PERSÖNLICHES   NACHWORT:

  Verschwörungens-Thoerien haben immer etwas Paranoides an sich.

  Es ist jetzt, im Frühjahr 1999, beinahe 11 Jahre her (ich war damals 15 Jahre alt), da gab es im Radio auf NDR 3 immer diese Reihe "Dr. Markus hilft - rufen Sie an!". Zuhörer konnten die verschiedensten medizinischen Fragen stellen.
In einer Sendung nun rief ein Mann an, der glaubte verfolgt zu werden. Dies war (was ich damals noch nicht wußte) eigentlich nichts besonders, hat doch schon einmal jeder von uns in der allerersten Schrecksekunde geglaubt, daß der Gegenüber im Bus oder Zug ein heimlicher Verfolger oder Beobachter ist - bis nach 2 Sekunden der Verstand (die ratio) einsetzt und einem vollkommen bewußt wird, wie absurd doch der Gedanke ist, den man da gerade gedacht hat. Einige Zeit später, wenn man sich an diesen Schrecksekunden-Augenblick zurückerinnert, lächelt man über sich selber.

  Bei dem Mann, der bei "Dr. Markus" anrief, war das anders. Bei dem Mann dauerte die Schrecksekunde an. Der Mann schilderte, daß er verfolgt werde.
Dr. Markus fragte mit gewohnt einfühlsamer Stimme nach, wer ihn denn verfolge.
Das konnte der Mann nicht beantworten. Er wisse nur, daß er verfolgt werde.
Im sich ausbreitenden Gespräch gab der Mann zu erkennen, daß er vor einiger Zeit entdeckt hätte, daß man ihn verfolge. Harmlos aussehende Leute, egal wo, ob im Kaufhaus bei Karstadt, im Bus, im Kino, auf der Straße, würden "unter einer Decke stecken". Man habe sich verschworen, um ihn "geistig zu erledigen". Anfangs hätte er nur vereinzelt Indizien ausfindig gemacht (Stühle zu Hause, die SO nicht hätten stehen dürfen, halbgeöffnete Briefe u.a.), aber nun, nun könne er den Leuten ansehen, ob sie ihn verfolgen oder ob sie nur harmlos sind.

  Bis hierhin fand ich damals die Geschichte des Mannes für nicht vollkommen fernliegend und absurd. Zwar etwas ungewöhnlich, aber immerhin dennoch möglich.

  Als er dann aber meinte, ja auch die Bundeswehr (Hubschrauber) würde sich an "seiner Verfolgung" beteiligen, kamen mir die ersten Zweifel: "Ja, der Hubschrauber tat so, als ob er einen Übungsflug machen würde, aber in Wahrheit kreiste er immer in meiner Nähe und beobachte mich." Als der Mann dann meinte, das gleiche sei ihm auch mit Bahnschaffnern, Polizisten, Buchhändler usw. passiert, war es ganz offensichtlich: Der Mann litt an Verfolgungswahn.

  Noch heute, nach so langer Zeit, denke ich, wenn ich alte und neue Verschwörungen höre, an diesen Mann in der "Dr. Markus"-Sendung zurück.
Er ist für mich das beste Zeichen, daß die Grenze zwischen Normalität/Realität und Wahnsinn fließend ist. Genauso gut hätte der Mann recht haben können, daß er z.B. von einer Privatdetektiv-Agentur im Auftrag seiner Frau beschattet wird. Erst die vollkommen unrealistischen Äußerungen bzgl. Bundeswehr, Polizei, Buchhändler usw. haben dann den psychischen Defekt des Mannes offengelegt.

  Der Hang zum Paranoiden ist meines Erachtens in einem jeden von uns. Die Welle des Merkwürdigen und Unheimlichen, die mit Akte X ihren Zenit erreicht hat, ist kein Produkt der Moderne. Es ist etwas, was es seit Anbeginn der Menschheit gibt.

  Stephen King hat dieses merkwürdige Gefühl ins uns einmal wie folgt beschrieben: Wir wüßten, daß da unter unserem Bett nichts sein kann, kein schreckliches Monster, kein menschenfressendes Alien - daß wir zur Sicherheit aber doch noch einmal unter das Bett schauen würden, um ganz sicher zu gehen, daß da auch wirklich nichts ist.

  Um mit den Worten von Fox Mulder zu schließen: The Truth is out there!

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Diese Seite wurde von Martin Bahr erstellt