächsten sehen, ich konnte die Handelsbeziehungen zwischen den
verschiedenen Orten umfassend in mir aufnehmen. Die einzelnen Menschen
die in diesem Bereich lebten, inklusive ihrer Ahnen, inklusive ihrer
Familienbeziehungen, inklusive ihrer persönlichen Erfahrungen in vielen
Leben, inklusive ihrer Gefühle, ihrer Häuser, ihrer Gärten, der
einzelnen Blumen darin, der Lebewesen in diesen Gärten, diesen Häusern,
des Himmels, unter der Erde etc. etc. etc.
All dies geschah wie gesagt in
Sekundenbruchteilen.
Als Folge einer solchen
Erfahrung spüre ich, wie sich die Informationen in meinen Körperzellen
ändern, ich kann es körperlich spüren, es ist wie ein „klack, klack,
klack“ in allen Zellen, fängt an den Füssen an und setzt sich bis in die
Haarspitzen fort. In den dann folgenden Tagen und Wochen fügt sich ein
Puzzleteil perfekt ins andere (psychologische Muster lösen sich auf).
So wie wenn man einen Stein ins Wasser wirft und sich die Wellen danach
immer weiter ausdehnen. Bisher wirkende Schutzmechanismen, die nun
überflüssig geworden sind fallen von mir ab, meine Emotionen schwanken
eine zeitlang extrem. Auch körperlich wirkt sich das jedes Mal stark
aus, ich fühle mich schwächer und schwächer. Laut Aussage meiner Yogis
habe ich dann, wenn ich energetisch mit anderen arbeite eine viel
stärkere Kraft als vor dieser Erfahrung. Nach einigen Wochen kehrt meine
eigene Kraft zurück und ich tauche verändert aus diesem Prozess auf. In
der Arbeit mit anderen und in meiner persönlichen Ausstrahlung ist meine
Kraft feiner und gleichzeitig viel stärker geworden.
Ich selbst fühle mich freier,
leichter und tiefer als vor dieser Erfahrung.
Jedes Mal ändert sich auch etwas
in meinem physischen Aussehen.