(BETA) Links zu Beiträgen, Artikeln, Ressorts und Webseiten, die zu diesem Beitrag passen könnten (Alle bisher vermerkten Stichwörter und URLs):
Bewusstsein:
Geheimnis des Bewußtseins
Bewusstsein:
Bewusstsein&Materie (wiki)
nur so als info!!!
tralala schrieb am 28. Juli 2003 um 16:50 Uhr (446x gelesen):
In altägyptischen Papirii, von Plato und Hippokrates sind
sehr frühe Beschreibungen der Hysterie überliefert
(Hysterà, griech. = Uterus). Für sie war es die wandernde
Gebärmutter, die das Leiden verursachte, eine Theorie, die
in Variationen über die Jahrtausende Bestand haben sollte.
Sydenham (1624 - 1689) war der erste Arzt, der sich von
solchen überkommenen Vorstellungen abwandte. Sydenham
widersprach der lange gültigen Auffassung, die Hysterie
hinge mit der Unruhe der Gebärmutter zusammen und stellte
auch die Besessenheit in Frage. Ihm wird die Erkenntnis
zugeschrieben, daß Hysterie nicht nur eine Erkrankung der
Frauen, sondern auch der Männer ist. Sydenhams Begriff der
Hysterie umfaßte aber auch die Hypochondrien und
depressiven Syndrome. Er stand vor dem Dilemma, vor dem
alle vor- und frühmodernen Ärzte standen, die sich mit
Hysterie befaßten: "Die Erkenntnis und Heilart dieser
Krankheit ist vor allem übrigen schwer (...) Meine Tage
sind zu kurz, wenn ich alle Symptome erzählen wollte; sie
nimmt unterschiedliche und widersprüchliche Gestalten an.
Sie hält auch keinen ordentlichen Typus ein." Im 18. und
19. Jahrhundert war das dann entsprechend dem Zeitgeist
die irritierten Nerven, die Spinalirritation. Im Laufe des
19. Jahrhunderts gewannen dann die verschiedenen
Organreflextheorien die Oberhand, insbesondere die Reflexe
des Uterus; mit Janet und Freud wurden es die Neurosen,
also etwa die Kriegzitterer des ersten Weltkrieges. Im
Zweiten Weltkrieg wurde das Kriegssymptom Zittern von
Magenbeschwerden abgelöst. Heute sprechen die Ärzte von
Kreislaufbeschwerden, Kopfschmerzen, Mattigkeit als
typische Symptome. In den letzten Jahren scheint mit den
Allergien ein neues (iatrogenes) Angebot psychogener
Erkrankungen hinzugekommen zu sein - Neurodermitis. Eine
andere moderne Variante der Hysterie ist die Bulimie, eine
Verwandte der Anorexia nervosa.
Moderne Theorien gehen davon aus, daß die hysterische
Reaktion eine Form der psychischen Konfliktlösung ist, die
dem Betroffenen einen Ausweg aus einer psychischen Krise
läßt. "Wir wissen, daß bestimmte Neurosen feste
Beziehungen zu bestimmten Abwehrtechniken haben, wie etwa
die Hysterie zur Verdrängung, die Zwangsneurose zur
Isolierung und zum Ungeschehen machen. (z. B. Waschzwang)
(....) Für Hysterie und Zwangsneurose ist uns diese
Parallele, besonders zwischen Symptombildung und
Widerstandsform am ehesten geläufig. Der hysterische
Patient gebraucht bei der Symptombildung im Kampf mit dem
Trieb vor allem die Verdrängung: er entzieht den
Vorstellungen, die den sexuellen Anspruch repräsentieren
wollen, das Bewußtsein. Dem entspricht die Form seines
Widerstandes gegen die freie Assoziation. Einfälle, die
die Abwehr des Ichs herausfordern werden einfach
beseitigt. Der Patient empfindet nur eine Leere im
Bewußtsein." Die Art der Konfliktlösung ist einerseits
angepaßt, indem sie allgemein akzeptierte Erklärungsmuster
bedient, sie verdeckt die Krise. Andererseits ist sie
krankhaft, neurotisch, weil eine Ersatzlösung und somit
die Wahl der Mittel nicht angepaßt sind. Die vorhandene
echte Not wird mit unechten Mitteln dargestellt, daher
auch das Mißtrauen gegen das Hysterische. Die hysterische
Abwehrform kommt aber nicht nur als manifeste Krankheit
daher. Israel gibt zu bedenken, daß es vermutlich eine
Menge geglückter Hysterien gibt, erst die mißglückte
Hysterie würde als Krankheit mit dem Arzt Bekanntschaft
machen. Wenn aber eine gescheiterte Hysterie sich als
Krankheit äußert, muß ihr um jeden Preis der Platz einer
wirklichen Krankheit wie andere auch zugewiesen werden.
Das Unregelmäßige, das "keinen ordentlichen Typus
einhaltende" der Krankheit rührt daher, daß die Patienten
die Symptome entweder durch Identifikation oder Nachahmung
übernehmen. Die Symptomgestaltung ist häufig von der
ärztlichen Deutung, der kulturell zugestandenen
Symptomatik oder schlicht von der Vorstellung des
Patienten abhängig. Gerade weil die Vorstellung der
Patienten nicht den medizinischen Erfahrungen folgt, hält
sie eben auch keinen Typus ein.
Stavros Mentzos geht hingegen so weit, Hysterie als
nosologische Einheit (Nosologie = Krankheitslehre)
aufzugeben und statt dessen von einem hysterischen
Verarbeitungsmodus zu sprechen.

Beitrag ist archiviert
Diskussionsverlauf: