Denglisch
Ygritte schrieb am 16. Oktober 2002 um 21:33 Uhr (572x gelesen):
Der Lehneinfluß des Englischen auf die deutsche Sprache ist in den letzten Jahren so stark geworden, daß manche Traditionalisten schon den Untergang unserer Kultur in Aussicht stellen. Wo kommen wir denn hin, wenn wir unsere guten alten Ausdrücke durch fremde ersetzen?
Was all diese Menschen ganz vergessen ist, daß Sprache kein statisches Konstrukt ist, sondern sich ständig im Wandel befindet. Am deutlichsten kann man dies vielleicht an der Jugendsprache erkennen: Könnt ihr euch z.B. noch vorstellen, daß die Kids irgendwann mal mit Begriffen wie "pyramidal" um sich geschmissen haben? Und das ist noch gar nicht mal soooo lange her, nur ein paar Jahrzehnte.
Oder das Französische: Vor knapp hundert Jahren hatte unser westliches Nachbarland in etwa den Einfluß auf unsere Sprache, den heute das Englische beansprucht. Und heute merken wir das teilweise noch nicht einmal mehr. Wem fällt schon noch auf, daß das Büro oder der Frisör eigentlich Bureau und Friseur heißen müßten? Schokolade, Klischee, schikanieren, Restaurant... die Liste ist sehr, sehr lang. Selbst "urdeutsche" Wörter wie Kirche entpuppen sich bei der näheren Betrachtung aus Entlehnung aus dem Griechischen.
Okay, auch ich finde es übertrieben, wenn wir statt "Auskunft" plötzlich "Service Point" auf die Schilder schreiben oder solche Wortmonster wie "downloaden" konstruieren. (Dieses Wort ist mein persönlicher Alptraum: Downloaden, gedownloadet, downloadete, downgeloadet... GAAAAAAAAAH!)
Aber den Lehneinfluß an sich kann ich verschmerzen - schließlich hat das Englische mehr Vokabeln als jede andere Sprache der Welt anzubieten. Und manche Konzepte vermisse ich doch sehr in der deutschen Sprache: "self-consciousness" wäre da so ein Beispiel. Das heißt ja nicht etwa Selbstbewußtsein, sondern beschreibt jenes unbehagliche "Sich-seiner-selbst-bewußt-sein", das man in schüchternen Momenten empfindet. Also jene Situationen, in denen man nicht weiß, was man mit seinen Händen anfangen soll, ständig darüber nachgrübelt, ob die Haare richtig liegen, die Brille verrutscht ist oder man vielleicht einen Kaffeefleck auf der Hose haben könnte.
In diesem Sinne:
Blessed Be!
Ygritte

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