Respekt im Alltag
        Kali Juni 2008
         
        Respekt vor allem was lebt 
        hat im Tantra einen hohen Stellenwert, genauso wie Selbstreflektion und 
        Selbstverantwortung. Diese drei Faktoren bedingen einander glaube ich. 
        Respekt kann nicht entstehen, wenn ich mich und meine Handlungen nicht 
        reflektiere und wenn ich die Verantwortung für meine Reaktionen und 
        Taten nicht übernehme.
         In der letzten Zeit habe ich 
        mich genau dabei beobachtet, wie respektvoll ich mit anderen Menschen 
        umgehe und wie respektvoll ich über sie denke und mir ist dabei 
        aufgefallen:
        Immer wieder rutsche ich in ein respektloses Verhalten und Denken 
        hinein, meist fällt es mir erst hinterher auf. Wünschen würde ich mir, 
        dass es mir schon im Vorhinein auffallen würde, so dass ich mein 
        Verhalten hinterfragen kann und bei mir kucken kann, warum ich es nötig 
        habe respektlos zu sein.
         Wie entsteht meine 
        Respektlosigkeit? Woraus entsteht sie? Wann bin ich respektlos?
         Ich glaube momentan zu 
        erkennen, dass mein fehlender Respekt vor einem anderen Menschen dann 
        zutage tritt, wenn ich mein Gegenüber nicht einfach Sein lassen kann. 
        Daraus ergibt sich die Frage: Warum kann ich ihn nicht Sein lassen?
         Und daraus wiederum ergibt 
        sich die Suche in mir selbst, denn es hat immer einen Grund der in mir 
        liegen muss, warum mich ein anderer Mensch soweit bringen kann, dass ich 
        den Respekt verliere. Meist ist es ja kein grundsätzlich fehlender 
        Respekt sondern ich verweigere ihm den Respekt in bestimmten Bereichen.
         An dieser Stelle stellt sich 
        mir auch die Frage, ob ich wirklich jedem Menschen, egal was er tut 
        Respekt zollen sollte. Gibt es über die Selbstreflektion hinaus Gründe, 
        einem Menschen den Respekt bei bestimmten Handlungen und Äußerungen zu 
        verweigern?
        Ist also der tantrische Grundsatz des Respektes gegenüber allem was IST 
        zu leben, oder ist er zu hinterfragen?
         Es tun sich immer mehr 
        Fragen bei mir auf, desto mehr ich meine Gedanken hier spinne. 
        Gibt es vielleicht verschiedene Arten von 
        Respekt?
         Mir 
        schießt gerade der Gedanke durch den Kopf, dass ich wahrscheinlich 
        bisher gar nicht genau verstanden habe, was Respekt im Tantra bedeutet. 
        Es könnte ein GRUNDSÄTZLICHER Respekt gemeint sein, was nicht 
        impliziert, in jeder Situation und in jedem Aspekt des Lebens Respekt 
        vor einem Mitmenschen haben zu „müssen“, oder?
         Ein grundsätzlicher Respekt 
        beinhaltet dass ich Menschen und Lebewesen so annehme wie sie sind. 
        Darüber hinaus muss ich nicht mit ALLEN ihren Handlungsweisen und 
        Äußerungen einverstanden sein, ich kann ihnen sogar den Respekt in 
        bestimmten Situationen verweigern, weil ich diese nicht achte. Sind 
        Respekt und Achtung zwei verschiedene Dinge? Ich glaube schon, aber ich 
        kann es schwer definieren, verweigere ich den Respekt oder verweigere 
        ich die Achtung? Huhhh, jetzt muss ich genau hinsehen bei mir.
         Ich kann also einen Menschen 
        grundsätzlich in seinem Sein respektieren und ihm gleichzeitig die 
        Achtung in bestimmten Situationen verweigern. Jetzt werde ich googeln 
        und mich „schlau“ machen. Hmmm bei Wikipedia wird Achtung mit Respekt 
        gleichgesetzt und als Zusatz steht da: Achtung = Ehrfurcht vor jemandem 
        haben.
         Wieder komme ich beim 
        gleichen Punkt an. Muss ich wirklich vor jeder Handlung eines anderen 
        Menschen oder vor all meinen Handlungen Ehrfurcht haben, wenn ich 
        tantrisch unterwegs bin? Oder gibt es eine grundsätzliche Achtung vor 
        allem Leben, darüber hinaus aber……
         Ich weiß nicht, ob ich mich 
        jetzt im Kreis drehe oder mich im Dschungel meines Gedankenwirrwarrs 
        verirre. Jedenfalls KLAR bin ich nicht. Der Effekt der Klarheit, der 
        sonst bei mir immer während des Schreibens auftritt, weil ich beim 
        Schreiben viele vorhergegangene Gedanken zu meiner Essenz zusammenfasse, 
        stellt sich hier (noch) nicht ein. 
        Warum ist das so? Habe ich ein grundsätzliches tief sitzendes Problem 
        mit Respekt? Das wäre dann wirklich Mist, dann wäre ich ja keine 
        Tantrikerin J 
        und würde scheinheilig durch mein Yogaleben stapfen.
         Ha, 
        nun habe ich bei Wikipedia über Respekt gelesen und gesehen, dass dort 
        steht, das Gegenwort von Respekt ist Frechheit. Jetzt amüsierts mich! 
        Bin ich frech wenn ich respektlos bin? Das reizt mich geradezu, meine 
        unergründlichen dunklen Tiefen melden sich und WOLLEN frech sein! 
        
        Ist das des Pudels Kern? 
        Meines Pudels Kern natürlich, die Kerne anderer Pudel gehen mich nichts 
        an.
         Für mich ist Frechheit eine 
        grundsätzlich positive Eigenschaft, schiebt sie doch Gedankenprozesse 
        an, provoziert sie die Auseinandersetzung mit mir selbst und anderen, 
        kann sie neue Horizonte eröffnen. Ich weiß schon, dass es auch die Art 
        Frechheit gibt, die fehlende Reflektion mit einer großen Klappe 
        vertuschen möchte. 
         Um wieder den Bogen zum 
        eigentlichen Thema zu bekommen, nämlich meinem hin und wieder fehlenden 
        Respekt vor anderen Menschen: Ich bin kein Stück weiter gekommen mit 
        meinen Gedanken und Fragen L.
         Schreibe ich hier um mein 
        Problem herum, ohne zum Wesentlichen vorzudringen?
        Eine neue Frage tut sich auf: 
        Respektiere ich mich selbst vielleicht nicht und habe deshalb Probleme 
        andere in jeder Situation zu respektieren? Lauter Fragen, keine 
        Antworten, ich muss mich an meinen Fragen wie an einem Handlauf weiter 
        in die Tiefe wagen. In meine Tiefe, wer kuckt da schon gerne hin, ich 
        nicht bei einem solchen Thema. Jetzt habe ich mich festgefahren in mir 
        selbst, die Gummireifen qualmen und mein Gehirn quietscht.
         Gerade zur rechten Zeit 
        kommt der Hinweis eines Freundes. Auf das naheliegenste bin ich selbst 
        nicht gekommen.
        Es ist ein Unterschied, ob 
        ich einen Menschen in seinem Sein respektiere oder ob ich auch all die 
        psychologischen Lebensmuster respektiere, die er unaufgelöst mit sich 
        herumträgt.
        Puhhh, das lenkt ab von mir 
        und meinen Tiefen…..oder nicht?!
         Spiegeln sich womöglich 
        unaufgelöste Lebensmuster in den von mir respektlos bewerteten Mustern 
        der anderen? Warum rege ich mich über Unlogik und Dummheit auf? Warum 
        suche ich geradezu danach und lege meinen Finger sofort in die 
        vermeintliche Wunde, die vom anderen womöglich gar nicht als Wunde 
        wahrgenommen wird, weil ihm unter Umständen das Instrumentarium fehlt 
        dieses wahrzunehmen? Bin ich deshalb ein besserer Mensch als dieser? 
        Endlich mal eine Frage die ich ganz klar beantworten kann. Nein, ich bin 
        kein besserer Mensch! 
        Jetzt bin ich erleichtert, immerhin eine Erkenntnis in diesem 
        Fragenknäuel.
         Unglaublich, ich schreibe 
        einen Text der fast ausschließlich aus Fragen besteht! Womöglich wäre es 
        besser gewesen die Finger davon zu lassen, mich noch einmal in meinem 
        Bett herumzudrehen und weiterzuschlafen……..Leider habe ich jetzt schon 
        zu viel geschrieben um noch zurück zu können, mein Ehrgeiz ist geweckt, 
        ich will KLARHEIT für mich!
         Beim Durchlesen des bisher 
        geschriebenen bin ich weiter oben auf folgenden Gedanken gestoßen:„Ein 
        grundsätzlicher Respekt beinhaltet dass ich Menschen und Lebewesen so 
        annehme wie sie sind. Darüber hinaus muss ich nicht mit ALLEN ihren 
        Handlungsweisen und Äußerungen einverstanden sein, ich kann ihnen sogar 
        den Respekt in bestimmten Situationen verweigern, weil ich diese nicht 
        achte.“ Hinzufügen würde ich an dieser Stelle: „……, weil ich diese nicht 
        achte sondern sie hinterfrage.“ So ist es rund für mich momentan.
         Mir ist es erlaubt - ich 
        erlaube mir! – respektlos frech ;-) zu sein, wenn es mir angemessen 
        erscheint! Wow, da ist die KLARHEIT! 
        Ganz egal ob die Situation 
        mich spiegelt, ganz egal wie tief ich in meinen eigenen Mustern drin 
        hänge, ganz egal ob ich mit meiner Respektlosigkeit konform gehe mit der 
        Meinung anderer Menschen. Solange ich bei mir bleibe und nicht 
        vordergründig einen anderen Menschen verletzen will aus eigenen 
        Verletzungen heraus, gestehe ich mir das Recht zu hin und wieder 
        respektlos zu sein.
        Darüber hinaus werde ich mir 
        weitere Gedanken dazu machen und mich weiter beobachten bei meinen 
        Respektlosigkeiten J.