Das Handy (© copyright Gitti, 2001)
Ich arbeitete 1999 in Wien in einer Reinigungsfirma. Unter anderem mußte ich die Arbeiter und -innen einteilen wo sie zu putzen hatten. Wir beschäftigten viele Türken und ehemalige Jugoslawen. Wir hatten da eine nette Bosnierin, mit der ich mich oft unterhielt und sie erzählte mir, daß sie eben schon länger in Österreich ist und sie möchte ihren Mann und ihre Kinder auch nach Österreich bringen, was allerdings zuzeit nicht möglich ist. Ihr Mann hat dann ein Visum bekommen und konnte eine zeitlang bei seiner Frau sein. Die Kinder sind bei den Großeltern in Bosnien geblieben. Sie war eine liebe Mutter und um mit ihnen immer im Kontakt zu sein, kaufte sie dem älteren Sohn ein Handy. Eines Tages kam die Meldung, ihr Sohn habe sich verletzt. Leider war die medizinische Versorgung in Bosnien nicht wirklich gut, und die offene Wunde entzündete sich und der Junge war nicht Tetanus geimpft und der Wundstarkrampf setzte ein. Meine Arbeiterin fuhr dann das nächst Wochenende zu ihrem Sohn um ihn zu besuchen. Als sie zurück kam war sie sehr traurig, denn es stand nicht gut um ihn, kurz darauf starb er. Sie nahm sich dan 8 Tage Urlaub, da sie das Begräbnis organisieren müsse usw. Nach den 8 Tagen rief sie weinend im Büro an, sie kann nicht kommen es dauert noch. Nach so einem tragischen Vorfall ist das auch klar. Ein paar Tage später kam sie ins Büro und sie sah fürchterlich aus. Sie hatte vorher nicht viel Kilo aber jetzt war sie nur mehr Haut und Knochen, die Augen eingefallen, keine Farbe im Gesicht. Wir setzten uns zu einem Kaffee und sie begann zu weinen und zu erzählen: Ihr Mann und sie fuhren also nach Bosnien um das Begräbnis zu organisieren, sie erzählte dann, bei ihnen ist es so Brauch, daß man dem Verstorbenen seine Lieblingssachen mit ins Grab legt. Unter anderem legten sie ihm auch sein Handy in den Sarg. Es war dann das Begräbnis und danach wollten sie gleich wieder nach Österreich. Als sie dann so fuhren Richtung Grenze läutete auf einmal das Handy. Suzi (so hieß sie) nahm es aus der Tasche und konnte ihren Augen nicht trauen. Am Handy stand: ANRUF Daniel, der Namen ihres verstorbenen Sohnes. Sie nahm den Anruf an und hörte hinein. Sie sagte sie konnte nur eine Art "schnaufen" oder so hören, und sie schrie dann immer wieder "Daniel" ins Telefon. Sie hatte so ein Alkatel Handy da hat man eine Lautsprechtaste, damit ihr Mann auch hörte was sie hörte. Plötzlich rieß die Verbindung ab. In Ihrer Panik rief sie ihre Eltern an und sagte, sie müssen das Grab wieder öffnen, der Junge lebt noch, er habe gerade angerufen.
Sie drehten sofort um und fuhren wieder Richtung Bosnien. Dort angekommen
veranlasste sie
alles dass, ihr Sohn nochmal ausgegraben wird, er lebt. Sie hat dann noch
versucht ihn anzurufen
aber es gab keine Verbindung. Es wurde dann der Sarg geöffnet, allerdings lag
Daniel noch immer
so da wie sie ihm hineingelegt hatten. Das Handy allerdings war eingeschalten,
welches, laut Suzi
im abgedrehten Zustand hineingegeben wurde. Sie meint sie kann sich auch irren
und es war ein-
geschalten, aber sie hat auf ihrem Handy unter "angenommene Anrufe" den Namen
ihres Sohnes
stehen. Und sie glaubte auch nicht, daß es einen Empfang unter der Erde gäbe.
Auf jeden Fall
hatte sie eine schlimme Zeit. Mir ist auf jeden Fall die Gänsehaut rauf und
runter gelaufen.
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